Ökonomen könnten auch Wettervorhersagen machen

Wirtschaftsprognosen sind immer schwierig. (Bild: Colin Behrens / pixabay)

Die Wirtschaftsprognosen liegen oft daneben. Wie aktuelle Beispiele zeigen, sollten Interessierte auch andere Signale beachten.

Manchmal ist es besser, man verlässt sich auf den gesunden Menschenverstand. Schweizer Unternehmen agieren derzeit häufig an der Kapazitätsgrenze. Bis auf ein paar Ausnahmen suchen alle händeringend nach Personal.

Und die Coronavirus-Pandemie sowie die damit verbundenen Einschränkungen und Logistik-Probleme lösen sich zunehmend.

Medienhype entrinnen

Wie soll sich also die Wirtschaft angesichts dieser Tatsachen entwickeln? Genau. Gut bis sehr gut. Doch Ökonomen und auch zahlreiche Medien finden derzeit kaum ein Ende, die Negativtrommel zu rühren.

Dies dürfte daran liegen, dass sich reisserische Schlagzeilen besser verkaufen, als eine Meldung, dass alles soweit auf gutem Weg ist.

Bestes Beispiel dafür sind die KOF-Äusserungen. Das sogenannte KOF-Konjunkturbarometer sank im Oktober um 1,3 Punkte auf 90,9 Punkte, wie das Konjunkturforschungsinstitut an der ETH Zürich am Freitag mitteilte.

Chef sagt es anders

Der Indikator schwächte sich seit Juni monatlich immer weiter ab und liege zum sechsten Mal in Folge unter seinem langfristigen Mittel, hiess es. Damit würde klar eine Eintrübung der Konjunktur signalisiert.

Doch entgegen dem Frühindikator sagte noch vor zwei Wochen Konjunkturforscher Jan-Egbert Sturm, dass er keine Rezessionsgefahr für die Schweiz sehe.

«Unter der Annahme, dass die Energieengpässe in den kommenden Wintermonaten nicht desaströs sein werden, schliesse ich eine Rezession in der Schweiz aus», hatte Direktor genau der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich gegenüber der «SonntagsZeitung» gesagt.

Gleiche Probleme

Doch nicht nur in der Schweiz gilt dies für die makroökonomischen Prognosen. 

Trotz allen Widrigkeiten wie Energiekrise und hoher Inflation ist die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal überraschend gewachsen, meldeten zahlreiche Medien am Freitag. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) stieg gegenüber dem Vorquartal plötzlich um 0,3 Prozent, wie das deutsche Statistische Bundesamt am Freitag in einer ersten Schätzung mitteilte.

Ökonomen hatten hingegen im Schnitt mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent gerechnet. Tja, so kann es gehen.

Für das Gesamtjahr 2022 sagen Prognosen noch ein Wachstum für die deutsche Wirtschaft voraus. Für das kommende Jahr insgesamt rechnen die Experten aber mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung. Warten wir es ab.

Firmen auch betroffen

Frankreichs Wirtschaft legte im Sommer ebenfalls weiter zu. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) stieg im dritten Quartal gegenüber dem Vorquartal um 0,2 Prozent, wie das Statistikamt Insee am Freitag in Paris mitteilte. Da waren sich die Ökonomen im Schnitt halbwegs einig.

Doch auch auf Firmenebene treffen die Fehltritte bei den Prognosen häufig zu. Jüngstes Beispiel ist etwa der Rückversicherer Swiss Re, der laut Analysten angeblich die Dividende erhöhen dürfte.

Angesichts aber knapper Mittel schloss der CFO der Swiss Re, John Dacey, am heutigen Freitag einen solchen Schritt kategorisch aus, wie auch muula.ch berichtete.

Frühindikatoren springen an

Bei vielen Unternehmen läuft es derzeit wirklich rund und die Resultate steigen zweistellig, wie auch muula.ch vermeldete.

Angesichts der gigantischen Umsatz- und Gewinnsteigerungen ist eine Rezession kaum zu befürchten, selbst wenn künftig die Steigerungsraten mal wieder rückläufig werden sollten.

Erwartungen managen

Das Problem mit diesen ganzen Vorhersagen ist, dass Sowohl Politiker als auch Firmen- sowie Finanzchefs die Ökonomen gerne mit Zusatzinformationen versorgen und dann die Erwartungshaltungen beeinflussen können.

Liegen genau diese Personen dann über den Erwartungen, freuen sich praktisch alle. Die Ökonomen ruinieren aber langfristig ihren Ruf, so wie kaum noch jemand den Wettervorhersagen wirklich glaubt.

28.10.2022/kut.

Ökonomen könnten auch Wettervorhersagen machen

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