Bundesrat rudert bei Qualität von Ärzten zurück

Nicht mehr alle Ärzte müssen eine Schweizer Weiterbildung nachweisen. (Bild: O-Marketing / unsplash)

Die Schweiz wollte einen Riegel bei der Neuzulassung von Ärzten vorschieben. Doch dies ging nach hinten los und wird revidiert – mit einer fast lustigen Begründung.

Um die Qualität und Wirtschaftlichkeit der von ihnen erbrachten Leistungen zu steigern, traten am 1. Januar 2022 in der Schweiz neue Zulassungsvoraussetzungen für Ärztinnen und Ärzte in Kraft.

Demnach müssen diese Mediziner mindestens drei Jahre lang an einer Schweizerischen Weiterbildungsstätte gearbeitet haben, um im beantragten Fachgebiet zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) abrechnen zu können.

Regierung einer Meinung

Das Parlament prüft diesbezüglich aber die Einführung einer Bestimmung, die es den Kantonen ermöglicht, im Falle einer Unterversorgung bei Ärzten gewisse Ausnahmen von dieser Pflicht zu gewähren.

Das findet der Bundesrat nun auch gut, wie er am heutigen Mittwoch mitteilte.

Hilfe für Randgebiete

Im Mai 2022 hatte die Kommissionen für soziale Sicherheit und Gesundheit SGK des Nationalrats (SGK-N) eine parlamentarische Initiative eingereicht, die eine Ausnahmebestimmung von der Zulassungsvoraussetzung vorsieht.

Ziel des Vorhabens ist es, die erforderliche Regel der dreijährigen Tätigkeit, die Ärzte erfüllen müssen, zu lockern, um das Risiko einer Unterversorgung in bestimmten Fachgebieten und Regionen zu vermeiden.

Drücken der Schulbank

In ihrem Bericht vom Ende November 2022 schlug die SGK-N vor, eine solche Ausnahmebestimmung dringend einzuführen und sie auf die Fachgebiete Allgemeine Innere Medizin, Praktischer Arzt oder Praktische Ärztin, Kinder- und Jugendmedizin, Kinder-/Jugendpsychiatrie und -psychotherapie zu begrenzen.

Es leuchtet ja nicht ein, warum ein Facharzt aus Deutschland, der dem von Mangel geprägten Gesundheitswesen seines Landes entfliehen will, erst drei Jahre lang in der Schweiz die Schulbank drücken muss, um mit der Grundversicherung abrechnen zu können.

Patientensicherheit ade?

Der Bundesrat unterstützt nun diesen Vorschlag zur Aufweichung der Kriterien und rudert damit bei der gerade erst in Kraft getretenen Regelung wieder zurück.

Die Begründung für die Lockerungen ist allerdings schon fast lustig. Ursprünglich hiess es zu den Massnahmen offiziell: «Die neuen Anforderungen tragen zur Sicherstellung der öffentlichen Gesundheit, der Patientensicherheit und der Qualitätssicherung des Schweizerischen Gesundheitssystems bei.»

Der Bundesrat befürwortet nun aber urplötzlich die Änderungen bei der Ärztezulassung für die OKP, da die Ausnahmebestimmung zeitlich befristet sei und nur für vier medizinische Fachgebiete gelte.

Erklärung schuldig

Die Qualität der Leistungserbringung würde mit den Anpassungen nicht grundlegend infrage gestellt, hiess es relativierend. Warum bei den vier wichtigen Fachgebieten plötzlich eine Schweizer Weiterbildung obsolet sein soll, erklärte der Bundesrat allerdings nicht.

Damit hätte die Schweiz die neuen Regelungen eigentlich gleich so abgeschwächt einführen sollen. Einerseits können die Kantone ohnehin lokal viel besser entscheiden, ob sie diesen Arzt oder jene Ärztin in ihrer Region überhaupt zulassen wollen.

Und andererseits gibt es den Ärztemangel in manchen Regionen der Schweiz auch nicht erst seit gestern.

25.01.2023/kut.

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