Zwingt ein Journalist den Politiker Köppel in die Knie?

Roger Köppel
Der SVP-Nationalrat Roger Köppel schimpft über die Schweizer Medien. (Bild: Twitter)

Der SVP-Nationalrat Roger Köppel hat überraschend seinen Rückzug aus der Politik erklärt. Zeitungen schrieben viel Unsinn zu den Ursachen – der Hintergrund dürfte einfacher sein.

Der Zürcher SVP-Politiker Roger Köppel und Chefredaktor sowie Verleger der «Weltwoche» will sich nach acht Jahren an Doppelbelastung künftig bloss noch um die Wochenzeitung kümmern.

Im Herbst steht er daher nicht mehr für die Nationalratswahlen zur Verfügung.

Mehr Aufmerksamkeit

Als Grund hatte Köppel die Internationalisierung seines Blattes, sprich seine Expansion nach Deutschland, vorgebracht. Die Weiterentwicklung des Unternehmens erforderte seine volle Aufmerksamkeit, hiess es.

Nun schrieb der «Tages-Anzeiger», dass sich der Politiker in die Ecke gedrängt fühle.

Doch Köppel reagierte sowohl auf einem Vortrag in Zürich als auch auf Twitter scharf, dass dies Fake-News seien.

Blödsinn vom «Tagi»

Er habe den Rücktritt als Nationalrat nicht mit «Belastung», sondern mit möglichen Interessenkonflikten wegen der Internationalisierung des Blattes begründet, schimpfte er über die Mainstream-Medien.

Er bezeichnete den linken «Tagi» sogar als «Schrott-Zeitung».

Köppel muss in Deutschland tatsächlich gut aufpassen, weil politische Arbeit und Journalismus streng getrennt sein müssen. Details werden in den jeweiligen Landesmediengesetzen geregelt.

Neue Besen nötig

Der wahre Grund für Köppels Handeln dürfte aber vielmehr sein, dass er seine «Weltwoche» komplett neu aufstellen muss. Wie muula.ch exklusiv berichtete, ging diese Woche der Starjournalist Beat Gygi quasi heimlich in Pension.

Da der Wirtschaftschef der «Weltwoche» auch Mitglied der Chefredaktion ist und künftig kürzertreten will, muss Köppel die Abläufe im Blatt zumindest personell neu organisieren.

Insofern zwingt wahrscheinlich eher die Pensionierung von Gygi den «Weltwoche»-Chef zumindest mit seinen politischen Ambitionen gewissermassen in die Knie.

Arbeitstier im Ruhestand

Da Köppel in wenigen Tagen 58 Jahre als wird und Gygi langsam auf ein geringeres Pensum gehen wird, muss sich der Politiker Köppel mehr um die Zeitung als um die aktive Schweizer Politik kümmern.

Wer Gygi kennt, weiss nämlich, was für ein Arbeitstier der Journalist ist, und wie viel Köppel da kompensieren muss. Zudem muss die Transformation zu einem reinen Online-Medium gelingen.

Kein einziges Medium ausser muula.ch hat übrigens die Pensionierung von Gygi thematisiert, selbst Portale nicht, die sich vermeintlich auf Aktuelles in der Schweizer Medienlandschaft spezialisiert haben.

Realität besser verstehen

Die Arbeit in der Politik in Kombination mit einem Führen eines Konzerns ist nicht einfach und erfordert viele Opfer. Gleichzeitig braucht die Schweiz allerdings Politiker, die dieses Miliz-System aufrechterhalten.

Damit verstehen die Hauptakteure nämlich einerseits viel mehr, was die Konsequenzen ihrer politischen Massnahmen auf die Schweiz und deren Einwohner sowie auf die Unternehmen ganz konkret sind.

Ins eigene Säckli wirtschaften

Und andererseits wirtschaften Vollzeit-Politiker nicht selten in die eigene Tasche, indem sie Sitzungsthemen erfinden, um mehr Sitzungsgeld damit zu generieren, wie SVP-Nationalrätin und Chefin der Ems-Chemie Magdalena Martullo-Blocher unlängst offenlegte und muula.ch darüber berichtete.

05.03.2023/kut./07.03.2023 Meldung mit Angaben zu deutschen Mediengesetzen ergänzt

Zwingt ein Journalist den Politiker Köppel in die Knie?

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