Genossen lassen Online-Magazin «Republik» links liegen

Abstimmung
Bei «Republik» gab es eine Online-Abstimmung. (Bild: M. Hassan / pixabay)

Das Online-Medium «Republik» musste Lücken in Gremien schliessen. Doch nur wenige Genossen interessierten sich für die Rettungsaktion.

Die dramatischen Aufrufe des Online-Magazins «Republik» fanden bei den eigenen Genossen kaum Anklang.

Ein Organisationsmangel musste rasch behoben werden, hatte das Online-Medium seinen Genossen mitgeteilt und daher brauchte es rasch eine Abstimmung.

Vier Auserwählte

Doch trotz der Tatsachen, dass die Wahlen einfach online stattfanden und die Nicht-Beseitigung des Missstandes den Untergang für die «Republik» hätte bedeuten können, liessen sich nur wenige Genossen hinter dem Ofen hervorlocken.

Laut den Abstimmresultaten, welche die Verantwortlichen dieser Tage mitteilten, wurde der einstige Chef der Eidgenössischen Finanzkontrolle EFK Michel Huissoud mit bloss 4626 Stimmen in den Vorstand der Project R Genossenschaft gewählt.

Bei Karin Landolt waren es nur 4416 Stimmen und bei Nina Scheu 4263 Stimmen. Roger Staub kam auf 4388 Ja-Voten.

Geringes Interesse

Es schleckt dabei allerdings keine Geiss weg, dass die Stimmbeteiligungen bei Huissoud bloss 20,4 Prozent, bei Landolt nur 19,9 Prozent und bei Scheu sogar nur 19,8 Prozent betrugen.

Staub kam auf eine Stimmbeteiligung von 20,4 Prozent. Das ist nur ein geringes Fünftel der Gesamtgenossenschaft.

Das linke Portal umjubelte die guten Abstimmresultate aber in der Form, wie es auch die Kommunistische Partei Chinas regelmässig macht.

«Vielen Dank für Ihre Stimme und für Ihr Vertrauen», hiess es und man habe Republik sowie das Handelsregisteramt glücklich gemacht.

98,9 Prozent stimmten nämlich für Huissoud, 97,6 Prozent für Landolt, 96,1 Prozent für Scheu und 96,1 Prozent für Staub, so die Erfolgsquoten.

Ausserordentliche GV nötig

Da die zwei Verwaltungsräte Sylvie Reinhard und Alfonso von Wunschheim ihre Rücktritte auch in der Republik AG, wo das Geld der Mitglieder und die Spenden eigentlich hinfliessen, erklärt hatten, brauchte es neben der Abstimmung bei der Genossenschaft noch eine ausserordentliche Generalversammlung (GV) der Republik AG.

Diese habe am 26. Juli stattgefunden, teilte «Republik» ebenfalls fast freudig mit.

Alle vier Kandidaten seien neben dem Vorstand der Genossenschaft auch in den Verwaltungsrat der Republik AG gewählt worden, hiess es.

Ob zu dieser Veranstaltung an alle Aktionäre form- und fristgerecht eingeladen wurde, können Externe nicht nachvollziehen. So transparent ist das auf Transparenz bedachte Projekt dann doch nicht.

Viel Wunschdenken

Und fast höhnisch klingt der Satz: «Wir sind aber überzeugt, dass Perfektion in der Einfachheit liegt».

Denn blickt man auf das Organigramm und die ganzen Abläufe bei «Republik», so zeigt sich, dass die Perfektion alles andere als in der Einfachheit liegt. 

Folgt man zudem der Diskussion der Genossen zur Wahl, so zeigt sich bei den wenigen Kommentaren, die zu der wichtigen Abstimmung abgegeben wurden, woran es bei dem Projekt hapert.

Eigentlich sollte es eine Verjüngungskur in den strategischen Gremien geben, wie auch muula.ch unlängst berichtete. Doch die Glocken von Pensionären läuteten bei der Wahl extrem laut.

«Zwei Bewerber sind 66, eine 64 und eine 53. Ist das nicht ein bisschen ‚Seniorenclub‘», kritisierte eine Person die Kandidaten. Das Gedankengut von 30- bis 40-Jährigen fehle völlig, bemängelte noch jemand.

Gar keine richtige Auswahl

Interessen jüngerer Leser würden nicht vertreten, beklagte eine andere Person. Man sei nicht mehr taufrisch, entgegnete Landolt. Aber die Personen träten mit Frische an, hiess es zur Relativierung.

Jüngere hätten zwar zur Auswahl gestanden, erklärten die Verantwortlichen. Doch man habe sich für diese Kandidaten entschieden, hiess es. Dies sei ja dann eigentlich gar keine Wahl mehr, sondern nur ein Absegnen der im Voraus festgelegten Ergebnisse, kritisierte dabei eine Genossin.

Die Prozesse bei dem Online-Medium werden mit Blick auf das Organigramm auch als kompliziert und bürokratisch bezeichnet. Inhärente Unklarheiten und Abgrenzungsprobleme bezüglich der Rollen und Verantwortlichkeiten in den Gremien erfuhren ausserdem deutliche Kritik.

Die ganzen Kandidaten seien obendrein manchen überhaupt nicht bekannt gewesen, weshalb die Wahl ein Blindflug sei.

Technische Probleme?

Blindflug ist wahrscheinlich auch der richtige Ausdruck, wenn es um die Ordnungsmässigkeit der Abstimmung während der Ferienzeit geht.

Am 20.07. um 16 Uhr beklagte eine Person, dass keine Stimmabgabe mehr möglich sei.

Der Support erklärte als Antwort, es habe «eine kleine Unklarheit» gegeben und man solle es nochmal probieren. Ein Kommentar monierte, dass die Abstimmung blockiert sei, obwohl er oder sie doch ein Jahresabo hätten.

Offenbar waren aber nicht alle Abonnenten zur Abstimmung zugelassen gewesen.

Tiefgehende Verstrickungen

Ein Kommentator fragte, wie viel Zeit die Vorstandsmitglieder und das Präsidium aufwenden müssten.

Die scheidende Verantwortliche Sylvie Reinhard erklärte, dass als Pensum 10 bis 20 Prozent für Mitglieder und 20 bis 40 Prozent für das Präsidium geplant würden. Die Verantwortlichen würden mit dem Republik-Einheitslohn auf Mandatsbasis entlöhnt.

Laut den Geschäftsberichten von Republik flossen bei Reinhard aber verschiedene Mandatsleistungen an eine Firma, nämlich an die crstl GmbH, bei der Reinhard laut dem Schweizer Handelsregister just Anteile von SP-Politiker Hannes Gassert erhielt, als auch der aktuelle GLP-Co-Präsident des Kantons Zürich und Strippenzieher der Operation Libero Nicola Forster in diese Gesellschaft eintrat.

Politische Aktivitäten

Er hatte zuletzt den Machtkampf bei der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft SGG, welche die Rütliwiese und rund 100 Millionen Franken verwaltet, für sich entschieden.

Als Kritik an Forster war hervorgebracht worden, dass mit den Geldern der SGG allerlei politische Aktivitäten im Sinne Forsters unterstützt würden.

Letztlich zeigt sich aber bei alldem, dass das Online-Magazin «Republik» beim Blick hinter die Kulissen wohl klar ein politisches Projekt ist und nur vorzugeben scheint, ein völlig unabhängiges Medium zu sein.

Im Zweifel stehen dann offenbar auch nur die Hardliner dahinter.

31.07.2023/kut.

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