Streit unter Krankenkassen eskaliert

Zwei Männer kämpfen
Die Krankenkassen gehen sich gegenseitig an den Kragen. (Symbolbild: R. Steinmann / pixabay)

Die Krankenversicherer können ihre unterschiedlichen Meinungen nicht mehr unter dem Deckel halten. Eine kleine Krankenkasse bringt den Topf zum Überlaufen.

Die Krankenkassenbranche könnte zerstrittener nicht sein.

Vor rund zehn Jahren traten einige Krankenkassen aus dem Verband Santésuisse aus und gründeten den neuen Verband Curafutura, um mit ihren Anliegen besser aufgehoben zu sein.

Streit um Trennung

Doch nun kriselt es auch öffentlich im Verband Curafutura, wie am heutigen Freitag bekanntwurde.

Unter den vier Mitgliedern Helsana, CSS, Sanitas und KPT fühlt sich letzterer Krankenversicherer nicht mehr gut repräsentiert und tritt per Dezember 2023 aus der Vereinigung aus, wie es in einem Communiqué hiess.

Wie zerrüttet das Verhältnis von KPT zu der Organisation mittlerweile ist, zeigt schön die Medienmitteilung von Curafutura, denn dort spricht der Verband darüber, dass er über einen Austritt per Ende Dezember 2024 informiert worden sei.

Nicht einmal bei den Austrittsmodalitäten konnten sich die Beteiligten offenbar einigen.

Vergiftete Aussage?

Curafutura tritt im Communiqué auch noch nach. Beim Start von Curafutura seien die damaligen Mitglieder davon ausgegangen, dass sie Reformen mit 40 Prozent der Versicherten vorantreiben könnten.

«Diese 40 Prozent werden wir auch nach dem Abgang von KPT haben», erklärte der seit Juni dieses Jahres amtierende Curafutura-Präsident Konrad Graber und sagte damit verklausuliert, dass es die kleine Berner Krankenkasse bei dem Verband eigentlich gar nicht braucht.

Genau dabei wird das Problem schon deutlich. Nach einer Mitgliedschaft von rund zehn Jahren tritt KPT plötzlich aus dem Verband aus, kurz nachdem dort ein neuer Präsident agiert.

Dominanz der Luzerner CSS-Gruppe

Das dürfte daran liegen, dass der Luzerner Politiker Graber rund 16 Jahre lang Mitglied des Verwaltungsrates der Krankenkasse CSS war und damit eine deutliche Dominanz des Luzerner Krankenversicherers bei Curafutura vorherrscht.

Wie auch die Spatzen von den Dächern pfeifen, ist der Curafutura-Direktor, der einstige Präsident des KKL und des Gemeindeverbandes Luzern Plus, Pius Zängerle, seit Jahren für manche Beteiligte eine Zumutung.

Doch die Zentralschweiz-Connection hält da offenbar zusammen.

Frei im Entscheiden

Von muula.ch auf die Situation bei Curafutura angesprochen erklärte Graber, dass der Austritt nicht mit seiner Person zusammenhänge, und eher auf Kleinigkeiten zurückzuführen sei.

Er habe mit seinem Austritt 2017 von der CSS eine längere Abkühlungsperiode gehabt und eine CSS-Dominanz sehe er im Verband nicht, betonte er.

Konrad Graber
Luzerner Alt-Ständerat Konrad Graber ist Präsident von Curafutura. (Bild: PD)

Zudem sei bereits ein möglicher Austritt der KPT aus der Interessenvertretung während seines Antrittsbesuches bei dem kleinen Berner Krankenversicherer ein Thema gewesen.

Da sei jeder frei, falls er sich nicht mehr gut in der Organisation repräsentiert fühle, erklärte der Curafutura-Präsident weiter. Bald werde es vielleicht fünf Krankenkassen-Verbände geben, sagte Graber scherzhaft weiter.

Ein Nachtreten sei mit den 40 Prozent nicht gemeint, sondern eher eine Relativierung der Situation.

Drei Baustellen bearbeiten

Den unterschiedlichen Austrittstermin rechtfertigte der ehemalige CSS-Verwaltungsrat mit der Satzung, wonach ein Austritt mit sechsmonatiger Frist zum Jahresende möglich sei. Ein schriftliches Gesuch von der KPT läge sogar noch nicht einmal vor.

Der Verband wolle an seinen drei Hauptthemen weiterarbeiten, also die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen EFAS, die Revision des Arzttarifs dank Tardoc und die Revision der Vertriebsmargen für Medikamente zugunsten von mehr Generika vorantreiben.

Auf die Frage, ob es da nicht besser wäre, mit einem starken Verband aufzutreten, reagierte Graber fast aufgebracht. Scheinheiligkeit an der Oberfläche bringe nichts, das hätte er durch seine jahrelange politische Tätigkeit zur Genüge erfahren.

Glaubwürdigkeit gefährdet

Von der KPT hiess es auf eine Anfrage von muula.ch, dass der Auslöser für den Austrittsentscheid kein einzelnes Ereignis gewesen sei, sondern KPT generell zu wenig Wille für breit abgestützte Konsens-Lösungen feststelle.

Dies gelte sowohl unter den zwei Krankenkassenverbänden als auch innerhalb des Curafutura-Verbandes, wobei diese Konstellation der Glaubwürdigkeit der Branche schade und in der Öffentlichkeit kein gutes Bild abgebe.

Es sei zentral, dass die Branche ihre Reihen schliesse und in wichtigen Fragen an einem Strick ziehe, mahnte KPT. All dies zeige sich schon daran, dass Curafutura die EFAS befürworte, aber Santésuisse bei dem Thema auf Stur schalte.

Die unterschiedlichen Ansichten bezüglich des Austrittstermins aus dem Verband bestätigte der Versicherer zudem.

Versicherer verlieren insgesamt

Ein Beitritt zu Santésuisse sei für die KPT aber kein Thema. Der kleine Berner Krankenversicherer sei allerdings offen, falls sich eine dritte Interessengemeinschaft zusammenfände, so ein KPT-Mediensprecher gegenüber muula.ch.

Die Herausforderungen im Schweizer Gesundheitswesen sind enorm. Die unterschiedlichen Interessen von Patienten, Versicherten, Leistungserbringern, den Kantonen, den Ärzten, den Spitälern, von den Pharmakonzernen und von den Krankenkassen sind schon unterschiedlich genug.

Wenn die Krankenversicherer dann untereinander zerstritten sind, ziehen sie die anderen Teilnehmer im Gesundheitswesen im Kampf um die Interessen knallhart über den Tisch.

10.11.2023/kut.

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