Neue Therapie für das Schweizer Gesundheitswesen

Generika sind in der Schweiz manchmal doppelt so teuer als im Ausland (Bild: Pexels / pixabay)

Der Präsident von Santésuisse, Martin Landolt, will den Prämienanstieg im Gesundheitswesen bekämpfen. Sein Therapieversuch könnte Besserung bringen.

Der neue Präsident des Krankenkassenverbandes Santésuisse, Martin Landolt, hat seine Ideen zur Umgestaltung des Schweizer Gesundheitssystems vorgestellt. Viele Möglichkeiten zur Dämpfung des Kostenwachstums blieben ungenutzt, sagte er in einem Interview mit dem «SonntagsBlick». Parlament, Kantone und Bundesrat unternähmen viel zu wenig, hiess es weiter.

Es sei zudem weder mit Kaufkraftunterschieden noch mit gesundem Menschenverstand zu begründen, wenn ein Generikum in der Schweiz doppelt so viel koste wie im Ausland, so Landolt. «Das muss jemand korrigieren», sagte der 54-Jährige.

Schuld der Kantone

Ein weiterer Dorn im Auge Landolts ist die Ärztedichte, «die beispielsweise in Genf fünfmal höher ist als im Kanton Obwalden». Und wenn morgen jemand eine Arztpraxis in Genf eröffnen wollte, gäbe es dafür trotzdem wieder eine Bewilligung, kritisiert der einstige Parteipräsident der BDP. «Da wird Leadership nicht wahrgenommen», mahnte er weiter.

Doch neben günstigere Medikamentenpreisen und einer Ausdünnung der Ärztedichte in Ballungsgebieten schweben dem Santésuisse-Chef noch mehr Massnahmen vor. So könnte die Schweiz die Kosten mit mehr Pauschalen, ergänzt durch Einzelleistungstarife senken.

«Gerade Arzttarife gehören zu den Kostentreibern». Vom Spitalbereich wisse man, dass die Kosten dank Pauschalen weniger stiegen, erklärte der Nationalrat (Mitte/GL).

Neues Gremium geplant

Zudem will seine Organisation noch in diesem Jahr eine neue nationale Tariforganisation gründen, an der alle Tarifpartner beteiligt seien, gab Landolt bekannt. In dem von Einzelinteressen geprägten Schweizer Gesundheitswesen würde es dem Santésuisse-Präsidenten, der bald 100 Tage im Amt ist, zudem gefallen, wenn «die Kantone von sich aus ihre Verantwortung stärker wahrnehmen» würden.

Bei den Ärztezulassungen und den Spitälern hätten die Kantone ja bereits die Möglichkeiten, teure Ineffizienzen auszumerzen, sagte der Verwaltungsratspräsident der Santésuisse-Gruppe. Doch könnte es für einen Regierungsrat das Ende der Karriere bedeuten, wenn eine Klinik geschlossen würde.

Wie schwierig die Schliessung eines Spitals ist, zeit der Fall im Kanton Zürich, über den auch muula.ch berichtete.

Spezialisierte Spitäler

Daher würde es möglicherweise helfen, auf nationaler Ebene eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, die den Kantonsregierungen eine gewisse Rückendeckung gebe. «Ein nationales Spitalgesetzt, das dem Föderalismus Rechnung tragen würde, aber gleichzeitig die Angebotsbündelung forciert, wäre darum prüfenswert, erklärte Landolt weiter.

«Wir wären schon einen Schritt weiter, wenn nicht jedes Spital alles anbieten würde», erklärte das jahrelange Vorstandsmitglied der Glarner Krankenversicherung gegenüber dem «SonntagsBlick» ausserdem. Mehr Verantwortung bei den Kantonen könnte durchaus etwas bringen, denn die Kantone sind oftmals gleichzeitig Bewilliger von Spitälern, die Betreiber und Eigentümer der Kliniken, was gewaltige Interessenkonflikte heraufbeschwört.

Unterschiedliche Masse

Das Problem des Kostenanstiegs im Gesundheitswesen sei aber nicht einfach bloss bei der einflussreichen Lobby der Krankenkassen zu finden. Die sei nämlich gar nicht so mächtig, sagte er. «Sonst hätte sie viel mehr zustande gebracht, und die Prämien wären tiefer», kritisierte er die eigene Lobby.

Zudem messe man die Interessenvertretung der Krankenkassen nicht mit der gleichen Elle wie etwa die Lobbyisten der Ärzte oder Spitäler. «Wer Mandate im Krankenkassen- oder Finanzbereich hat, wird kritisiert – wer sie im Tourismus oder bei einem Altersheim hat, gilt als unverdächtig», gab der Santésuisse-Präsident zu bedenken.

18.09.2022/kut.

Neue Therapie für das Schweizer Gesundheitswesen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert