Signalgebende Geste aus dem Hause Hohenzollern

Der Stammsitz der Hohenzollern
Eines der meistbesuchten privaten Museen in Deutschland ist die Burg Hohenzollern. (Bild: M. Langer / unsplash)

Der Chef des Hauses Hohenzollern hat einen Richtungsentscheid um das Erbe getroffen. Es geht um Tausende von Kunstwerke, die Nähe zum NS-Regime und ein Signal an die Welt.

Georg Friedrich Prinz von Preussen hat in einem langjährigen Streit um ungeklärte Eigentumsfragen und Ausgleichsleistungen einen Schlussstrich gezogen.

Konkret geht es um zirka 4000 Kunstwerke, für deren Zuordnung die Frage relevant ist, ob sein Urgrossvater, der Kronprinz Wilhelm von Preussen, durch sein Verhalten den Nationalsozialisten erheblichen Vorschub geleistet habe.

Plötzlicher Wandel

Der Rückzug der Forderungen an den deutschen Staat sei sein persönlicher Entscheid gewesen, den er «unabhängig von möglichen Erfolgschancen getroffen habe», erklärte der Chef des Hauses Hohenzollern völlig überraschend gegenüber der Zeitung «Welt».

Er verzichte vollständig auf die Kunstwerke und Ausgleichzahlungen aus diesem Komplex. Das kommt einer Sensation gleich.

Anbiedern der Nazis

Mit dem Ende des Verfahrens wolle er den Weg für eine «unbelastete Debatte» freimachen, erklärte er.

Es sei absolut richtig, «sich mit Kronprinz Wilhelm kritisch auseinanderzusetzen», hiess es weiter. Es sei bei ihm zwar nicht eindeutig nachweisbar, dass er den Nationalsozialisten Vorteile verschafft habe.

Er habe aber «ganz klar die Nähe zum NS-Regime gesucht». Als Person, die sich dem Rechtsextremismus angebiedert habe, könne er «nicht für unser Haus traditionsstiftend sein», erklärte die Familie Hohenzollern weiter.

Worte des Bedauerns

Der Prinz von Preussen bezeichnete es sogar als Fehler, in der Vergangenheit juristisch gegen Historiker und Journalisten vorgegangen zu sein.

Er bedauere, nicht früher und häufiger «das persönliche Gespräch gesucht zu haben, in dem man Vieles hätte klären können», hiess es neben der Geste, auf tausende von Kunstwerke zu verzichten.

Daher habe er entschieden, «alle noch offenen Verfahren zu beenden, was inzwischen auch umgesetzt wurde».

Wissenschaft unterstützen

Es gelte der Spruch: «Was rechtens ist, muss nicht immer richtig sein.»

In dem Zusammenhang wolle er aber auch klarstellen: «Ich habe zu keinem Zeitpunkt versucht, wissenschaftliches Arbeiten einzuschränken. Wenn das so empfunden wurde, tut es mir leid.»

Kritik am Urgrossvater nötig

Für den heutigen Donnerstag kündigte Georg Friedrich Prinz von Preussen zudem ein öffentliches Historiker-Podium an, um die Debatte über seine Familie fortzuführen sowie der Öffentlichkeit eine digitalisierte Quellensammlung zum politischen Wirken von Kronprinz Wilhelm von Preussen vorzustellen.

Diese Veranstaltung könnte vielleicht der Auftakt zu einem grösseren Symposium über die politische Verortung der Familie im 20. Jahrhundert sein.

Es sei nämlich absolut richtig, sich mit Kronprinz Wilhelm kritisch auseinanderzusetzen.

Langjähriger Rechtsstreit

Seit der Wiedervereinigung befindet sich das Haus Hohenzollern in Gesprächen mit staatlichen Stellen, wie offene Eigentumsfragen an mehr als 10.000 Kunstwerken abschliessend geklärt werden könnten.

Für die Zuordnung von rund 4000 Objekten ist aber die Frage des Verhaltens vom Urgrossvater mit den Nationalsozialisten relevant. Wenn er den Nazis Vorschub geleistet hätte, wäre die Familie nach dem deutschen Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz aus dem Jahr 1994 nicht berechtigt, diese Kunstwerke zurückzubekommen.

Der Urenkel sei daher an den Punkt gekommen, dass es nicht richtig sein könne, diese Frage vor Gericht auszutragen. Vermutlich würde das Verfahren mindestens zehn Jahre dauern, hiess es.

Staat wollte Museum

Der aktuelle Chef des Hauses Hohenzollern hielte daher ein eigenes Museum immer noch für eine gute Idee.

Aber ob seine Familie dort mitwirkt oder nicht, sei für ihn völlig unerheblich. Ein Kritikpunkt war nämlich stets, dass das Haus Hohenzollern ein eigenes Museum mit dem Ziel fordere, die eigene Geschichte zu beschönigen.

Doch dies sei nicht wahr: «Die Forderung nach dem sogenannten Hohenzollern-Museum kam von staatlicher Seite», stellte er nun im Interview klar. Die Burg Hohenzollern, die Stammburg unserer Familie, ist eines der meistbesuchten privaten Museen in Deutschland.

Kunst im Mittelpunkt

Mit dem Schlussstrich unter diesen Komplex sendet Hohenzollern ein Signal an die Welt.

Auch in der Schweiz kommt nämlich ständig die Diskussion um Nazi-Raubkunst auf. Sei es bei der Dauerleihgabe im Kunsthaus Zürich um die Bührle-Sammlung oder im Kunstmuseum Bern mit der Schenkung um das Legat von Cornelius Gurlitt, über das muula.ch auch berichtete.

Eine grosszügige Geste könnte endlich Ruhe und Frieden in dieser Frage stiften, selbst wenn es um viel Geld geht.

Dann wäre der Weg frei, sich endlich wieder der Kunst zu widmen, denn die kommt bei solchen Streitereien immer zu kurz.

09.03.2023/kut.

Signalgebende Geste aus dem Hause Hohenzollern

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