Gegner schneller Windkraftprojekte formieren sich

Windräder in den Bergen
Die Schweiz debattiert um raschere Projekte bei Windenergie. (Bild: Enrique / pixabay)

Der Nationalrat versucht, den Ausbau alternativer Energien voranzutreiben. Doch dagegen braut sich bei Windkraft deutlicher Widerstand zusammen.

Der Nationalrat hat beschlossen, für Windkraftanlagen von nationaler Bedeutung und mit genehmigter Nutzungsplanung die Verfahren zu beschleunigen.

Am heutigen Dienstag setzte die grosse Kammer die Marathonberatungen zum Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien fort.

Auch am zweiten Tag der Debatte folgte sie fast überall den Anträgen der Mehrheit der vorberatenden Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (Urek-N). Und genau dagegen formiert sich langsam heftiger Widerstand.

Kaum noch Umweltschutz

Ein grosser Dorn im Auge ist zum Beispiel, dass bei Windenergie auf jegliche Schutzmassnahmen verzichtet werden soll und Windturbinen neu im Wald sowie in Biotopen erlaubt wären.

Neue Subventionen sind genauso geplant und Gemeinden dürften kaum mehr Mindestabstände zwischen Wohnbauten und Windturbinen festlegen.

Die Vorschläge der Urek-N zuhanden des Nationalrates seien ein Kahlschlag für den Natur- und Landschaftsschutz sowie eine Demontage der demokratischen Rechte von Anwohnerinnen und Anwohnern, kritisierte etwa der Verband Freie Landschaft Schweiz.

Bau in Biotopen

Neu kann beim Bau von Windkraftanlagen «auf die Leistung von Schutz-, Wiederherstellungs-, Ersatz- oder Ausgleichsmassnahmenverzichtet werden», sogar in national geschützten Biotopen und Landschaften von nationaler Bedeutung.

«Das bedeutet die vollständige Ausschaltung des Umwelt- sowie des Natur- und Heimatschutzgesetzes», kritisierte Elias Vogt, der Präsident des Verbandes.

Gemeinden umgangen

Konkret wird den Gemeinden das Recht entnommen, Baubewilligungen zu erteilen, weil dafür künftig die Kantone zuständig sind.

Beschwerden seien nur noch bei der obersten kantonalen Instanz, also beim Verwaltungsgericht, möglich. Beim Bundesgericht sind demnach Beschwerden praktisch nicht mehr zulässig, sondern nur noch in rechtlichen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung.

Einerseits ist das ein verfassungswidriger Eingriff in die kantonale Hoheit in der Raumplanung. Die Bundesverfassung garantiert aber unter Art. 75 den Kantonen, dass sie selbständig über ihre raumplanerischen Verfahren entscheiden können. Die Gemeinderechte werden beschnitten.

Bundesgericht weiter weg

Andererseits wird die Türe zum Bundesgericht faktisch zugeschlagen.

Es kann bei einem Windpark-Projekt keine materielle Kritik mehr angebracht werden, also wenn es etwa um die Verletzung von Grundwasserschutzzonen oder die Nichteinhaltung von Brandschutz-Vorschriften geht, sondern nur noch grundsätzliche rechtliche Fragen.

Dies hat zur Folge, dass die nationale Judikative ausgeschaltet wird, und damit fällt auch die Prüfung weg, ob Bundesrecht im Bereich des Umweltschutzes eingehalten wird. Solche Fälle landen ja nicht selten vor Bundesgericht, wie auch muula.ch berichtete.

Faktisch wird damit die Bundesgesetzgebung ausgehebelt. Ein Kantonsbeamter und drei Verwaltungsrichter könnten eine Baubewilligung für einen Windpark aussprechen.

Hinkender Vergleich

In der Debatte im Parlament fielen zudem Falschaussagen. So hiess es, im vergleichbaren Binnenland Österreich stünden bereits 1300 Windturbinen, die Schweiz hinke daher hinterher.

Tatsächlich stehen diese Turbinen in der Flachebene bei Wien. In Vorarlberg, Tirol und Salzburg steht dagegen keine einzige Windturbine.

Volk mit letztem Wort

Freie Landschaft Schweiz prüft daher das Referendum gegen den «Windexpress» und erwartet den Entscheid des Ständerats in der Sommersession mit Spannung.

Die Bevölkerung ihrerseits werde den Kahlschlag an Umwelt- und Gesundheitsschutz sowie die Beschneidung der Gemeinderechte nicht akzeptieren, so der Tenor.

14.03.2023/kut.

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