Digitale Insolvenzen sind Chapter 11 weit voraus

Ein Bitcoin auf der Blockchain
In der Krypto-Welt sind Tagesverluste von 30 Prozent keine Seltenheit. (Bild: P. Linforth / pixabay)

Eine Insolvenzwelle hat die Krypto-Welt erfasst. Doch Celsius Network, FTX & Co. hätten um Chapter 11 wohl lieber einen grossen Bogen gemacht.

Erst dachten Kryptofans, es sei ein Segen, dass Celsius Network endlich eine Umstrukturierung nach dem US-Insolvenzrecht Chapter 11 beantragte. Doch mit der Zeit wurde allen Beteiligten klar, dass der Entscheid kein guter war.

Mischung aus Coins

Dies zeigt sich derzeit, weil die Krypto-Plattform Celsius Network ihre Chapter-11-Verfahren beendet hat, und es an die Verteilung der Vermögenswerte geht.

In dem Gerichtsentscheid, der sich fast anderthalb Jahre hinzog, bekommen die Geschädigten eine Mischung aus Bitcoin und Ethereum zurück und partizipieren an der Verwertung der weiteren Aktivitäten um Bitcoin-Mining & Co. über eine Beteiligung.

Die Bewertung kommt laut einem Gerichtsdokument auf rund 73 Prozent ihrer Forderung. Das Verfahren wurde am 31. Januar 2024 beendet. Es hatte im Juli 2022 begonnen.

Millionen für Staranwälte

Damit wird auch klar, dass Monate nach der Insolvenzanmeldung die Blockchain-Fans auf zirka 27 Prozent ihres Krypto-Vermögens bei Celsius Network verzichten müssen.

Millionen und Abermillionen gingen bei dem Verfahren für Staranwälte etwa um White & Case drauf, die teils 1500 Dollar pro Stunde verrechneten. Allein die Juristen haben Tausende an Dokumenten mit oftmals hunderten von Seiten erstellt, die kaum jemand aus der Krypto-Gemeinde zeitnah mitverfolgen konnte.

Das entscheidende Dokument trägt nunmehr die Nummer 4298.

Gute Produkte verschwinden

Gegenanträge folgten auf Anträgen, Einsprachen folgten auf Entscheiden, neue Ideen folgten auf Vorschlägen und zogen so die Umstrukturierung in die Länge.

Dabei ist es wohl nur ein unschöner Nebenaspekt, dass nunmehr eine hervorragende App in den Erdboden gestampft wird und herausragende Funktionen, wie das Swaping von Token zum weltweit besten Preis, verschwinden.

Papierschecks verschicken

Die Krypto-Welt ist mit dem analogen Insolvenzverfahren, zumindest was Celsius Network angeht, schlecht gefahren.

Monatelang mussten die Beteiligten um Krypto-Star und Celsius-Network-CEO Alexander Mashinsky, dem ein Strafverfahren droht, dem Richter erst einmal erklären, wie das digitale Geschäftsmodell funktioniert.

Die Anwälte verkomplizierten die Situation ständig – es lohnte sich ohnehin für ihren Geldbeutel, noch eine Extrarunde zu drehen. Streit, ob nun Dollar oder doch lieber Krypto-Werte zurückgezahlt werden sollen, überforderten die analoge Welt.

Das Logo der Krypto-Plattform Celsius Network
Die Plattform Celsius Network war einst ein Liebling der Krypto-Fans. (Bild: PD)

Die Auszahlung erfolgt nun rechtlich sicher über die Krypto-Plattform Coinbase. Wo es die Börse im hintersten Zipfel der Welt nicht gibt, werden Papierschecks aus den USA verschickt.

Für die digitale Finanzwelt ist diese Vorgehensweise ein regelrechter Schock.

Anderes Vorgehen überlegen

Blickt man aber auf das Resultat, so ist ein Verlust von rund 27 Prozent eigentlich für die Krypto-Fans nicht schlimm. Wer die Volatilitäten um Bitcoin, Ethereum & Co. kennt, sieht wahrscheinlich normale Schwankungen darin.

Das Verfahren bei der bankrote Krypto-Börse FTX zieht sich bestimmt noch bis zum Jahresende 2024 hin. Auch hierbei dürften hauptsächlich die Anwälte beider Seiten jubeln.

Doch die Krypto-Welt kennt auch anderes. So gab es beim Terra-Luna-Crash um einen arithmetischen Stablecoin eine ähnliche Situation, wie um Celsius Network und FTX.

Doch statt zu den analogen Richtern zu gehen, machte man in Asien einfach einen Schnitt.

Blick nach vorne

Dort entwertete man die bestehenden Coins, packte alles Wertvolle in einen neuen Coin um Luna Classic und machte einfach weiter. Die ganze Aktion hat keine Woche gedauert und die Krypto-Gemeinde leckte sich nicht lange die Wunden.

Der neue Token im Tausendstel-Dollar-Bereich versprach neues Wachstum. Alte Coins ausbuchen, neue Coins einbuchen und weiter ging es. Die innovative Technologie blieb zudem erhalten.

Der Blick nach vorne ist in einer solchen Situation wohl eher wichtiger, also monatelanges Wundenlecken und Aufräumen, was Kosten in Millionenhöhe verursacht. Aus den Fehlern lernen und Schwamm drüber.

Risiken kennen

Der neue Coin Terra Luna Classic legte in den vergangenen Tagen aber nunmehr um über 20 Prozent zu. Experten erwarten sogar ein Plus um 1000 Prozent. Die Handelsvolumen sind dabei gigantisch. Die Zuversicht könnte nicht besser sein.

Die Umstrukturierung ist in der Krypto-Welt viel einfacher möglich. Langwierige Insolvenzverfahren mit komplexen Anmeldungen von Forderungen, Schuldzuweisungen und juristischem Tauziehen braucht es da nicht. Wer Risiken in der Blockchain-Welt eingeht, muss ohnehin mit dem Totalverlust rechnen.

Und gibt es dann mal an einem Tag ein Plus von 27 Prozent, was in der Krypto-Sphäre eher wenig ist, gleicht sich der Verlust bei einem Investment wieder aus. Jahrelange, komplexe Chapter-11-Verfahren braucht es da nicht.

07.02.2024/kut.

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