Unsitte beim Trinkgeld geht nach hinten los

Ein Kunde zahlt einen Kaffee mit Karte in einem Café
Kunden sollen auch bei Kartenzahlungen ein Trinkgeld geben. (Symbolbild: C. Banks / unsplash)

An vielen Orten wird der Druck auf die Kundschaft erhöht, dem Personal ein Trinkgeld zu geben. Dies sollten sich die Betriebe aber gut überlegen.

Derzeit gibt es in Schweizer Restaurants, Bars und Cafés viele peinliche Situationen.

5-Prozent-Schritte

Beim Bezahlen mit der Karte steht nämlich in vielen Etablissements plötzlich die Frage an den Kunden auf dem Display, wie viel Trinkgeld es denn sein soll.

Es gibt dann mehrere Optionen – allerdings meist in 5-Prozent-Schritten und der Höhe nach von oben nach unten sortiert.

Wollen Kunden kein Trinkgeld geben, müssen sie das unterste Feld mit «Kein Trinkgeld» wählen und erst dann geht es im Bezahlvorgang weiter.

Unter strenger Beobachtung

Zuoberst stehen selbst in Selbstbedienungsrestaurants, wo der Kunde praktisch den Service selbst verrichtet, nicht selten 25 oder 20 Prozent als Auswahloptionen für das Trinkgeld.

Wer kein Trinkgeld geben möchte, muss sich also aktiv dagegen entscheiden.

Dieser neue Prozess in vielen Coffeeshops & Co. in Zürich, Basel oder Bern, wie muula.ch regelmässig auffällt, sollten sich die Besitzer allerdings gut überlegen.

Denn norwegische Marketingforscher haben nun herausgefunden, dass sich die Kundschaft unter Druck gesetzt fühlt, einen Zustupf an das Personal zu geben, wenn die soziale Geste des Trinkgeldgebens unter der strengen Beobachtung des Bedienpersonals am Kartenterminal quasi forciert wird.

Anderes Café wählen

Kurzfristig mag dieser Druck dazu führen, dass die Kunden mehr Trinkgeld geben, schrieben die norwegischen Forscher Nathan Waren und Sara Hanson im neuesten «Journal of Business Research».

Langfristig kehrten die Kunden aber seltener in das Lokal zurück und empfahlen es weniger weiter, hiess es.

Die einen seien dabei verärgert über die Aufdringlichkeit. Andere Kunden wollten sich nicht mehr dem Druck aussetzen, ein Trinkgeld quasi geben zu müssen und entschieden sich, ein anderes Restaurant oder Café zu besuchen.

Faires Vorgehen wichtig

Bistros in einem Geschäftsviertel oder Coiffeurläden beziehungsweise Nagelstudios an der Ecke verscheuchten damit eigentlich ihre Stammkundschaft, so die Warnung der Marketingforscher, die derzeit mit ihrer Analyse für viel Aufsehen sorgen.

Zwei Lehren aus der Untersuchung empfehlen die Wissenschafter: Restaurants sollten Kunden beim Bezahlen einerseits genug Freiraum und Privatsphäre gewähren.

Und andererseits sollten die Auswahloptionen nicht so angegeben werden, dass in der Mitte der Tasten, für die sich bekanntermassen viele Menschen entscheiden, immer noch hohe Trinkgeldbeträge von 20 oder 15 Prozent voreingestellt werden.

27.01.205/kut.

Unsitte beim Trinkgeld geht nach hinten los

5 thoughts on “Unsitte beim Trinkgeld geht nach hinten los

  • Januar 27, 2025 at 4:15 pm
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    Bei nur einem Bier oder Kaffee gibt‘ s generell kein Trinkgeld.

    Ansonsten entscheidet sich die Frage schon bei Erhalt des Bieres vor dem Essen. Ist die Füllstand unterhalb des Eichstrichs, kann auch ein gutes Essen nichts mehr revidieren.

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    • Mai 17, 2025 at 12:27 am
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      Diese neue Unsitte ist eigentlich schon Nötigung.
      Der Normalbürger wird auch nicht laufend mit Geschenken überhäuft. Die Bezahlung des Personal ist Sache der Firma.
      Wenn mir meine Bäckerei ein Trinkgeld abluxen will, werde ich zukünftig meine Backwaren im Supermarkt kaufen
      Dort werden auch Backwaren von renommierten Bäckereien verkauft und vor dem Spuck Trinkgeld hab ich Ruhe!

      Reply
  • Mai 17, 2025 at 12:29 am
    Permalink

    Diese neue Unsitte ist eigentlich schon Nötigung.
    Der Normalbürger wird auch nicht laufend mit Geschenken überhäuft. Die Bezahlung des Personal ist Sache der Firma.
    Wenn mir meine Bäckerei ein Trinkgeld abluchsen will, werde ich zukünftig meine Backwaren im Supermarkt kaufen
    Dort werden auch Backwaren von renommierten Bäckereien verkauft und vor dem Spuck Trinkgeld hab ich Ruhe!

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  • Mai 18, 2025 at 10:01 am
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    Der Text beschreibt eine interessante Entwicklung in der Schweizer Gastronomie, die sicherlich viele Diskussionen auslöst. Es ist wirklich seltsam, dass Trinkgeld in Selbstbedienungsrestaurants so forciert wird – das wirkt fast schon übertrieben. Die Tatsache, dass Kunden aktiv „Kein Trinkgeld“ wählen müssen, setzt definitiv unter Druck und schafft ein unangenehmes Gefühl. Die Studie der norwegischen Marketingforscher zeigt deutlich, dass solche Praktiken langfristig kontraproduktiv sein können. Ich frage mich, ob die Lokale wirklich so stark auf Trinkgeld angewiesen sind oder ob hier einfach nur Gier im Spiel ist. Was denkst du darüber? Sollte Trinkgeld nicht eine freiwillige und freundliche Geste bleiben, anstatt ein Muss zu sein? Es wäre spannend zu hören, wie du diese Situation siehst und ob du ähnliche Erfahrungen gemacht hast.

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  • Mai 20, 2025 at 8:02 pm
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    Die Situation mit dem Trinkgeld in Schweizer Restaurants ist wirklich interessant. Es ist schon seltsam, dass man sich fast gezwungen fühlt, Trinkgeld zu geben, obwohl man vielleicht gar nicht möchte. Vor allem in Selbstbedienungsrestaurants finde ich es übertrieben, 20 oder 25 Prozent als Option anzubieten. Die Studie der norwegischen Marketingforscher zeigt ja, dass viele Kunden sich dadurch unter Druck gesetzt fühlen. Ich frage mich, ob die Restaurants wirklich denken, dass sie damit ihre Kunden halten können. Langfristig scheint es ja eher das Gegenteil zu bewirken. Was haltet ihr davon? Sollte man Trinkgeld nicht einfach freiwillig lassen, ohne diese aufdringlichen Optionen?

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