Schweizer Banken müssen sich warm anziehen

Schweizer Banken geraten in eine frostige Atmosphäre. (Bild: S. Backman / unsplash)

Schweizer Geldhäuser kommen von allen Seiten unter Druck. So erstarkt nicht nur Konkurrenz, sondern auch Grossaktionäre dürften sich lautstark einmischen.

Eines der wertvollsten Startups Europas hat soeben einen wichtigen Schritt vollzogen. Die Neobank N26 kündigte an, ihre Rechtsform von einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) in eine Aktiengesellschaft (AG) zu ändern.

Eine der führenden Digitalbanken, die auch in der Schweiz aktiv ist, bereitet sich mit dem Schritt auf einen Börsengang und somit für den nächsten Wachstumsschritt vor. Das ist eine regelrechte Warnung an die Konkurrenz.

Professionalisierung im Gang

Mit einer AG ist nämlich auch ein Verwaltungsrat verbunden, der besser über die Geschäfte und die Strategie als bei einer GmbH wacht. Die Besetzung des Gremiums kann sich sehenlassen. Als Präsident fungiert beispielsweise der weithin bekannte Fintech-Investor Marcus Mosen, der zuvor Chef des Zahlungsdienstleisters Concardis gewesen war.

„Wir werden in etwa den nächsten zwei Jahren als Unternehmen profitabel werden», sagte der Chef der Berliner Neobank N26, Valentin Stalf, zudem gegenüber der Zeitung «Welt».

Die deutsche Finanzmarktaufsicht Bafin hatte das Fintech unlängst mit einer Wachstumsbremse versehen.

N26 darf derzeit «bloss» mit 50.000 Neukunden maximal pro Monat zulegen. Bei solchen Zahlen dürften Schweizer Banken ohnehin die Ohren schlackern, weil viele Kreditinstitute nicht mal pro Jahr solche Werte aufweisen können.

Steigende Zinsen helfen

Doch nicht nur bei den Neukunden will die Konkurrenz, die in der Schweiz derzeit nur kostenlose Euro-Konten anbietet, den Markt aufmischen.

N26 hatte für das vergangene Jahr 172 Millionen Euro an Verlust ausgewiesen. Die Bruttoerträge lagen dabei lediglich um die 182 Millionen Euro. Beim Weg zur Profitabilität helfe nun auch die Zinswende, sagte Stalf.

«Der durchschnittliche Kunde hat 3000 Euro auf seinem Konto liegen. Wenn uns die EZB dafür zwei Prozent zahlt, verdienen wir je Kunde allein daran jährlich 60 Euro – ein guter Beitrag zur Profitabilität», rechnete er beispielhaft vor. Das steigende Zinsniveau hilft also nicht nur den Traditionsbanken, sondern auch der aufkommenden Konkurrenz.

«Nächstes Jahr wollen wir (unser Angebot) auf Aktien ausbauen, um unsere Nutzer startklar zu machen, wenn die Börsen wieder anziehen», erklärte der Chef von N26 weiter. Auch dies dürfte die etablierte Bankenwelt aufhorchen lassen.

Chinesen überall

Stalf verteidigte trotz geopolitischer Spannungen obendrein das Engagement des chinesischen Online-Konzerns Tencent bei N26. Er habe in viele sehr erfolgreiche westliche Unternehmen investiert, beispielsweise in Tesla, Snapchat und Spotify.

«Der Einfluss der chinesischen Geldgeber bei uns ist limitiert, weil sie nur wenige Prozent der Anteile besitzen. Und unser Ansprechpartner als Management ist sowieso in erster Linie unser Aufsichtsrat», sagte der N26-Mitgründer.

Geld von Ölscheichs

Und genau da ist man beim zweiten Problem für die Schweizer Bankenwelt. Gerade hat die Credit Suisse angekündigt, einen neuen Grossaktionär aus Saudiarabien zu erhalten. Golfaraber sitzen ohnehin bereits bei der Grossbank im Aktionariat. Nun war man eigentlich gewohnt, dass die Investoren bloss die Kohle rüberschieben und ansonsten eher zurückhaltend agieren.

Doch seit Freitag vergangener Woche weiss man, dass es auch anders kommen kann. Die britische Grossbank HSBC ist nämlich von einem chinesischen Grossaktionär lautstark unter Druck gesetzt worden, wie etwa das «Wall Street Journal» berichtete.

Forderungen umsetzen

Die chinesische Versicherungsgesellschaft Ping An Insurance, ein Ankeraktionär der HSBC, spielte den Medien am Freitag lautstark ihre Forderungen nach einer Umstrukturierung des Geldhauses zu. So solle die Bank, an der Ping An rund 8,3 Prozent besitzt, die Kosten radikal reduzieren und das Kapital innerhalb der Bank völlig anders verteilen.

Seit Monaten versuchten die Chinesen nämlich mehr oder weniger über die Öffentlichkeit, die Bank zur Umstrukturierung zu bewegen und HSBC Asia abzuspalten – jedoch bisher ohne Erfolg. HSBC will sich als internationale Bank präsentieren und da gehöre das Geschäft in Europa, Amerika und eben Asien geeint dazu.

Nun äusserte sich am Freitag aber lautstark der Verwaltungsratspräsident des Ping-An-Vermögensverwalters, Huang Yong. Der Versicherer als einer der grössten Aktionäre sei über die Performance, die Dividende sowie die Marktkapitalisierung von HSBC sehr besorgt, hiess es.

Finanzchef geht

Bei diesen drei Werten liege HSBC deutlich unter jenen einer Vergleichsgruppe sowie unter den Erwartungen zahlreicher Aktionäre, sagte er. Damit wird also öffentlicher Druck auf das Geldhaus erhöht.

Und was die Chinesen konkret erwarten, sagte Yong gleich mit: HSBC solle aggressiv Kosten reduzieren. Dies habe speziell beim Personal, bei der IT und beim Aufwand in der Zentrale zu erfolgen.

Die britische Bank selbst wies die Forderungen lapidar zurück und sagte, es würde mit älteren Statistiken argumentiert. Der Finanzchef von HSBC Even Stevenson warf aber schon mal das Handtuch, obwohl er eigentlich ein aussichtsreicher Kandidat für den CEO-Posten gewesen war.

Schweiz gefordert

Der Wind von ausländischen Aktionären, die keine Beziehung zum Heimatmarkt haben, wird mit steigender Zahl ausländischer Grossinvestoren auch hierzulande bald rauer wehen.

Dies dürfte neben der flexibleren Konkurrenz an neuen Banken auch für den Schweizer Bankplatz zur Herausforderung werden.

07.11.2022/kut.

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