Schweizer arbeiten lieber gratis

In Schweizer Haushalten werden Milliarden Stunden an Arbeit erbracht. (Bild: F. B. Hansen / pixabay)

Unbezahlte Arbeit ist ein spannendes Phänomen. In der Schweiz arbeiten mehr Menschen gratis als gegen Lohn.

«Kennen Sie den Unterschied zwischen kostenlos und umsonst?», fängt ein harmloser Witz an. «Ich bin kostenlos zur Schule gegangen und Sie?», geht die Pointe dann doch unter die Haut.

Ohne zu tief in Sprachnuancen zwischen gratis, kostenlos und umsonst zu tauchen, erbrachten Schweizerinnen und Schweizer im Jahr 2020 fast zehn Milliarden Stunden unbezahlt, wie das Bundesamt für Statistik BFS am Montag die neuesten Zahlen zu der Thematik bekanntgab.

Frauen in Vorleistung

Konkret sind es 9,8 Milliarden an unbezahlten Stunden, was deutlich mehr ist als die 7,6 Milliarden Stunden an bezahlter Arbeit, wie die neuesten Zahlen zum Satellitenkonto Haushaltsproduktion des BFS zeigen.

Die Frauen übernahmen laut dem Communiqué 60,5 Prozent des unbezahlten Arbeitsvolumens. Die Männer kamen demnach auf 61,4 Prozent des bezahlten Arbeitsvolumens. 

Im Durchschnitt ergeben die fast zehn Milliarden Freiwilligen-Arbeits-Stunden in der Schweiz rund 1350 Stunden an unbezahlter Tätigkeit pro Person, hiess es weiter.

Sportvereine mit Männern

Die Hausarbeiten machen mit 7,6 Milliarden Stunden gut drei Viertel des Gesamtvolumens an unbezahlter Arbeit aus. Die Betreuungsaufgaben für Kinder und Erwachsene im eigenen Haushalt lassen sich mit 1,6 Milliarden Stunden beziehungsweise 16 Prozent des Gesamtvolumens pro Jahr beziffern.

Für Freiwilligenarbeit, also Tätigkeiten in Sportvereinen oder Kultur- beziehungsweise karitativen Einrichtungen, wurden immerhin 621 Millionen Stunden aufgewendet. Hierbei liegen die Männer aber deutlich vorne, wie die Grafik illustriert.

Grafik mit Anteilen der Freiwilligenarbeit aufgespalten nach Männern und Frauen
Geldwert der unbezahlten Tätigkeiten in der Schweiz aufgespalten nach Männern und Frauen sowie nach Tätigkeiten

Die gesamte im Jahr 2020 geleistete unbezahlte Arbeit entspricht einem Geldwert von 434 Milliarden Franken und teilt sich gemäss der Grafik deutlich zwischen Männern und Frauen sowie zwischen Betreuungs-, Haus und Freiwilligenarbeit auf.

Viel Arbeit in Haushalten

Bei der Schätzung des fiktiven Geldwertes der unbezahlten Arbeit wird berechnet, wie viel die privaten Haushalte einer über den Markt engagierten Person für die Ausführung dieser unbezahlten Tätigkeiten bezahlen müssten. Als Vergleichsgrössen dienen die durchschnittlichen Arbeitskosten nach vergleichbaren Berufsgruppen. 

Die Hausarbeit hat mit 319 Milliarden Franken oder rund 73 Prozent des Gesamtwertes der unbezahlten Arbeit den grössten Anteil. Die Betreuungsaufgaben werden auf 82 Milliarden Franken oder 19 Prozent des Gesamtwertes geschätzt. Freiwilligenarbeit kommt auf 33 Milliarden Franken oder 8 Prozent des Gesamtwertes.

Hoher Anteil am BIP

Ziel der ganzen Zahlenübung ist die Darstellung, wie wichtig die Bruttowertschöpfung der ganzen Haushalte eigentlich tatsächlich ist und nicht unter den Tisch fallen sollte.

Während die Haushaltsproduktion eher einen sehr kleinen Anteil am traditionellen Bruttoinlandprodukt BIP hat, kommen die Statistiker mit dieser Betrachtung auf einen Anteil der totalen Haushaltsproduktion am entsprechend erweiterten BIP auf eine Bruttowertschöpfung der privaten Haushalte von hohen 41,4 Prozent.

All dies zeigt eindrücklich, dass die ganze Arbeit zwar kostenlos beziehungsweise gratis ist, aber eben nicht umsonst.

05.12.2022/kut.

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