Schweiz bekommt Ärger mit chinesischen Jahresabschlüssen

Eine Landkarte von China
Die USA finden Qualitätsmängel bei Treuhändern in China. (Bild: C. Lue / unsplash)

Die USA haben erstmals Treuhandfirmen in China inspiziert und gewaltige Qualitätsmängel gefunden. Logischerweise sind die Amerikaner nicht happy – aber ist es die Schweiz?

Die Vereinigten Staaten von Amerika prüfen weltweit die Erstellung von Jahresabschlüssen, um damit Bilanzskandale wie Enron und WorldCom zu reduzieren.

Dafür reisen Inspektoren regelmässig in fast alle Länder der Welt, auch in die Schweiz.

Rasche Reaktion

Doch China hatte sich bis vor kurzem völlig gegen die Massnahmen der Amerikaner geweigert.

Nach Jahrzehnten gaben sie aber nach und nun fanden vor wenigen Monaten erstmals acht Kontrollen bei Wirtschaftsprüfungen in China statt, wie auch muula.ch über die bedeutende Annäherung zwischen den zwei Grossmächten auf diesem Gebiet berichtete.

Arbeiten inakzeptabel

Normalerweise braucht die Fertigstellung der Abschlussreports gefühlte Ewigkeiten.

Am heutigen Mittwoch überraschte die zuständige Aufsichtsbehörde in den USA, das PCAOB, allerdings schon mit den Berichten über KPMG und PwC von den Inspektionen des vergangenen Jahres.

Demnach ist die kontrollierte Erstellung von Jahresabschlüssen inakzeptabel.

Fehlende Nachweise

Sogar Erica Y. Williams, die Chefin der zuständigen US-Behörde Public Company Accounting Oversight Board (PCAOB), gab nach Veröffentlichung der Inspektionsberichte für die zwei geprüften Firmen, KPMG Huazhen LLP auf dem chinesischen Festland und PwC in Hongkong, eine öffentliche Erklärung zu der Schelte ab.

Das ist ein ungewöhnlicher Schritt.

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften hätten nicht ausreichende und nicht geeignete Prüfungsnachweise für ihre Arbeit an Finanzabschlüssen von börsennotierten Unternehmen beziehungsweise dessen internen Kontrollen über die Finanzberichterstattung erhalten, hiess es darin zu den Mängeln.

Überall geschlampt

Die PCAOB-Inspektoren fanden Unzulänglichkeiten bei 100 Prozent der vier Prüfungsaufträge von KPMG Huazhen und bei 75 Prozent, also drei der vier der kontrollierten Prüfungsaufträge bei PwC Hongkong, erklärte die US-Behörde weiter.

Die Mängel seien zwar inakzeptabel.

Gleichzeitig sei es aber nicht überraschend, solch hohe Mängelraten in Gerichtsbarkeiten zu finden, die zum ersten Mal von den USA inspiziert wurden, relativierten die Amerikaner das Geschehen und gingen damit auf die Chinesen etwas zu.

Beheben der Schwachstellen

Die in China und Hongkong identifizierten Mängel seien konsistent mit den Arten und den Zahlen von Feststellungen, welche das PCAOB bei anderen Erstinspektionen auf der ganzen Welt gemacht habe.

Die Probleme seien identifiziert und man könne nun daran arbeiten, dass die Treuhänder ihre Schwachstellen ausräumten, sagte die Behördenchefin.

Interessant sind in den Reports von KPMG und PwC auch die Stellungnahmen der Betroffenen, die recht kleinlaut gegenüber den Amerikanern daherkommen und rasche Besserung der Qualität an Wirtschaftsprüfertätigkeiten geloben.

Schweiz unter Zugzwang

Was heisst das nun für die Schweiz? Sie muss sich überlegen, ob die Gleichwertigkeit der Prüfung der chinesischen Aufsicht noch gegeben ist, die solche Mängel ja akzeptiert hatte. 

Der Bundesrat entschied nämlich gerade erst vor rund zwei Jahren, die Gleichwertigkeit der chinesischen Revisionsaufsichtsbehörde CSRC anzuerkennen.

Die Schweiz hatte damit die Zusammenarbeit zwischen der Schweizer Börse und chinesischen Börsen erleichtert, an der viele chinesische Firmen kotiert sind, wie auch muula.ch bereits berichtete.

Vorsicht ist da ohnehin wegen möglicher Sanktionen aufgrund des Taiwan-Konfliktes geboten.

Doch nun kommt noch die mangelnde Qualität bei Jahresabschlüssen hinzu.

Lokale Qualität zählt

Zum Schutz der Investoren auf dem Schweizer Kapitalmarkt entfaltet das Revisionsaufsichtsgesetz nämlich auch Wirkung im Ausland.

Der Aufsicht durch die Eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde (RAB) unterstehen neben den Schweizer Revisionsgesellschaften daher auch ausländische Revisionsunternehmen, sofern diese ausländische Unternehmen prüfen, die auf dem Schweizer Kapitalmarkt Beteiligungspapiere oder Anleihen ausgeben.

Das ist mit den ganzen chinesischen Firmen an der SIX somit gegeben.

Auch Schweizer Konzerne mit grossen Geschäften in China und Hongkong sind betroffen, weil ihre Jahresrechnungen von EY, Deloitte, PwC, KPMG, BDO & Co. über deren Niederlassungen in den jeweiligen Ländern mit dem dortigen Qualitätsstandard geprüft werden.

Bundesrat am Drücker

Wenn in China in der Wirtschaftsprüfung aber so geschlampt wird, kann der Bundesrat eine Anerkennung der Qualität von Wirtschaftsprüfern, welche die Schweiz mit ein paar dutzend Ländern kennt, nicht einfach durchwinken.

Gewiss, die Amerikaner haben immer eine politische Komponente bei solchen Sachen dabei. Doch den Kontrolleuren aus den USA wird eine sorgfältige, auf die Rechnungslegung konzentrierte Arbeit nachgesagt, was die Schweiz eigentlich schätzt.

Der Bundesrat könnte nunmehr zwar beide Augen bei der Angelegenheit zudrücken, um den Chinesen weiterhin zu gefallen. Mit dem dehnbaren Argument der Wesentlichkeit wäre auch ein komplettes Ignorieren der Probleme möglich.

Doch damit riskiert die Schweizer Regierung die Glaubwürdigkeit des Finanzplatzes Schweiz.

10.05.2023/kut.

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