Lufthansa-Gruppe kopiert erneut die Premiumairlines

Ein Flugzeug der Lufthansa
Die Lufthansa-Gruppe hinkt bei Innovationen hinterher. (Bild: N. Herasimenka / unsplash)

Die Lufthansa-Gruppe hat sich wieder einmal etwas von der Konkurrenz abgeschaut. Die Umsetzung für die Elitekunden ist allerdings fatal, wie ein Test von muula.ch ergab.

Wenn bei der Lufthansa-Gruppe von Anpassungen oder Neuerungen die Rede ist, zucken die Kunden immer erst einmal zusammen.

Der für seinen notorischen Sparzwang bekannte Airline-Konzern, zu dem auch die Schweizer Vorzeigefluggesellschaft Swiss gehört, streicht nämlich nicht selten Annehmlichkeiten der Kundschaft zusammen.

Knappes Deutsch

So informiert die Lufthansa-Gruppe derzeit über einen neuen Service in der Business-Class.

«Geniessen Sie mit dem neuen Service Lufthansa pre-Select das, was Ihnen wirklich schmeckt», wirbt die Sparairline dafür, dass Business-Class-Gäste mehr Auswahl hätten und ihr Bordmenü auf Langstrecken, also etwa nach Buenos Aires, Los Angeles oder nach Tokio, im Voraus auswählen könnten.

«Sie wählen – wir servieren», heisst es weiter im knappen Deutsch. Fluggäste der Premiumklasse wählen zwischen sechs statt drei saisonalen Köstlichkeiten aus, erklärte Lufthansa.

Damit ist wohlgemerkt nicht die Bestellung von Sondermahlzeiten aufgrund von Unverträglichkeiten oder aus religiösen Gründen gemeint.

Umwelt schonen

Mindestens 24 Stunden vor Abflug aus Deutschland, aber auch bei Swiss beziehungsweise Austrian Airlines haben Langstreckenpassagiere nun die Qual der Wahl, ihr Bordmenü auszuwählen.

«Durch die im Vorfeld festgelegte Anzahl der zubereiteten Gerichte wird die Anzahl der Verpackungen deutlich reduziert und die Verwendung der Lebensmittel kann allgemein nachhaltiger geplant werden», gibt die Lufthansa dem Unterfangen sogar einen nachhaltigen Touch.

Schweizer Umsteigepassagiere von Zürich, Genf oder Basel, die ab München beziehungsweise Frankfurt auf die Langstrecke umsteigen, können ihre Hauptmahlzeit also nun im Voraus auswählen. Aber auch ab der Schweiz oder ab dem Drehkreuz Wien gilt das Auswahlsystem auf der Langstrecke.

Damit vermeidet die Airline, dass sie von einer Speise mal nicht genügend Menüs an Bord hat, wenn zu viele Gäste das gleiche Essen wählen.

Asien macht es vor

Die Lufthansa-Gruppe kopiert damit aber wieder einmal richtige Premiumairlines, die tatsächlichen Marktführer, wie das Beispiel eindrücklich zeigt.

Singapore Airlines hat mit «Book the Cook» zum Beispiel dasselbe Prinzip schon seit Jahren im Angebot.

Selbst weniger betuchte Star-Allianz-Partner, wie Turkish Airlines, die auf den Gourmet-Caterer Do & Co setzen, bieten dieses Auswahlverfahren an, aber nehmen sogar noch eigens einen Starkoch für das Anrichten und Servieren der Speisen an Bord mit.

Bei Thai Airways gibt es den Service nicht nur in Business- oder First-Class, sondern auch in der Economy-Class für die Vielflieger.

Die Lufthansa-Gruppe ahmte aber unlängst bereits das First-Class-Kabinendesign der Golfairlines um Emirates, Etihad und Qatar Airways nach, wie muula.ch berichtete.

Am Buchungssystem vorbei

Doch bei der deutschen Fluggesellschaft ist die neue Methode zum Vorbestellen des Essens viel umständlicher, als dies etwa bei Singapore Airline der Fall ist.

Es versteht sich zunächst fast von selbst, dass die asiatische Premiumairline bei den Speisen eine noch viel grösser Auswahl für die Business-Class-Passagiere bietet, als dies bei Lufthansa der Fall ist.

Während bei Singapore Airlines die Bestellung einfach in der Ticketreservierung über die App oder im Internet per Anklicken der Speisen funktioniert, ist es bei der Lufthansa-Gruppe unglaublich kompliziert umgesetzt.

So müssen die Business-Gäste einen separaten Link aufrufen, wie ein Test von muula.ch ergab. Dann gelangt man auch bloss in ein Warenkorbsystem, dass dem jeweiligen Passagier die Auswahl eines Essens erlaubt, das er wie beim Online-Shoppen «kaufen muss».

Zweimal die E-Mail-Adresse

Bei dem Test standen ein Rinderfilet mit Pfefferjus, ein vegetarisches Gemüsecurry, eine Hühnchenkeule Teriyaki, ein Heilbuttfilet mit Tomaten-Rosmarin-Sosse, ein Lachsfilet oder gebratene Polenta mit Pfifferlingen zur Auswahl und dann stand beim Gang an der Kasse «im Ticketpreis enthalten».

Besonders umständlich müssen dann die Lufthansa-Premiumkunden noch zweimal ihre E-Mail-Adresse eingeben und bekommen eine Bestätigung für die Bestellung zugeschickt.

Reisen mehrere Fluggäste in einer Buchung müssen sie den Vorgang aber mehrfach wiederholen, obwohl es derselbe Buchungscode ist.

In einer E-Mail-Bestätigung erfährt der Gast dann etwas ratlos, dass er in Summe 0,00 Euro inklusive gesetzlicher Mehrwertsteuer abdrücken muss und die Bezahlung an Bord des Fluges erfolge.

Viele offene Fragen

Offenbar hat Lufthansa da einfach bloss ein altes Shopping-System auf den neuen Business-Class-Service angepasst, was aber alles schon sehr peinlich wirkt.

Doch das ist nicht die einzige Sparmassnahme.

Denn bedenkt man, dass die Fluggesellschaft stets viel mehr Essen an Bord bringen musste, damit genügend Auswahl für die Premiumfluggäste zur Verfügung stand, wird nun genau das vorbestellte Essen für jeden Premiumpassagier geladen.

Unklar ist dabei allerdings, was passiert, falls Fluggäste kurzfristig ihre Reisen oder Auswahl umdisponieren, womöglich ihren Anschlussflug verpassen und wie es auf den Rückflügen vor sich geht.

«Frusthansa» als Slogan

Klar ist jedenfalls, dass die Ankündigung eigentlich wieder einmal bloss eine Sparmassnahme der Deutschen ist, denn Essen kann viel knapper kalkuliert und passgenau in die Flugzeuge geladen werden. Und all dies spart eben auch bei dem grössten Kostentreiber für Airlines, dem Kerosin, weil viel weniger Gewicht transportiert werden muss.

Im Internet machen sich Vielflieger über die «Frusthansa» ohnehin für ihr peinliches Auftreten am Markt schon mächtig lustig. Denn Marktführerschaft und Innovationen sehen deutlich anders aus.

18.08.2023/kut.

Lufthansa-Gruppe kopiert erneut die Premiumairlines

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