Gab es Insiderhandel beim Aktienrückkauf von Swiss Life?

Hauptsitz der Swiss Life in Zürich
Der Aktienrückkauf von Swiss Life fallen Transaktionen auf. (Bild: PD)

Der Lebensversicherer Swiss Life hat umfangreich eigene Aktien zurückgekauft. Laut Recherchen von muula.ch fallen Transaktionen negativ auf und erfordern Klärung.

Die Mitteilung des Lebensversicherers Swiss Life sieht nur auf den ersten Blick nach Routine aus.

Seit Dezember 2021 habe die Swiss Life Holding AG 1.876.368 eigene Aktien zu einem Durchschnittspreis von 532.94 Franken pro Aktie zurückgekauft und das angestrebte Volumen von einer Milliarde Franken erreicht, teilte der Versicherungskonzern am heutigen Donnerstag kurz und knapp mit.

Merkwürdige Transaktionen

Das am 25. November 2021 bekanntgegebene Aktienrückkaufprogramm zum Zwecke der Kapitalherabsetzung sei damit abgeschlossen, hiess es weiter.

Doch muula.ch untersuchte die einzelnen Transaktionen näher und dabei fielen die Aktienkäufe am 28. Februar 2023 auf.

An diesem Tag wurden im Namen der Swiss Life 22.000 eigene Aktien für rund 12,5 Millionen Franken gekauft.

Abweichendes Ordervolumen

Auffällig ist der Tag deshalb, weil normalerweise im Rahmen des Aktienrückkaufprogramms häufig 3500, mal 4000, mal 4500, mal 5000, mal 6000 Stück geordert worden waren.

Nie kam Swiss Life auf ein so hohes Ordervolumen, wie am 28. Februar 2023.

Dieser Tag ist selbst dann ungewöhnlich, wenn man vorangegangene Aktienrückkaufprogramme des Lebensversicherers einbezieht.

Gute News einen Tag später

Schaut man auf das Kurschart, so muss Swiss Life ein gutes Händchen bei dem Timing gehabt haben.

Danach explodierte der Aktienkurs nämlich förmlich, wie die Grafiken gut zeigen.

Aktienkurs der Swiss Life
Der Aktienkurs von Swiss Life (Quelle: Google)
Der Aktienkurs von Swiss Life
Der Aktienkurs von Swiss Life (Quelle: Google)

Aber das hat auch andere Ursachen. Nur einen Tag nach dem Grossauftrag, nämlich am 1. März 2023, gab das Unternehmen in einem Communiqué eine Steigerung des Konzerngewinns um hohe 16 Prozent auf 1,5 Milliarden Franken für das Geschäftsjahr 2022 bekannt.

Hunderttausende gespart

«Wir haben den höchsten Reingewinn aller Zeiten eingefahren», wurde Swiss-Life-CEO Patrick Frost sogar von «Finanz und Wirtschaft» zitiert.

Der Kauf am Tag vor der Publikation wirft also Fragen auf. Es gilt aber selbstverständlich die Unschuldsvermutung.

Hätte Swiss Life am 2. März die 22.000 eigenen Aktien geordert, hätte sie zum Durchschnittskurs von dem Tag zirka eine halbe Million Franken mehr dafür bezahlen müssen.

Ein paar Tage später wären fast nochmals eine halbe Million Franken zusätzlich an Aufwand dafür angefallen.

Delegieren an ZKB

Das Wirtschaftsnews-Portal muula.ch fragte daher beim Swiss-Life-Konzern nach, was es mit den Transaktionen und mit möglichen Insidergeschäften auf sich habe.

«Swiss Life hatte den Kaufauftrag für das Aktienrückkaufprogramm vollständig an die Zürcher Kantonalbank ZKB delegiert und somit keinen Einfluss auf das tägliche Volumen», teilte eine Mediensprecherin sehr rasch auf die Anfrage mit.

Den Vorwurf von Insidergeschäften wies der Versicherer also von sich.

Festes Kaufschema

Für detaillierte Informationen solle sich muula.ch aber bitte an die ZKB wenden, hiess es weiter.

Vielleicht macht es sich Swiss Life damit aber zu einfach, schliesslich muss auch der Versicherer ein Interesse daran haben, dass bei seinem Aktienrückkaufprogramm alles mit rechten Dingen zugegangen ist.

Es ist aber nicht ungewöhnlich, dass Firmen solche Rückkaufprogramme eigener Aktien an Externe delegieren, eben gerade, um Vorwürfen von Insidergeschäften entgegenzuwirken.

Normalerweise werden extrem grosse Kaufaufträge bei einigen Unternehmen sogar mehrere Tage im Voraus, notariell beglaubigt, festgelegt, damit keine aktuellen News in die Entscheide einfliessen können und jemand hinterher Insiderhandel vorwerfen kann.

Überraschende Entwicklungen

Bei Swiss Life und ZKB fällt allerdings an der grossen Order auf, dass die Zeitung «FuW» bei den am 1. März bekanntgegebenen Resultaten für das Geschäftsjahr 2022 etwa von völlig überraschenden Entwicklungen sprach und das Blatt in einer Analyse sogar zwei Analysten zitierte.

Vontobel-Analyst Simon Fössmeier wertete etwa die Dividendenerhöhung um 20 Prozent als «starkes Signal», vermeldete die «FuW».

Georg Marti, Analyst bei der ZKB, schrieb von «insgesamt vorteilhaften Kennzahlen, die getragen sind von weiteren operativen Verbesserungen», zitierte das Blatt quasi die damals neuesten Entwicklungen.

Zurückhaltender ZKB-Experte

Die beauftragte Bank kann somit wohl schwerlich alleine auf den Gedanken gekommen sein, dass bei Swiss Life eine positive Entwicklung stattfinden wird und sie just einen Tag vor der Bekanntgabe der Jahresergebnisse einen Mega-Kaufauftrag placieren sollte.

Ihr eigener ZKB-Analyst Marti stufte den Swiss-Life-Konzern laut der Webseite des Versicherers nämlich erst Mitte Mai dieses Jahres mit «Kaufen» ein.

SIX und Finma gefragt

Die Fakten werfen jedenfalls weitere Fragen auf, etwa jene, warum die Staatsbank im Namen von Swiss Life plötzlich kaufwütig wird, wenn ihr eigener Experte zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal euphorisch ist?

Der Kaufauftrag am 28. Februar ist ein Vielfaches vom üblichen Transaktionsvolumen; auf 4000 Aktien bezogen liegt es über 500 Prozent über den üblichen Deals.

Zudem will man als Externer ja sofort wissen, wie das Geldhaus ZKB von dem Versicherer incentiviert ist, um möglichst günstig an die Swiss-Life-Aktien zu kommen?

Und obendrein dürfte interessieren, warum die Schweizer Börse SIX und die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma diesen merkwürdigen Grossauftrag nicht näher unter die Lupe genommen haben.

Fragen über Fragen – muula.ch bleibt jedenfalls am Ball.

01.06.2023/kut.

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