
Die Schweiz setzt grosse Hoffnungen in ein Freihandelsabkommen mit Thailand. Doch bei näherer Betrachtung macht sich Ernüchterung breit.
Die Schweiz verspricht sich von einem Freihandelsabkommen mit Thailand viel, zumal Grossbritannien und die EU noch nicht über einen solchen Vertrag verfügen.
Der Bundesrat segnete dieser Tage das thailändische Abkommen der vier Efta-Staaten, zu denen die Schweiz gehört, ab.
Übertriebene Darstellung
Der bilaterale Güterhandel von 7,4 Milliarden Franken im Jahr 2023 verdeutliche, dass Thailand einer der wichtigsten Handelspartner der Schweiz in Südostasien sei, frohlockte die Landesregierung in einem Communiqué.
Doch das ist ziemlich übertrieben.
Wer nämlich in die Botschaft des Bundesrates zu dem Freihandelsabkommen für das Parlament schaut, sieht, dass der eigentliche Aussenhandel im Jahr 2023 nur bei 2,18 Milliarden Franken lag.
Der Rest sind Edelmetalle um Gold & Co.
Minimalzuwachs nach 35 Jahren
Die Entwicklung des eigentlichen Aussenhandels zwischen der Schweiz und Thailand lässt zu wünschen übrig.
Im Jahr 1990 handelten die Schweiz und Thailand Güter im Wert von 780 Millionen Franken, hiess es in dem Bericht weiter.
In 35 Jahren kamen also bloss 1,4 Milliarden Franken hinzu. Das Bruttoinlandprodukt der Schweiz beträgt derzeit wohlgemerkt rund 800 Milliarden Franken pro Jahr.
Auch profitiert Thailand mehr vom Handel als die Schweiz, was kaum zu glauben ist. Die Schweizer Exporte nach Thailand im Jahr 2023 beliefen sich mit 975 Millionen Franken nicht einmal auf eine Milliarde Franken und die Importe aus Thailand erreichten auf 1,21 Milliarden Franken.
Investitionen in Gastgewerbe
Zu den wichtigsten Exportgütern der Schweiz nach Thailand gehören Uhren um Rolex, Swatch & Co.
Pharmazeutische Produkte um Novartis, Roche & Co., Maschinen und Schweizer Präzisionsinstrumente erfreuen ebenfalls die Thailänder.
Bei den Importen aus dem asiatischen Land sind es Uhrmacherwaren, Maschinen, Land- und Forstwirtschaftsprodukte sowie Leder.
Schweizerische Investitionen fliessen laut der Botschaft mehrheitlich in die Bereiche Gastgewerbe, Uhrenindustrie, Finanzdienstleistungen und Elektronik.
Autozulieferer und Nespresso aussen vor
Zahlenmässig verspricht das Abkommen also keine grosse Entwicklung.
Es ist und bleibt der Handel mit Edelmetallen, welcher die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Thailand und der Schweiz massgeblich prägt.
«Der für Thailand sensible Automobilbereich wird nicht umfassend liberalisiert», steht weiter in der Botschaft nüchtern.
Die Schweizer Automobilzulieferer schauen also in die Röhre.
Kaffeekapseln um den Nahrungsmittelhersteller Nestlé & Co. sind vom zollfreien Marktzugang sogar ausgeschlossen.
Pharma weiter mit Hürden
Pharmazeutische Erzeugnisse mit Ursprung Schweiz erhielten nach spätestens zehn Jahren Zollfreiheit, wobei Thailand für gewisse Medikamente nur eine Zollreduktion um 50 Prozent binnen 15 Jahren gewährt.
Also auch die Basler Pharmakonzerne um Roche, Novartis & Co. haben nicht einmal volle Handelsfreiheit.
Wirkung frühestens ab 2041
Unter dem Abkommen würden für 99,7 Prozent der heutigen Schweizer Ausfuhren nach Thailand Zollerleichterungen gelten, hiess es weiter freudig im Communiqué.
Doch teilweise gelten Übergangsfristen und erst nach Ablauf dieser Fristen könnten Schweizer Exporteure jährliche Zolleinsparungen von bis zu 63 Millionen Dollar realisieren, erklärten die Beamten extra in der amerikanischen Währung, damit es nach mehr aussieht.
In Franken wären es nicht einmal 50 Millionen. Da haben die Verhandlungsdelegationen in den 10 Verhandlungsrunden wahrscheinlich mehr Geld auf den Kopf gehauen.
Die Übergangsfristen laufen auch 15 Jahre, was heisst, dass die Zolleinsparungen erst nach dem Jahr 2041 voll zur Geltung kämen, aber nur, falls das Abkommen auch im nächsten Jahr in Kraft gesetzt würde.
Korruption als Handelshemmnis
Das Freihandelsabkommen soll auch Handelshemmnisse, wie Zollkontrollen oder verbindliche Auskünfte in Englisch, erleichtern.
Wer Schweizer Exporteure zu Thailand befragt, hört jedoch lautes Jammern über Korruption.
Nicht umsonst landet das asiatische Land regelmässig unter den schlechtesten Korruptionsratings von Transparency International.
Die Schweiz erhält in der Bewertung 80 Punkte und Thailand kam mit nur 34 Zähler auf Platz 107 von 180 Ländern, was die ernsthaften Korruptionsprobleme verdeutlicht.
Bestechungsgelder kämen für Schweizer Exporteure quasi als Betriebsausgaben hinzu, doch solches Gebaren lohnt sich oftmals kaum.
Kooperation der Behörden
Im Bericht des Bundesrates gibt es noch eine Aussage dazu, was passiert, wenn die Schweiz das Freihandelsabkommen mit Thailand nicht ratifizieren würde.
Von Nachteilen gegenüber der EU und Grossbritannien fällt eine Bemerkung auf:
«Ein Nichtabschluss eines Abkommens mit Thailand hätte gleichzeitig bedeutet, auf die durch das Abkommen geschaffene zusätzliche Rechtssicherheit für Schweizerische Wirtschaftsbeteiligte und eine engere Behördenzusammenarbeit in den dafür vorgesehenen Gremien zu verzichten.»
Dies klingt, als würden Schweizer Beamte im Staatssekretariat für Wirtschaft Seco und im Wirtschaftsdepartement WBF um ihre Dienstreisen nach Thailand bangen.
01.07.2025/kut.