Daten der Assekuranz verraten Lebensstil der Schweizer

Luxusautos auf Schweizer Strassen
In Schweizer Städten gibt es viele Luxusautos. (Bild: E. Velázques / pixabay)

Die Prämienentwicklung der Schweizer Privatversicherer offenbart so manches Geheimnis der Bevölkerung. Und an der Branche prallen sogar (fast) alle Krisen ab.

Eigentlich sollte sich das ganze Land auf die Daten des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV stürzen. Dann würde nämlich vielerorts klar, warum die Schweiz tickt, wie sie tickt.

So nehmen die Privatversicherer der Schweizer Bevölkerung und den hiesigen Unternehmen einige Risiken ab und an der Datenentwicklung in der Assekuranz zeigen sich Trends sowie zahlreiche Eigenschaften der Versicherten.

Mehr Gebäude

Die Prämieneinnahmen stiegen 2022 gegenüber dem Vorjahr beispielsweise um hohe 8,3 Prozent in der Feuer- und Elementarschadenversicherung, wie der SVV auf seiner Jahresmedienkonferenz am Dienstag bekanntgab und an der auch muula.ch teilnahm. 

Haupttreiber für die starke Zunahme in diesem Bereich seien der wachsende Gebäudebestand der Schweiz sowie steigende Versicherungssummen pro Gebäude, wie es weiter hiess.

Daran zeigt sich, dass im Lande immer mehr gebaut wird und auch die Vermögenswerte grösser werden beziehungsweise sich zumindest das Bedürfnis nach mehr Risikoschutz für die Bauten erhöht.

Geleaste Luxusschlitten

Bei Versicherungen von Motorfahrzeugen geht es dann aber richtig ans Eingemachte. Die Prämieneinnahmen für Haftpflicht und Kasko legten 2022 gegenüber dem Vorjahr zwar nur um 0,3 Prozent zu.

Im Prämienanstieg spiegele sich aber klar der Trend zum Kauf von höherpreisigen Fahrzeugen sowie ein wachsender Leasing-Markt bei Autos wider, hiess es vom SVV als Begründung für den Zuwachs. Das heisst, teurere Autos müssen es in der Schweiz nunmehr sein – und bitte geleast.

Auf Preise schauen

Interessant ist dabei, dass in der Haftpflichtversicherung das Prämienvolumen um rund 1 Prozent gesunken ist, obwohl der durchschnittliche jährliche Zuwachs bei Fahrzeugen in den vergangenen zehn Jahren bei rund +1,2 Prozent liegt.

Die Versicherer nennen dies Wettbewerbsdruck, weil trotz mehr zugelassenen Fahrzeugen im Jahr 2022 ein geringeres Prämienvolumen resultierte.

Andersherum argumentiert, deckt die Schweizer Kundschaft die obligatorische Motorhaftpflicht einfach bei günstigeren Anbietern ab. Der Sparwille ist angesichts Inflation offenbar da.

Missgeschicke in der Freizeit

Mit 2,1 Prozent verzeichneten Unfallversicherungen zudem eine überdurchschnittliche Erhöhung des Prämienvolumens. Die Hauptursache dafür sind vor allem deutlich steigende Nichtberufsunfälle, die in den vergangenen Jahren deutlich zunahmen.

Die Freizeitaktivitäten sind für die Schweizer also wichtig – aber da passieren auch mehr Unfälle. Versicherer müssen da risikogerechte Beiträge verlangen, was zum Zuwachs bei den Einnahmen führt.

SVV Jahresmedienkonferenz in Zürich
Jahresmedienkonferenz des SVV (Bild: muula.ch)
SVV Jahresmedienkonferenz in Zürich
Jahresmedienkonferenz des SVV (Bild: muula.ch)

Daneben gab es noch einen Grund für den Prämienschub. Dies sind die kontinuierlich steigenden Lohnsummen, was auf einem wachsenden Unternehmensbestand infolge des Wirtschaftswachstums resultiert.

Das heisst, höhere Löhne werden in den Unfallprämien sichtbar, weil das Wirtschaftswachstum und die florierende Ökonomie zu besseren Lohnsummen für die Arbeitnehmer führen.

Kranke Psyche

Der gleiche Effekt mit den Lohnsummen sei auch beim Prämienanstieg von Krankentaggeldversicherungen sichtbar, hiess es vom SVV weiter. Weil es aber auch mehr Leistungen zum Beispiel infolge psychischer Erkrankungen gebe, müsse die Assekuranz reagieren und die Tarife heraufsetzen, was sich ebenfalls in höheren Prämien niederschlage.

Jährlich steigen freiwillige Versicherungen in diesem Bereich rund 2,5 Prozent pro Jahr.

Zum Schluss des Blicks in die Seele der Schweizerinnen und Schweizer muss man aber noch das aktuelle Thema zur BVG-Reform ansprechen, bei welchem alle Änderungsvorschläge auf dem Tisch der Politik in Bern liegen.

Eindrückliche Renditen

SVV-Präsident Rolf Dörig warnte am Dienstag hierzu aber klar, dass der Umwandlungssatz in der 2. Säule unbedingt gesenkt werden müsste, um ein zukunftsfähiges System zu erhalten. Die Schweiz müsse den demographischen Gegebenheiten in die Augen schauen.

Und auch dazu hat die Versicherungsbranche sofort Zahlenmaterial parat. Allianz Suisse CEO Ruedi Kubat betonte in seinem Referat, dass ein Umwandlungssatz von 6,8 Prozent eine lebenslange «Rendite» von rund 4,8 Prozent bedeute, die es erst einmal zu verdienen gelte.

Und ein Umwandlungssatz von 6 Prozent käme immer noch auf einen lebenslangen Verzinsungswert von 3,6 Prozent, was immer noch schwierig mit den Kapitalanlagen zu erzielen ist.

Einbrüche der Einnahmen

Die Versicherungsbranche rechne laut Dörig nach Umsetzung der BVG-Reform, bei der noch mit einem Referendum zu rechnen sei, wieder mit steigenden Prämieneinnahmen im Kollektiv-Lebengeschäft.

In den vergangenen zehn Jahren ging es bei den Beitragseinnahmen nämlich um rund 5 Prozent pro Jahr zurück. Zuletzt sank das Prämienvolumen 2022 hierbei um noch 1,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Langweilige Branche?

Nach sechs Jahren beziehungsweise zwei Amtszeiten wird SVV-Präsident Dörig von seinem Posten in diesem Jahr ausscheiden.

Der langjährige Verwaltungsratspräsident der Swiss-Life-Gruppe zeigte sich auf die Frage von muula.ch nach dem Erreichten sichtlich zufrieden, dass die Schweizer Versicherungsbranche insgesamt durch stürmische See, wie die Phase der Negativzinsen, die Coronavirus-Pandemie, die Lieferketten-Thematik und überhaupt durch ein sehr anspruchsvolles globales Umfeld, solide und stabil gekommen sei.

Die Assekuranz sei ein zuverlässiger Partner in der Volkswirtschaft, der Arbeitsplätze schaffe und eine hohe Wertschöpfung im Inland generiere.

All dies sei natürlich, so Dörig, manchmal vielleicht sogar etwas langweilig. Doch dies sei egal, solange man sich auf die Versicherer verlassen könne.

Kampf ums Wesentliche

Nicht egal sein dürfte dagegen, wie es beim SVV nach Dörig weitergeht. Es schleckt eben auch keine Geiss weg, dass die Branche nicht immer einer Meinung ist und die verschiedenen Ansichten beim Interessenverband der Schweizer Versicherer durchaus manchmal lautstark aufeinanderprallen. Das ist dann gar nicht langweilig.

Dörig mahnte allerdings, für gute Rahmenbedingungen in der Schweiz und für die Branche müsse man ständig kämpfen.

Da braucht es wahrscheinlich innerhalb der Assekuranz nicht auch noch Grabenkämpfe.

31.01.2023/kut.

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