Finma-Präsidentin verstrickt sich in weitere Widersprüche

Finma-Präsidentin Marlene Amstad
Die Finma-Präsidentin Marlene Amstad kommt wegen ihrer Amtsführung unter Druck. (Bild: PD)

Die Finanzmarktaufsicht Finma hat ein grosses Problem. Doch es heisst weder Credit Suisse, Instrumentenkasten der Behörde noch AT-1-Bonds.

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma versinkt immer weiter im Sumpf ihrer eigenen Probleme.

Die Präsidentin des Amtes, Marlene Amstad, verliert eine Führungsperson nach der anderen.

Doch Fehler in ihrer Amtsführung erkennt die Technokratin keine.

Weiteres GL-Mitglied geht

So teilte die Finma am heutigen Donnerstag mit, dass Johanna Preisig, die seit März 2020 den Geschäftsbereich Strategische Grundlagen leitet, die Aufsichtsbehörde verlassen werde.

Das ist insofern von Bedeutung, als sie Mitglied der Geschäftsleitung ist. Von dort hatten bereits mehrere Persönlichkeiten die Flucht ergriffen, wie auch muula.ch berichtete.

Testamentsverwalterin wirft Handtuch

Die 47-jährige Juristin Preisig war schon seit 2014 im Bereich Solvenz und Kapital von Banken für die Finma tätig.

Im Jahr 2016 übernahm sie eine Leitungsfunktion im Geschäftsbereich Recovery und Resolution, also der Abwicklung von Finanzinstituten.

Dabei habe sie insbesondere die Recovery- und Resolutionplanung systemrelevanter Banken vorangetrieben, hiess es zur Würdigung.

Mit Missständen arrangieren

Der Zürcher «Tages-Anzeiger» schrieb in seiner Printausgabe vom heutigen Donnerstag, der Aderlass sei bei der Behörde einerseits auf Amstads Mikromanagement sowie andererseits auf die Nutzlosigkeit des Amtes zurückzuführen.

Im Falle eines Falles kann die Finma gegen die übermächtige Schweizer Finanzwelt, die stark mit der Politik verbandelt ist, eigentlich nichts ausrichten, so der Tenor.

Eine Änderung der zwei Gegebenheiten ist selbstverständlich nicht in Sicht – somit ergreifen Mitarbeiter die Flucht.

Wie muula.ch bereits berichtete, arrangiert sich das Personal entweder mit den Missständen, oder es wirft kurzerhand wieder das Handtuch.

Offenbar wird es nun aber selbst langjährigen Angestellten zu bunt.

Viele Ungereimtheiten

Doch das sind nicht die einzigen Dinge, die sich bei der Finanzmarktaufsicht abspielen.

Amstad selbst, die mit einem Interview in der «Neuen Zürcher Zeitung» diese Woche offenbar die Flucht nach vorne ergreifen wollte und ihren Führungsstil verteidigte, verstrickte sich stattdessen in weiteren Widersprüchen.

So wiederholte sie den Umstand, dass an besagtem Sonntag, als der Untergang der Krisenbank Credit Suisse (CS) bekanntgegeben wurde, zwei Lösungen auf dem Tisch gelegen hätten: einerseits die Übernahme durch die Grossbank UBS, andererseits die Sanierung der CS.

«Die Sanierung war juristisch vorbereitet, mit den Behörden im Ausland abgestimmt und unterschriftsreif», sagte sie. Doch die Finma habe mit der Notfusion der CS zur UBS die risikoärmste Variante gewählt, behauptete sie.

Schwammige Situation

Ob diese Aussagen so stimmen, ist in zweierlei Hinsicht fraglich. Es gibt zahlreiche Aussagen, dass die Fusion der CS mit der UBS von langer Hand geplant gewesen sei.

Und ob die Notfusion sowie die Enteignung von Aktionären sowie AT-1-Bondholdern wirklich die risikoreichste Variante war, steht noch gar nicht fest.

Zahlreiche Klagen kommen derzeit auf die Schweiz zu, wie auch muula.ch berichtete, die Milliarden kosten könnten.

Amstad behauptet jedoch: «Es war klar, dass die Übernahme durch die UBS für die Stabilität und die Reputation des Finanzplatzes Schweiz am risikoärmsten ist», hiess es.

Wechsel von Zuständigkeiten

Neben diesem Aspekt zur CS gibt es allerdings noch weitere Widersprüche.

Die Aufsichtsbehörde hätte die Krisenbank stets genauestens beobachtet, hiess es immer von der promovierten Finma-Präsidentin. Für die beiden Grossbanken stellte die Finanzmarktaufsicht aber nur je sechs Personen für die UBS und für die CS ab.

Für die fusionierte Monsterbank UBS arbeiteten nunmehr allerdings direkt 20 Personen und nochmal 20 indirekt, erklärte Amstad den Ausbau der Aufsichtstätigkeit in dem Interview.

Demnach war die Oberkontrolle über die Schweizer Grossbankenwelt wohl doch nicht ausreichend gewesen, wenn es nun für die fusionierte Bank so viele Mitarbeiter braucht.

Schweigen im Walde?

Amstad erklärte obendrein, ihr wichtigstes Mittel sei das Enforcementverfahren. Doch über solche Massnahmen dürfe sie die Öffentlichkeit laut Gesetz nicht informieren.

Dann kommt sie allerdings doch mit fünf der rund 40 aktueller solcher Verfahren an die Medien, weil diese von besonderer Tragweite seien. 

Was ist mit den anderen? Warum leitete die Behörde diese Enforcementverfahren überhaupt ein, wenn sie offenbar unwichtig waren?

All dies bleibt im Dunkeln und löst Schulterzucken aus.

Zwiespältige Angaben

Professorin Amstad sagte im Verteidigungs-Interview mit der «NZZ» aber auch, dass sie mit der Arbeit der operativen Führung der Finma, also mit Direktor Urban Angehrn, sehr zufrieden gewesen sei und die beiden «sehr gut zusammengearbeitet» hätten.

Doch unter Medienvertretern erzählt man sich da etwas anderes.

Ausserdem tritt sie Angehrn in dem Interview direkt ans Bein. In der «NZZ»-Onlineversion des Interviews hiess es auf die Frage nämlich, wie wichtig praktische Bankerfahrung bei der künftigen Finma-Direktion sei:

«Es ist wichtig, dass der zukünftige Direktor wieder eine gewisse Breite an Erfahrung mitbringt und der Aufgabe der Aufsicht über die grossen Institute gerecht werden kann».

Differenz zwischen Print und Online

Dieser Satz geht unter die Haut, weil er im engen Sinne des Wortes einen Angriff auf den derzeitigen Direktor darstellt, der hauptsächlich Erfahrungen aus der Versicherungsbranche mitbrachte.

Selbst sprachlich verrät die von Amstad verwendete männliche Form, dass Anghern offenbar von den Grossbanken nicht ernst genommen wurde.

In der Print-Version der «NZZ» wurde dieser Passus allerdings entfernt.

Somit entfällt der Angriff etwa in wichtigen Mediendatenbanken.

Lauter Fragezeichen

Die Widersprüche der Finma sind jedenfalls eklatant.

Es bleibt ein Rätsel, warum die CS überhaupt untergehen musste, obwohl die Aufsichtsbehörde keinerlei Schwächen in ihrer Arbeit oder beim Kennzahlen-System der Behörde sieht.

Die Personalabgänge bei dem Amt wischt die Finma-Präsidentin mit der Aussage «Jeder dieser Fälle hatte spezifische Gründe» beiseite.

Und wie sie die operative Führung der Finma, welche der Direktion obliegt, vom Verwaltungsrat aus handhabt, der für die Strategie und Geschäfte von besonderer Tragweite zuständig ist, bleibt ebenfalls Amstads Amtsgeheimnis.

Das Hauptproblem der Behörde scheint also klar die Präsidentin zu sein.

21.09.2023/kut.

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