Weko sieht gute und böse Kartelle

Sind Absprachen unter Firmen richtig oder verboten? (Bild: John Hain / pixabay)

Die Wettbewerbskommission Weko heizt den Streit über Absprachen zwischen Unternehmen an. Doch was ist wirklich nötig?

Die Wettbewerbskommission Weko hat in jüngster Zeit gleich zwei Massnahmen vorgenommen, die Kontroversen über die Funktionsweise von Wettbewerb am Schweizer Markt ausgelöst haben.

So aktualisierte die Weko ihre Sichtweise zu Absprachen von Firmen auf verschiedenen Marktstufen, wie sie am Mittwoch mitteilte.

Damit, also mit den neuen Regeln bei vertikalen Marktabsprachen, reagiere sie auf die jüngste Rechtsprechung und Fallpraxis in der Schweiz, hiess es.

Ausnahme von der Regel

Normalerweise verbietet das Kartellrecht eigentlich Abreden von Unternehmen, welche den Wettbewerb stark einschränken oder womöglich sogar vollständig eliminieren. Dabei geht es praktisch immer um Vereinbarungen über Preise, Mengen oder Marktgebiete. 

Absprachen zwischen Unternehmen auf verschiedenen Marktstufen, also etwa zwischen Herstellern und Detailhändlern, sind aber an der Tagesordnung. Und genau solche Vereinbarungen erhöhen gemäss der Weko aber in der Regel die Effizienz innerhalb einer Produktions- oder Vertriebskette.

Belebung der Konkurrenz

Es sind quasi «gute» Kartelle, weil sie zum Beispiel die Herstellungs- und Vertriebskosten senken, die Waren, Dienstleistungen beziehungsweise die Herstellungsverfahren verbessern oder etwa die Forschung fördern.

Eine Unterscheidung nach solchen Fällen könnte also tatsächlich positiv auf die Wettbewerbssituation wirken.

Ein ausländischer Autohersteller könnte also beim Import von Kraftfahrzeugen in die Schweiz auf entsprechende Vertriebsabsprachen hinwirken und dadurch günstiger am Markt auftreten, was die Konkurrenz eben belebt. Aber der Teufel steckt da sicher immer im Detail.

Klare Verbote

Gewisse Vereinbarungen, wie Preisbindungen und Abschottungen des Schweizerischen Marktes, sind jedoch grundsätzlich unzulässig. Die Weko und die europäische Wettbewerbsbehörde zeigen daher in ihren jüngsten Publikationen auf, welche Verhaltensweisen erlaubt sind und welche nicht.

Die EU aktualisierte ihre Regeln per 1. Juni 2022 und berücksichtigt unter anderem die Erkenntnisse im Bereich des Online-Handels und erlaubt eine grössere Flexibilität bei der Gestaltung von Vertriebssystemen.

Die Weko stelle daraufhin sicher, dass auch hierzulande weiterhin grundsätzlich die gleichen Regeln zur Anwendung kommen wie in der EU, hiess es diesbezüglich. Zudem berücksichtigt sie die jüngste Schweizerische Rechtsprechung und Fallpraxis.

Dazu gehört der Leitentscheid des Bundesgerichts zu sogenannten Hors-Liste-Medikamenten über Preisempfehlungen.

Prüfschema bei Unklarheiten

Die Bekanntmachung trete am 1. Januar 2023 in der Schweiz in Kraft. Die Unternehmen haben laut dem Communiqué nun ein Jahr lang Zeit, ihren Vertrieb an die neuen Regeln anzupassen.

Im Dokument gibt es ein praktisches Prüfschema beziehungsweise einen Ablaufplan zur Kontrolle, ob die Massnahmen der Firmen in den Augen der Wettbewerbshüter den Konkurrenzkampf behindern oder nicht beziehungsweise ihre Marktmacht ausnutzen.

Verhalten ausschlaggebend

Wettbewerbsabreden gibt es laut dem Kartellrecht, falls öffentliche wie private Unternehmen bewusst zusammenarbeiten und damit eine Beschränkung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken.

Eine rechtlich verbindliche oder schriftliche Vereinbarung ist dabei nicht einmal nötig, sondern es reicht schon, wenn Firmen ihr Verhalten am Markt in welcher Form auch immer aufeinander abstimmen.

Auch Preis- und Kalkulationsempfehlungen eines Verbandes sind beispielsweise unzulässig, wie die «Unternehmer-Zeitung» unlängst ausführlich über das Thema berichtete.

Banken als Streitpunkt

Schweizer Firmen müssen also aufpassen, wenn sie Preise oder Offerten absprechen, unverbindliche Preisempfehlungen aussprechen, Exklusivverträge abschliessen, Gebietsabsprachen treffen oder aber nur schon Informationen über Geschäftsdaten austauschen.

Und genau da landet man bei der zweiten Massnahmen, welche die Weko unlängst vorgenommen hat. Sie leitete eine Prüfung bei Banken über mögliche Wettbewerbsverletzungen ein, weil 34 Schweizer Kreditinstitute ihre Lohndaten munter ausgetauscht hatten, wie auch muula.ch berichtete.

Dabei reagierten merkwürdigerweise auf die Aktion der Weko sogar die Vertreter des Bankenpersonals gereizt, weil sie den Austausch der Daten gar nicht so schlecht finden und darin überhaupt keine Absprachen der Arbeitgeber zum Nachteil der Arbeitnehmer sehen. Das war schon komisch.

Stich ins Wespennest

Der Austausch von Informationen unter Konkurrenten, also auf gleicher und somit horizontaler Ebene, könnte wissenschaftlich betrachtet aber ein «böses» Kartell sein, weil das Ganze den Wettbewerb ausschaltet.

Die Bankangestellten könnten eventuell in Einzelverhandlungen mehr Geld herausholen, wüssten die Banken nicht, was die Konkurrenz für vergleichbare Positionen zahlt.

Und genau da sticht die Weko in ein Wespennest, denn es ist nicht auf Anhieb klar, ob der Austausch von Lohndaten tatsächlich die wirtschaftliche Effizienz der Geldhäuser steigert und somit eigentlich ein gutes Kartell aber auf vertikaler Ebene darstellt.

Die Banken hat es zwar aufgescheucht, doch eine vertiefte Abklärung der Wirkungsweisen macht durchaus Sinn.

15.12.2022/kut.

Weko sieht gute und böse Kartelle

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