Zürcher Obergericht sendet Signal mit Gazprombank-Urteil

Das Zürcher Obergericht
Das Zürcher Obergericht hat ein weitreichendes Urteil gefällt. (Bild: PD)

Geldgeschäfte eines Putin-Vertrauten beschäftigen seit Jahren die Justiz der Schweiz. Ein Schuldspruch von Bankpersonal setzt aber ein Zeichen.

Das Zürcher Obergericht hat vier für die Risikoprüfung einer Schweizer Bank verantwortliche Personen zu bedingten Geldstrafen verurteilt.

Die Richter monierten ungenügende Sorgfalt bei Finanzgeschäften, teilte das Gericht auf eine Anfrage von muula.ch mit.

Sehr hohe Vermögenswerte

Bekannt ist, dass es sich bei dem Fall um den russischen Geiger und Dirigenten Sergei Roldugin und seine Konten bei der Gazprombank Schweiz handelt.

Darüber flossen Millionenbeträge und das Geldhaus schloss die Konten im Herbst 2016.

Die im Strafgesetz geforderten Abklärungen zur wirtschaftlichen Berechtigung hätten auch verlangt, dass man Abklärungen dazu macht, wie der Kontoinhaber R. zu Dividenden in der Höhe von rund 5 – 7 Millionen Franken jährlich kommt beziehungsweise wie er zu einer 20 Prozent-Beteiligung an einem Medienunternehmen gelangt sei, hiess es weiter.

Allein die Beteiligung an dem Medienhaus hätte aufgrund der Dividenden mutmasslich einen Wert von weit über 100 Millionen Franken gehabt.

Hinweise auf Hintermänner

Nur die passive Kenntnisnahme der Behauptung, wonach R. diese Beteiligung durch Erwerbseinkommen und Darlehen erworben habe und, dass er ein Einkommen von mehr als 1 Million Franken erziele und über ein Vermögen von mehr als 10 Millionen Franken verfüge, seien noch keine rechtlich ausreichende Überprüfung oder Plausibilisierung, erläuterte das Gericht.

Insbesondere die Angabe, wonach die Beteiligung teilweise durch Darlehen erworben worden sei, könnte auf eine sogenannte Strohmannfinanzierung hindeuten, welche Abklärungen der Bank nötig gemacht hätten, so das Gericht.

Knapper Entscheid

Die Beschuldigten hätten im Wesentlichen nur Abklärungen zur Identität von R. und zu den «leeren Firmenhülsen», über welche die Zahlungen liefen, gemacht.

Demgegenüber seien aber keine Abklärungen zur wirtschaftlichen Berechtigung an der 20 Prozent-Beteiligung an dem Medienunternehmen gemacht beziehungsweise dokumentiert.

Das Vorgehen der Bankmitarbeiter reichte den Richtern im 2:1-Entscheid also ganz und gar nicht aus. Ähnlich hatte es das Bezirksgericht Zürich bereits gesehen.

Obergericht gegen Bundesgericht

Welche Person tatsächlich der wirtschaftlich Berechtigte an den fraglichen Vermögenswerten war, blieb allerdings offen. Es könne nicht rechtsgenügend festgestellt werden, dass jemand anderer als R. der wirtschaftlich Berechtigte sei.

Der Umstand, dass R. aus dem Umfeld des russischen Staatspräsidenten stammt, sei noch kein strafrechtlich genügender Beweis, dass R. bloss treuhänderisch operiert habe, so die Erläuterungen zum Urteil.

Die Frage der «wahren» wirtschaftlichen Berechtigung bleibt aber nach Auffassung des Obergerichts Zürich rechtlich ohne Bedeutung.

Das Bundesgericht hatte dies allerdings schon mal anders gesehen.

Ohne Vorsatz gehandelt

Dass das höchste Gericht des Kantons Zürich zwar einen Mehrheits-, aber keinen einstimmigen Entscheid gefällt hat, zeigt, dass man die Situation bei der Gazprombank Schweiz durchaus auch anders sehen kann.

Die Minderheitsmeinung war laut einem Mediensprecher des Gerichts, dass der Umfang der Überprüfungspflichten im Jahre 2016 gesetzlich noch zu wenig klar geregelt gewesen sei.

Hinzu kam, dass es den Beschuldigten am Vorsatz gefehlt habe.

Bankchef mehr in Verantwortung

Der Schuldspruch, der noch ans Bundesgericht weitergezogen werden kann, traf den CEO der Bank am härtesten. Er muss 110 Tagessätze zu je 3000 Franken zahlen, was 330.000 Franken für das Vergehen wären.

Die anderen Personen kamen deutlich glimpflicher davon.

Das Urteil sendet in jedem Fall ein Warnsignal an die Schweizer Finanzwirtschaft, dass sie ihre Sorgfaltspflichten durchaus sehr genau im Auge behalten muss.

Das Gericht definiert klar, was im Falle eines Falles abgeklärt und dokumentiert werden sollte, um Klarheit über die Geschäfte ihrer Kundschaft zu haben.

25.06.2024/kut.

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