Der Wohlfahrtsstaat verdrängt Wohltätigkeit und fördert die Anspruchshaltung der Hilfeempfänger. Da gibt es nur einen Ausweg.
Immer mehr Wissenschafter widmen sich der Wirkung von unentgeltlichen Leistungen von Menschen, weil die Ökonomie für kostenlose Güter noch kaum gute Erklärungen hat.
Hält jemand einer anderen Person die Türe auf, hilft jemand einer anderen Person über die Strasse oder sorgt jemand für Ordnung vor seinem Haus, fliesst ja kein Geld. All dies hilft aber Passanten und Nachbarn oder sorgt für Sicherheit.
Staat treibt Individualisierung
Selbst bei der Erziehung von Kindern offenbart sich unentgeltliche Hingabe ohne eine Gegenleistung, von dem die ganze Gesellschaft letztlich profitiert.
«Wenn der Staat sich für die Erziehung der Kinder, die Betreuung der Alten und die Versorgung der Armen zuständig erklärt, enthebt er die Menschen ihres natürlichen Drangs und ihrer moralischen Pflicht, sich um ihre Mitmenschen zu kümmern», erklärte der Wirtschaftsprofessor Guido Hülsmann in einem Interview mit der deutschen Zeitschrift «Wirtschaftswoche».
Das Mitgefühl für andere nehme dabei ab und die Gesellschaft werde kaltherziger, erklärte er.
«Die Hyperindividualisierung, die wir derzeit erleben, ist nicht zuletzt eine Folge der Ausweitung des Sozialstaates», mahnte der Ökonom der Universität Angers.
Mehr Geld beim Volk
Dabei verschenke der Staat nichts, denn die staatlichen Ausgaben für Kinderbetreuung und die Pflege der Alten werden durch Steuern finanziert. Der Sozialstaat sei eigentlich unsozial, warnt der Ökonom regelmässig in dem Blatt.
«Ohne die Sozialausgaben des Staates hätten die Menschen mehr Geld im Portemonnaie», erklärte Hülsmann weiter. So könnten Menschen mehr spenden und selbst für die Wechselfälle des Lebens vorsorgen, betonte er.
Sinken der Anreize
«Die Finanzierung von Hilfen über den Sozialstaat lässt die Gesellschaft menschlich verarmen und mindert die sozialen Kontrollmöglichkeiten der Zuwendungsgeber gegenüber den Empfängern», sagte der Professor ganz professoral weiter.
Es sinke der Anreiz für Empfänger, alles zu tun, um auf eigenen Beinen zu stehen, weil der Bezug von Sozialleistungen auf gesetzlich fixierten Ansprüchen beruhe.
Private Vereine helfen
Die Geschichte zeige sogar, dass es in Ländern mit weniger Sozialstaat mehr private Wohltätigkeit gebe. Im 19. Jahrhundert habe es in den USA und in Grossbritannien mangels sozialstaatlicher Leistungen ein ausgeprägtes Netz an privaten Wohltätigkeitsorganisationen gegeben.
«Entstanden viele soziale Probleme, wurden private Vereine gegründet, um sie zu lösen», hiess es zudem. Der Ausbau des Wohlfahrtsstaates habe die privaten Initiativen nach und nach verdrängt.
In der Schweiz arbeiten viele Menschen aber noch gratis, wie muula.ch unlängst berichtete und für Aufsehen sorgte.
Das Gute kommt eben nicht vom Staat, sondern aus der Gemeinschaft, wie immer weniger Bewohner der Schweiz verstehen.
Vollkasko der Notenbanken stört
Selbst das Geldsystem trage generell zu dem Verdrängungsproblem des Staates von Privaten bei.
«Die Massnahmen der Zentralbanken zielen darauf ab, dass die Preise um zwei Prozent pro Jahr steigen», führte der Wirtschaftsprofessor diesbezüglich aus. Die stete Inflationierung stelle einen unwiderstehlichen Anreiz zur Aufnahme von Schulden dar, was aber die Wirtschaft anfällig für Krisen mache.
Die Notenbanken um die Schweizerische Nationalbank SNB & Co. retten dabei allerdings immer wieder das Geldsystem vor dem Kollaps und diese Vollkaskozusage führe letztlich dazu, dass Menschen immer grössere Teile ihrer Ersparnisse durch Fremdkapital hebelten und in den Finanzsektor steckten.
«Dadurch bleibt weniger Geld für Spenden übrig», sagte Hülsmann.
Eindämmen der Staatshilfe
«Die Finanzialisierung der Gesellschaft lässt die private Wohltätigkeit verkümmern», mahnte der Wirtschaftsprofessor in der aktuellen Ausgabe der «Wirtschaftswoche».
Damit plädiert er als einzigen Ausweg, den Wohlfahrtsstaat zu dimensionieren.
19.11.2023/kut.