Schwächen in der Kommunikation von Helvetia

Hauptsitz der Helvetia-Gruppe in St.Gallen
Bei der Helvetia-Gruppe bleibt für Externe vieles im Unklaren. (Bild: PD)

Die Versicherungsgruppe Helvetia hat offenbar Schwierigkeiten, Dinge zu artikulieren. Die Mitte des Jahres liegt für den Konzern bei Ende September.

So mancher Beobachter des Versicherungskonzerns Helvetia hat sich am heutigen Mittwoch die Augen gerieben. Das St.Galler Unternehmen legte seinen Halbjahresabschluss vor und Philipp Gmür präsentierte die Resultate.

Lücke im Zeitraum

Das war eigentlich der Konzernchef der Helvetia-Gruppe, der allerdings via Communiqué seinen Rücktritt per «Mitte Jahr 2023» erklärt hatte.

Offenbar ist er einfach über das Datum hinaus, das für viele Menschen, aber offenbar nicht für die Helvetia-Versicherung, den 30. Juni 2023 markiert, im Amt geblieben.

Gewiss, der Helvetia-Konzern hatte im April dieses Jahres bekanntgegeben, dass Fabian Rupprecht per 1. Oktober 2023 als Vorsitzender der Konzernleitung und Group CEO zu Helvetia stosse.

Was in der Zwischenzeit von Juli bis September ist, liess das Unternehmen aber offen.

Indirekte Informationen wichtig

Die Medienstelle von Helvetia teilte – angesprochen auf diese Unklarheiten – gegenüber muula.ch mit, dass wohl ein Missverständnis vorliegen müsse. Gmür sei bis Ende September im Amt und «Mitte Jahr 2023» sei nie an ein fixes Datum gebunden gewesen.

Gleichzeitig verweist der Helvetia-Mediensprecher auf einen Satz am Ende des langen Communiqués zur Ernennung von Rupprecht, der wie folgt lautet:

«Fabian Rupprecht wird am 1. Oktober 2023 das Amt als Group CEO von Philipp Gmür übernehmen, der Ende 2022 nach 30 Jahren bei der Helvetia Gruppe seinen Rücktritt angekündigt hat».

Damit ist also nicht einfach nur gemeint, dass Rupprecht das Amt von Gmür übernehme, sondern Externe müssen damit auch klar verstehen, dass der alte CEO seine Rücktrittserklärung zu «Mitte Jahr 2023» auf Ende September 2023 korrigierte.

Ewiger Rücktritt

Doch liest man das Zitat nochmal genau, scheint es die Helvetia mit den Daten tatsächlich nicht so genau zu nehmen, denn «Ende Jahr 2022» bedeutet ja auch der 25. Oktober 2022.

Dann gab die Gruppe nämlich ihre Medienmitteilung zum Rücktritt von Gmür bekannt.

Nach der Rücktrittsankündigung blieb der CEO also noch fast ein Jahr im Amt.

Börse verweist auf Firma

Da all dies börsenrelevante Sachen sein dürften, fragte das Wirtschaftsnews-Portal muula.ch bei der Schweizer Börse SIX nach, ob damit der Kommunikation Genüge getan sei.

Gemäss den anwendbaren Börsenregularien muss ein Emittent der SIX jeweils im Einzelfall beurteilen, ob eine in seinem Tätigkeitsbereich eingetretene Tatsache, wie beispielsweise ein CEO-Wechsel, kursrelevant sei oder nicht, teilte ein Mediensprecher der SIX Exchange Regulation SER mit.

Erachte der Emittent die Tatsache als kursrelevant, müsse er eine Ad-hoc-Mitteilung verbreiten, hiess es weiter.

Wie ein Emittent aber personelle Änderungen und Nachfolgen inklusive Übergaben intern konkret regelt, sei der Gesellschaft überlassen, so das Aufsichtsorgan der SIX zur Einhaltung der Börsenregeln.

Die SER kommentiere solche Sachverhalte aber nicht, erklärte der Mediensprecher.

Vergesslicher Chef

Der CEO-Wechsel scheint aber nicht die einzige Schwäche in der Kommunikation des Versicherers zu sein. Schaut man das Video des Noch-CEO zu den Halbjahresresultaten an, so scheint Gmür über einen völlig anderen Versicherungskonzern zu sprechen.

Seine drei Hauptpunkte lauten: starkes Kerngeschäft, hohe Widerstandskraft und der Umstand, dass die Helvetia-Gruppe ihre Wachstumschancen erfolgreich wahrnehme.

Kein Wort verliert er aber darüber, dass die gezeichneten Prämien und der Gewinn in der Sparte Leben gesunken sind, dass sich der kombinierte Schaden-Kosten-Satz im wichtigen Segment Sachversicherung um 1,2 Prozentpunkte auf 94 Prozent verschlechterte, oder dass etwa das Eigenkapital bezüglich «hoher Widerstandskraft» eigentlich um rund zehn Prozent auf 4,15 Milliarden Franken zurückgegangen ist.

Den Abschreiber von 27 Millionen Franken auf das Fehlinvestment Moneypark vergass der Alt-CEO offenbar zudem. Angaben, wie viel des Beitragszuwachses etwa durch teuerungsbedingte Prämienerhöhungen zurückzuführen sind, suchen Externe ebenfalls vergeblich.

Nicht wörtlich nehmen?

Zusammenfassend sei Helvetia, so Gmür, gut unterwegs.

Fragt man sich bloss, weshalb die Aktionäre sich von Helvetia-Titeln reihenweise verabschiedeten. Der Aktienkurs sank am heutigen Mittwoch jedenfalls um 1,2 Prozent, obwohl Gmür seinem Nachfolger «ein hervorragend aufgestelltes Unternehmen» übergebe.

Klar, wörtlich sollte man bei Helvetia die Angaben ohnehin nicht nehmen. «Mitte Jahr 2023» kann ja auch Ende September 2023 bedeuten.

Und hoffentlich sieht das der Versicherer auch nicht so streng, wenn die Kundschaft bei ihren Anträgen für Policen solch unklare Angaben macht.

27.09.2023/kut.

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