Neue Masche mit Coin-Betrug

Bei virtuellen Geschäften müssen Kunden immer besonders aufpassen. (Symbolbild: Pete Linforth / pixabay)

Die Krypto-Welt ist schon genug durchgeschüttelt worden. Nun erheben Behörden bei einem dreisten Coin-Betrugsfall im Ausland die Anklage, der aber auch locker in der Schweiz hätte passieren können.

Der Zusammenbruch der beliebten Krypto-Börse FTX hat die Welt bereits in Schock versetzt. Der 30-jährige Sam Bankman-Fried, der in den höchsten Kreisen von Politik und Wirtschaft agierte, soll sogar Betrug begangen haben.

Die Behörden sind derzeit dran, die Reste des Falls mit weltweit verschachtelten Firmenkonstruktionen zusammenzukehren.

Einfaches Prinzip

Da kommt eine Nachricht über einen Betrugsfall zum Portal muula.ch, der sich zwar in Deutschland zugetragen hat, aber durchaus auch hätte in der Schweiz passieren können.

Die Masche ist relativ einfach und sollte eine Warnung an alle sein, im Internet stets ein gesundes Misstrauen an den Tag zu legen.

Vorgaukeln von Situationen

Die Staatsanwaltschaft der norddeutschen Stadt Flensburg hat nämlich den 26-jährigen Betreiber eines Dating-Portals wegen schweren bandenmässigen Betrugs angeklagt.

Sie wirft ihm vor, eine Flirt-Seite betrieben zu haben, auf der angemeldete Nutzer, ohne es zu wissen, nur mit Angestellten chatten konnten.

Zu keinem Zeitpunkt war die Möglichkeit gegeben, mit tatsächlich an einem Flirt interessierten anderen Mitgliedern auf dem Portal Nachrichten auszutauschen. Um diese zu verschicken, mussten die Nutzer sogar «Flirtcoins» kaufen.

Jede Nachricht kostete ungefähr einen Euro, wie verschiedene Medien über den Fall berichteten. Auch Schweizer hätten all dies über des World-Wide-Web nutzen und somit hereinfallen können.

Komplizierte Ermittlungen

Die Partnerbörse legte es der Anklage zufolge darauf an, dass die zahlenden Mitglieder so lange wie möglich in den Unterhaltungen gehalten werden. Dafür erhielten die Moderatoren eigens Schulungen und Handlungsanweisungen, wie sie den Kunden vorgaukeln konnten, dass diese mit «echten» Menschen chatten würden.

Die Leiterin der Flensburger Staatsanwaltschaft, Stephanie Gropp, teilte nun der aktuellen Ausgabe der deutschen Zeitung «Welt am Sonntag» zu dem für die Behörden komplizierten Fall mit, dass «extrem aufwändige Ermittlungen» nötig gewesen waren, um das Geschäftsmodell überhaupt zu durchleuchten.

Das ist auch bei den grossen Insolvenzfällen der Krypto-Welt – angefangen von Voyager Digital über Celsius Network bis nun hin zu FTX – eigentlich immer der Fall, wie auch muula.ch bereits berichtete.

Kein Schutz bei Sorglosigkeit

Im Flensburger Polizeipräsidium wurde eigens eine Ermittlungsgruppe «Dating» eingesetzt, die sogar Telefone abhörte und verdeckt ermittelte. «Wir haben versucht, alle Mittel zum Einsatz zu bringen, die die Strafprozessordnung vorsieht», sagte Gropp. «Anders deckt man solche Geschäftsmodelle nicht auf», betonte die Staatsanwältin.

Der Verteidiger des Geschäftsmannes, Friedrich Fülscher, sieht aber die Rechtslage noch anders.

«Das Strafrecht ist nicht dafür da, den Bürger vor seiner grenzenlosen Sorglosigkeit zu schützen. Wer offenkundige Tatsachen ignoriert und zunächst über Monate einen Nutzen aus solchen Kommunikationen zieht, sollte sich im Nachgang nicht als Opfer sehen», sagte Fülscher gegenüber dem deutschen Blatt.

Schämen für Gutgläubigkeit?

Dies klingt fast wie die Angaben, die nun zur bankrotten Krypto-Börse FTX herauskommen. Nutzer mussten dort zwar keine «Flirtcoins», sondern den FTX-hauseigenen Token FTT kaufen, um Vorteile, wie günstiger Handelsgebühren zu bekommen.

Letztlich wurde in den Konten aber vorgegaukelt, dass das eingezahlte Geld der Nutzer auch da sei, obwohl es offenbar im Hintergrund anderweitig verzockt wurde.

«Als Zeuge in einem solchen Verfahren wird man sich auf viele unangenehme Fragen zu den konkreten Inhalten der Chats einstellen müssen», warnte der Anwalt von «Flirtcoins».

Es klingt fast wie eine Drohung, dass sich die Nutzer für ihre Gutgläubigkeit im Internet lieber schämen sollten.

19.11.2022/kut.

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