Der windschiefe Zahlenvergleich der Swiss

Fluggesellschaft Swiss Resultate Abschluss Airline Carrier Zahlenvergleich
Markus Binkert, Finanzchef der Swiss (Bild: PD)

Die Fluggesellschaft Swiss hat ihre neuesten Semesterresultate vorgelegt. Der Zahlenkranz gibt allerdings ein verzerrtes Bild auf die Situation.

Die Schweizer Vorzeigeairline Swiss hat die Verlustzone wieder verlassen. Der Premium-Carrier blickt im ersten Halbjahr 2022 auf einen operativen Gewinn von 67 Millionen Franken.

Keine Frage, nach den rund 400 Millionen Franken an operativem Verlust in der Vergleichsperiode des Vorjahres sind dies durchaus wieder positive Töne. 

Die Fluggesellschaft, die zum deutschen Lufthansa-Konzern gehört, frohlockte in dem am Donnerstag publizierten Communiqué, dass sie von Januar bis Juni rund 5,3 Millionen Passagiere und damit mehr als fünfmal so viel wie in der Vorjahresperiode befördert habe.

Viele Buchungen

Die Swiss habe zudem rund 47.000 Flüge durchgeführt, was immerhin 3,5-mal mehr als im Vorjahr gewesen seien, hiess es weiter. Mit der Anzahl der verkauften Sitzkilometer, die im Berichtszeitraum um gigantische 422,1 Prozent stieg, illustrierte die Fluggesellschaft auch die nachfragestarke Buchungslage eindrücklich.

Verbesserte Kostenstrukturen hätten auch dazu beigetragen, die Verlustzone wieder zu verlassen, wird Swiss-Finanzchef Markus Binkert zitiert. «Dies hat es uns auch ermöglicht, den vom Bund verbürgten Bankenkredit im zweiten Quartal vor Ende der Laufzeit zurückzuführen», betonte der Manager obendrein.

Unsachgemässer Vergleich

Also ist wieder alles im Lot? Keineswegs. Denn was bedeutet es schon, die Geschäftszahlen um mehrere Hundert Prozent gesteigert zu haben, wenn das Vergleichsjahr eigentlich aufgrund der grössten Luftfahrtkrise der vergangenen Jahrzehnte fast komplett ins Wasser gefallen war?

Müsste man nicht einen anderen Zahlenvergleich vornehmen, um die Geschäftslage besser beurteilen zu können? Gewiss. muula.ch stellt daher die aktuellen Semesterresultate der Swiss den Ergebnissen des ersten Halbjahres 2019 gegenüber.

Dieser Zeitraum war eine mehr oder weniger «normale» Geschäftsperiode, zumindest was das Reisen und die noch nicht ausgebrochene Coronavirus-Pandemie angeht.

Wandel von Plus- in Minuszeichen

Dabei zeichnet sich ein völlig anderes Bild, was die Vergleichswerte für die Lufthansa-Tochter angeht: Die operativen Erträge im zweiten Quartal 2022 sanken im Vergleich mit dem zweiten Quartal 2019 um 22,5 Prozent auf 1,1 Milliarden Franken.

Das operative Ergebnis von April bis Juni sackte um rund 42 Prozent auf 114,4 Millionen Franken ab. Und der Betriebsgewinn für das gesamte erste Halbjahr mit den besagten 67 Millionen Franken lag immer noch rund 73 Prozent unter dem Wert des ersten Semester 2019.

Die genannten 47.000 Flüge waren rund 36 Prozent unter jener Zahl des ersten Halbjahres 2019. Die Zahl der beförderten Passagiere lag mit 5,3 Millionen immer noch zirka 40 Prozent unter dem Vergleichswert.

Und der Sitzladefaktor, also ein Indikator für den Auslastungsgrad der angebotenen Kapazität, hinkte bei 73,6 Prozent noch immer 8,4 Prozentpunkte hinterher.

Provokation für Piloten

Es gibt für die Swiss – so illustriert jedenfalls der andere Blick auf den Zahlenkranz – noch alle Hände voll zu tun, um wieder auf Vorkrisenniveaus zu kommen. Zwar mahnt das Management der Premium-Airline im Ausblick auch die weiterhin sehr hohen Kerosinpreise sowie eine Abkühlung der Konjunktur an.

Doch für manch andere Wolken am Swiss-Flughimmel ist das Management selbst verantwortlich: Den aus dem Jahr 2018 stammenden Gesamtarbeitsvertrag mit dem Pilotenverband Aeropers hatte die Fluggesellschaft nämlich selbst zum erstmöglichen Termin per 31. März 2022 ordentlich gekündigt.

Das neuausgehandelte Vertragswerk wurde zu rund 80 Prozent abgelehnt und die Zeichen stehen nun auf Streik. Damit könnte das Wiedererlangen der Vergleichswerte aus dem Jahr 2019 in noch weitere Zukunft rücken.

04.08.2022/kut.

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