Denkhilfe für die Berner Politik

Die Schweiz steht finanziell mit dem Rücken zur Wand. Dabei gäbe es viele Sparmöglichkeiten – etwa bei sinnlosen Subventionen.

Die Schweiz gibt viel zu viel Geld aus als sie einnimmt und daher müssen Sparvorschläge her. Der Bund tut sich damit aber schwer.

Am heutigen Dienstag präsentieren Wissenschafter der Universität Luzern aber einen über 100-Seiten langen Report über Gelder, welche die Schweiz ohne Weiteres bei den Ausgaben einsparen könnte.

Subventionen ohne Sinn

Demnach werden 241 Bundessubventionen über 1 Million Franken basierend auf wissenschaftlicher Literatur und aus ökonomischer Sicht kritisch hinterfragt.

Erstes Sparpotenzial liegt bei 6,7 Milliarden Franken, und es betrifft Subventionen, die absolut keinen Sinn machen.

Bei ihnen überwiegt das Risiko eines wohlfahrtsmindernden Effekts.

Dies kann laut der Analyse der Fall sein, wenn die Subvention den freien und für die Konsumenten nützlichen Wettbewerb zwischen Unternehmen beeinträchtigt (Wettbewerbsverzerrung).

Klare Fehlanzeize

Es kann aber auch der Fall sein, wenn die Verteilung von knappen Ressourcen und Gütern nicht effizient erfolgt (Allkoationsverzerrung) oder wenn sie ungewollte Verhaltensweisen hervorrufen, die nicht im Einklang mit den gesetzten Zielen stehen (Fehlanreize) beziehungsweise wenn es sich um private Güter handelt, bei deren Erzeugung keine staatliche Partizipation vonnöten ist.

Auch fallen Subventionen in diese Kategorie, die langfristig effiziente Anpassungen von Rahmenbedingungen verhindern.

Beihilfen zu Pflanzenbau

Konkret stellt sich beispielsweise die Frage nach dem Sinn von rund 1,7 Milliarden Franken für ein Gebäudeprogramm und Bundeszuschüsse für den Netzzuschlagsfonds, die vor dem Hintergrund des Emissionszertifikatehandels kaum klimapolitische Wirkung entfaltet.

Bei direkten Branchenhilfen an die Landwirtschaft in Höhe von 3,3 Milliarden Franken handelt es sich vornehmlich um industriepolitische Subventionen, die eine starke Verzerrungswirkung nach sich ziehen.

Zu den kritisch eingeschätzten Subventionen zählen Direktzahlungen an die Landwirtschaft, Beihilfen zum Pflanzenbau und die Getreidezulage.

Viele Ausreden

Zwar dient das verfassungsmässige Ziel der Versorgungssicherheit als grundlegende Argumentationslinie.

Es könne aber kaum davon die Rede sein, dass die umfangreiche Subventionierung die Schweizer Nahrungsversorgung gegen externe Schocks umfänglich resilient gemacht habe, kritisierten die Wissenschafter vom Luzerner Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik IWP.

Geschenke an Uno & Co.

Aber auch kuriose Subventionen wie Zahlungen über 106 Millionen Franken an eine Immobilienstiftung in Genf, die subventionierte Darlehen für Bau- und Renovierungsvorhaben für internationale Organisationen finanziert, oder die Filmförderung über 43 Millionen Franken durch die Allgemeinheit sollte die Politik infrage stellen.

Logisch, dass der Schutzschirm über 4 Milliarden Franken für die Schweizer Energiewirtschaft oder die 109 Milliarden Franken zur Rettung der Krisenbank Credit Suisse überhaupt keinen Sinn machen, weil sie Fehlanreize festzementieren.

Als unsinnig wird auch der Bundeszuschuss an die Arbeitslosenversicherung von rund 550 Millionen Franken eingestuft, weil dies gemäss Versichertenprinzip eigentlich die Prämienzahler finanzieren müssten.

Insofern macht die Streichung des Reichen-Bonus in der ALV, wie muula.ch berichtete, schon gar keinen Sinn, wenn der Staat dann noch Hilfsgelder gewährt.

Über Beiträge finanzieren

Weniger klar, aber doch wissenschaftlich fragwürdig sind Schweizer Subventionen von weiteren 31,1 Milliarden Franken.

Betrachte man das Einsparpotenzial bei diesen tendenziell schädlichen Subventionsposten, so verliere das Gespenst der Konsolidierung schnell seinen Schrecken, schrieben die Autoren der Studie um die Ökonomen Christoph Schaltegger und Martin Mosler zu dieser Kategorie.

Hierbei fällt der Grossteil auf die Soziale Wohlfahrt, also etwa AHV, IV & Co.

Diese hätten eine sinnvolle Umverteilungsfunktion, sollten sich aber eigentlich vollkommen aus den Prämieneinnahmen finanzieren.

Als Beispiele zählen die Ökonomen die Ergänzungsleistungen in der IV auf.

Aber auch über Fürsorgehilfe von Auslandsschweizern oder Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitnehmer sollte das Land diskutieren.

«Gute» Staatshilfen

In der dritten und letzten Kategorie von 9,1 Milliarden Franken sehen die Wissenschafter eigentlich die einzige Form von Staatshilfen, die wohlfahrtsstiftend für die Schweiz sind. Dies ist beispielsweise bei der Adressierung von Marktversagen, das heisst der Bereitstellung reiner öffentlicher Güter oder der Kompensation für die Erzeugung positiver Externalitäten der Fall.

Darunter fallen Gelder für den Kinderschutz, die Staatsgelder etwa für den Nationalpark oder Bundesgelder für die zwei Eidgenössischen Technischen Hochschulen ETHs in Zürich und Lausanne.

In den ersten beiden Kategorien sollte die Berner Politik in sich gehen und fragen, ob sie angesichts leerer Staatskassen nicht einer Interessengruppe auf die Füsse treten sollte.

16.05.2023/kut.

Denkhilfe für die Berner Politik

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