Albert Rösti verrät EU-Trickli

SVP-Bundesrat Albert Rösti
Mit Bauernschläue versucht Albert Rösti einen Keil zwischen Brüssel und den EU-Mitgliedstaaten zu schlagen. (Bild: PD)

Albert Rösti will die EU beim Strom mit einem Kniff aushebeln. Andernorts findet der SVP-Bundesrat aber Brüssel gar nicht so schlecht.

Albert Rösti hat einen Weg gefunden, die Europäische Union (EU) zumindest in Bezug auf ein Stromabkommen auszutricksen. Die Schweiz könne auf Frankreich zählen, sagte er in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag».

Nur mündlich vereinbart

Er habe diese Zusage aber nicht nur vom Nachbarland Frankreich erhalten, sondern auch von Deutschland und Italien, führte der SVP-Bundesrat und Energieminister weiter aus.

«Natürlich sollten wir versuchen, ein Stromabkommen mit der EU zu erhalten», betonte Rösti. Die Schweiz habe ja die Zusagen von Frankreich, Deutschland und Italien nur mündlich.

Daher wäre es besser, die Verpflichtungen der Nachbarländer schriftlich zu haben, dass die Schweiz zum EU-Binnenstrommarkt gehöre.

Ignorieren von Brüssel

«Die EU will zwar ab 2025 eine Regelung erlassen, wonach ihre Mitgliedstaaten 70 Prozent ihrer Kapazitäten für den Binnenmarkt freihalten müssen», erklärte Rösti zur Sachlage. Ist die Schweiz da nicht dabei, könne sie weniger Strom importieren, machte er das Problem klar.

Für den Erfolg des «Schweizer Trickli», die Nachbarländer aufgrund ihrer Verflechtungen zur Schweiz beim Strom direkt in die Verantwortung zu nehmen, zeigte sich Rösti zuversichtlich.

«Die EU könnte schon sagen, wir schliessen euch aus, aber ich glaube nicht, dass das die Länder vollziehen würden», sagte der Minister. Es sei egal, was auf regulatorischer Ebene passiere, freute sich der Agronom regelrecht.

Wie gut das funktioniert hat, konnten die Schweizer während der Coronavirus-Pandemie sehen. Als es einen Mangel an Schutzmasken gab, leiteten die Nachbarländer einfach Lieferungen an die Schweiz nicht weiter, weil es eine Notsituation war – Verträge hin oder her.

Viele Verflechtungen

Dieses Jahr habe die Schweiz schon zweimal Deutschland mit Strom ausgeholfen und vergangenes Jahr einmal, erklärte Rösti zur Knappheitssituation. «Die umliegenden Länder wissen, wie wichtig die Schweiz mit ihrem Wasserschloss und ihren Speicherkapazitäten in den Stauseen für die Stabilität im europäischen Netzwerk ist», erklärte er weiter.

Ob die Schweiz gerade Strom an die Nachbarländer liefert oder bezieht, kann öffentlich ganz konkret nachvollzogen werden, wie muula.ch unlängst berichtete. Die Stromverflechtungen zu den EU-Ländern zeigt eine Webseite fast auf die Sekunde genau an.

EU darf Vorarbeiten leisten

Der Vorsteher des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), der wie seine Partei, die EU eher als Feind sieht, findet aber nicht alles an dem Bündnis schlecht, wenn es der Schweiz nützt.

«Ich bin klar der Meinung, dass die Schweiz eine KI-Regulierung benötigt», sagte Rösti zum Thema künstliche Intelligenz in dem Interview weiter. Er könne sich dabei sogar vorstellen, die EU-Regeln zu übernehmen, erklärte der zuständige Minister überraschend.

«Dann entstünden auch keine Wettbewerbsnachteile für einzelne Länder, führte der UVEK-Chef aus. «Eigentlich aber ist es eine globale Frage» und die Uno könnte auch eine Rolle spielen.

Letztlich zeigt sich an all dem, dass die Schweiz die Rosinenpickerei, welche den Nachbarländern und vor allem der EU ein Dorn im Auge ist, fortsetzen will.

Im Notfall darf Brüssel helfen

Rösti versucht sogar, die Atomenergie wieder salonfähig zu machen. «Die kurzfristige Strategie, um durch den Winter zu kommen, besteht aus dem Bau von Reservekraftwerken, Notstromgruppen und Wasserkraftreserven», erklärte der Energieminister diesbezüglich.

Mittelfristig müsse die Schweiz aber versuchen, genug erneuerbaren Strom zu produzieren. «Langfristig sollten wir aber technologieoffen sein», sagte Rösti und meinte Nuklearstrom.

Den Entschluss der Schweiz zum Atomausstieg bezeichnete er dabei als Fehlentscheid, den er aber als Energieminister akzeptiere. Der Widerspruch ist dann aber dabei, dass die Schweiz einfach Atomstrom aus Frankreich importiert und von französischen AKW profitiert.

Fliegt ein AKW in einem Nachbarland in die Luft, dürfte es auch ein Schweizer Problem darstellen und Rösti wird sicher froh um jede Hilfe aus Brüssel sein.

12.11.2023/kut.

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