Verdient die Schweiz mit Guten Diensten auch gutes Geld?

Bundespräsident Ignazio Cassis (Mitte) verrät über Twitter das Innenleben der Schweizer Botschaft in Iran.

Die Schweiz wird zu Recht für ihre internationalen Vermittlungsdienste gelobt. Doch für Daheimgebliebene sieht es so aus, als würden sie die Zeche dafür zahlen. Stimmt das?

In der «Neuen Zürcher Zeitung» war unlängst zu lesen, die Schweiz lasse sich die Guten Dienste für die USA in der Islamischen Republik Iran mit rund zwei Millionen Franken pro Jahr vergüten.

Das klang fast so, als würde die Schweiz mit ihren diplomatischen Vermittlungsbemühungen einen Reibach machen.

Mehrere Quellen

muula.ch fragte daraufhin bei der «Alten Tante» nach, woher die Zahl im Artikel eigentlich stammt. Diese, so teilten die Autoren mit, komme aus zwei Quellen. Einerseits berichtete die Zahl eine ältere Publikation des Center for Security Studies (CSS) an der Eidgenössischen Technischen Hochschule ETH Zürich.

Zudem werde die Grössenordnung im Grundlagenwerk von Paul Widmer «Diplomatie, ein Handbuch» genannt. Alles sollte also ungefähr stimmen.

Steuergeld für andere Länder

Die offizielle Schweiz springt ja häufig in die Bresche, falls zwei Staaten ihre Beziehungen ganz oder teilweise abbrechen. Die Schweiz hilft dabei, minimale Beziehungen zwischen den Streitparteien aufrechtzuerhalten. Diese als Gute Dienste bekannten Hilfeleistungen gibt es seit dem 19. Jahrhundert.

Aber wer bezahlt am Ende diesen Service, dass die Eidgenossenschaft zwischen Staaten vermittelt? Geht das Steuergeld der Schweizerinnen und Schweizer dafür drauf?

muula.ch erkundigte sich beim Eidgenössischen Aussendepartement EDA, wie es sich mit den Kosten für die Guten Dienste der Schweiz verhält, und was es mit den zwei Millionen Franken pro Jahr zum wichtigsten Schutzmachtmandat der Schweiz, jenem von den USA in Iran, auf sich hat.

Viele Durchlaufposten

Ein Mediensprecher des EDA erklärte, dass die Schweiz ihre Ausgaben, welche ihr für das Schutzmachtmandat für die USA im Iran anfielen, in Rechnung stelle und die USA diese bezahlten. Zu den konkreten Zahlen könne sich das EDA allerdings nicht äussern, hiess es weiter.

Generell bestehen Schutzmachtmandate aus konsularischen und/oder diplomatischen Tätigkeiten. Die Schweiz stelle den betroffenen Staaten die anfallenden Kosten für konsularische Tätigkeiten in Rechnung, teilte das EDA weiter mit.

Diese Ausgaben schwankten von Jahr zu Jahr und fielen somit jeweils sehr unterschiedlich aus.

Staaten mit eigenem Personal

Personell wird ohnehin einzig die Interessenwahrung für die USA im Iran durch Schweizer und lokales Botschaftspersonal der Schweizerischen Botschaft in Teheran ausgeübt, hiess es in einer Antwort des Bundesrates zum Postulat Béglé im Jahr 2016.

In allen anderen Fällen verfügten die vertretenen Staaten über mit eigenem Personal bestückte, weitgehend selbständig agierende Interessensektionen, welche nominell der Schweizerischen Botschaft angegliedert seien, hiess es.

Hilfe für US-Bürger

Die Interessen von den USA in Iran vertritt die Schweiz seit 1980. Die sogenannte Interessensektion der Schweiz in Teheran (siehe Foto von Twitter) wickelt sämtliche konsularischen Angelegenheiten der USA in Iran ab. Dazu gehören Passanträge, Zivilstandänderungen oder der konsularische Schutz von US-Bürgern.

Das Schutzmachtmandat geht auf die Geiselkrise von 1980 zurück. Die USA brachen die Beziehungen zu Iran ab, nachdem Iran die Islamische Republik ausgerufen hatte, Studenten die US-Botschaft in Teheran besetzt hatten und Mitarbeitende der Botschaft als Geiseln festhielten.

Kein Stundenlohn

Wie weitere Recherchen von muula.ch ergaben, verrechnet die Schweiz aber ihren Aufwand für diplomatische Tätigkeiten bei den Schutzmachtmandaten nicht.

Die Kosten dafür sind wahrscheinlich auch schwierig zu erfassen, denn die Topdiplomaten dürften ja kaum die genauen Stunden für die jeweiligen Tätigkeiten aufschreiben.

Weites Feld der Dienste

Neben Schutzmachtmandaten gehören aber noch viel mehr Dinge zu den Guten Diensten der Schweiz. So unterstützt sie Konfliktparteien bei der Suche nach einer Verhandlungslösung.

Die Schweiz steht aber auch für Mediationen zur Verfügung oder unterstützt Verhandlungen. So werden mit Hilfe der Schweiz etwa Gefangenenaustausche organisiert.

Ein wichtiger Pfeiler der Gaststaatpolitik der Schweiz ist auch die Ausrichtung von Friedenskonferenzen und Friedensverhandlungen unter eigener Schirmherrschaft, wie auch unter derjenigen der Uno.

Geld bleibt im Lande

Als Gastgeberin von solchen Friedensprozessen, etwa in Genf, Lausanne, Zürich oder in Bern, organisiert die Schweiz alles, was die Bereiche Logistik, Sicherheit und das Protokoll umfasst.

In der Regel sieht es die Übernahme der Aufenthaltskosten der Delegationen und die Zurverfügungstellung der Sitzungsräumlichkeiten vor, wie aus dem Bericht des Bundesrates zum Postulat Béglé weiter hervorgeht.

Das heisst, hierfür gehen also Schweizer Steuergelder drauf. Das Geld bleibt aber quasi im Lande und stützt die Lokalwirtschaft.

Multiplikatoreffekte gegeben

Indirekt nützt all dies aber dem guten Ruf der Schweiz und trägt zur internationalen Bedeutung bei. All dies ist Bestandteil der Schweizer Aussenpolitik und das Volk muss somit auch die Kosten dafür tragen.

Letztlich kommen mit dem guten Ansehen der Schweiz als internationale Drehscheibe für Diplomaten, Regierungen und deren Entourage – sei es etwa in Luxushotels oder in Gourmet-Restaurants – auch wieder fremde Gelder in Schweizer Kassen rein.

Die Schweiz bleibt also einerseits nicht auf den konsularischen Ausgaben sitzen. Und über die Ausgaben der Guten Dienste, welche die Diplomatie erbringt und andererseits von der Schweiz getragen werden, fliesst auch wieder neues Geld ins Inland.

12.12.2022/kut.

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