Microsoft, Google und Meta retten Menschenleben

Ein Tsunami
Menschen können vor einem Tsunami gewarnt werden. (Bild: T. Turner / unsplash)

Wirbelstürme, Überschwemmungen, Dürren: Extreme Wettereignisse werden für Menschen zur täglichen Realität. Frühwarnsysteme können Leben retten. Dafür schliesst sich die Uno mit Tech-Konzernen zusammen.

Die Frühwarnung vor Unwettern wirkt. Das ist das Fazit einer Konferenz der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) in Genf über die kostengünstige und bewährte Form, um Leben sowie Existenzgrundlagen vor Naturgefahren zu schützen.

Allerdings verfügen nur die Hälfte aller Länder über Frühwarnungssysteme zu Hochwassern, Hitzewellen, Stürmen, Erdbeben oder zu Tsunamis. Die Uno will dies ändern und bis Ende 2027 in allen Staaten solche Systeme einrichten.

Gute Rendite

Uno-Generalsekretär António Guterres startete die Initiative «Frühwarnung für alle» im vergangenen November an der Uno-Klimakonferenz in Scharm el Scheich.

Nach Uno-Angaben lohnen sich Frühwarnsysteme und bieten sogar eine zehnfache Investitionsrendite.

Demnach verhindern die Ausgaben von bloss 800 Millionen Dollar für solche Systeme in Entwicklungsländern jährliche Verluste von 3 bis 16 Milliarden Dollar.

Von Fidschi bis Uganda

Zunächst will die Uno mit der Initiative 30 besonders gefährdete Länder unterstützen.

Vor allem kleine Inselstaaten, wie Kiribati, Samoa, Fidschi und Tonga sowie wenig entwickelte Länder, darunter Bangladesch, die Malediven, Nepal, Laos, Kambodscha, Haiti, Guatemala, Ecuador, Somalia, Sudan, Tschad, Mosambik, Uganda oder Tadschikistan sind zunächst dabei.

KI ausnutzen

Doch auch der Privatsektor kann bei der Verwirklichung von Frühwarnungen eine wichtige Rolle spielen, indem er neue Möglichkeiten von Big-Tech und Künstlicher Intelligenz (KI) ausschöpft.

Mehrere Tech-Riesen um Microsoft, Google und Meta stellten daher an einer Veranstaltung der WMO in Genf vor, was sie zum Retten von Menschenleben beitragen.

Beschädigungen feststellen

Künstliche Intelligenz (KI), Satellitenbilder, Schutzkonzepte und das Microsoft-Gerätesystem könnten beispielsweise dabei helfen, verletzliche Personengruppen vor und nach einer Katastrophe zu unterstützen, sagte Chris Sharrock, Vizepräsident für Uno-Angelegenheiten und internationale Organisationen beim Microsoft-Konzern.

In Zusammenarbeit mit Uno-Organisationen setze Microsoft seine Instrumente auch dazu ein, um nach Katastrophen rasch beschädigte und zerstörte Gebäude festzustellen.

So konnte Microsoft laut Sharrock bereits drei Tage nach dem ersten Erdbeben in der Türkei und in Syrien im Februar dieses Jahres mit über 50.000 Toten feststellen, dass 3849 Gebäude in vier Städten beschädigt beziehungsweise zerstört worden waren.

Kürzere Reaktionszeiten

Mit KI und hochauflösenden Satellitenbildern liessen sich auch durch Wirbelstürme, Überschwemmungen oder andere wetterbezogenen Katastrophen verursachte Gebäudeschäden evaluieren, führte Sharrock weiter aus.

Dies ermögliche es den Hilfskräften, Ressourcen wirksam einzusetzen und Betroffene rasch mit Hilfsgütern zu versorgen, hiess es.

Diese Technologien verbesserten also die Reaktionsmöglichkeiten auf Katastrophen, hielt Sharrock zur Systematik fest. 

Milliarden Datenpunkte verbinden

Der Google-Konzern ist ebenfalls dabei. Er investiere etwa in KI, in (Unwetter-)Prognosen sowie in die Kommunikation über Schadensgefahren.

Die Aufgabe von Google sei es, weltweit Informationen zu organisieren und sie allgemein zugänglich zu machen, erklärte Yossi Matias, Vizepräsident von Engineering & Research bei Google, an der WMO-Veranstaltung.

Vor einem Jahrzehnt habe Google jährlich erst hunderttausende Warnmeldungen an Menschen in Gefahr versandt. Man habe dabei die Google-Reichweite genutzt sowie Warnungen von Regierungsbehörden und anderen Stellen weitergegeben.

Seit 2017 habe das Unternehmen aber schon jährlich mehr als vier Milliarden Google-Aufrufe für Krisenbewältigungsprodukte erzielt, darunter etwa Warnungen mit Informationen zu Covid-19, erklärte der Google-Manager.

Stündlich aktualisieren

Laut Matias gibt es einen beispiellosen Fortschritt bei der KI und dem Potenzial, diese einzusetzen.

«Unsere KI hat die Fähigkeit, Milliarden von Datenpunkten zu verbinden und Modelle für komplexe Muster zu schaffen», sagte er. Mit dem Einsatz von KI und Satellitenbildern könne Google beispielsweise Wald- oder Buschbrände und deren Ausmasse ziemlich genau feststellen.

Solche Angaben könnte Google mittlerweile stündlich für 500 Millionen Menschen weltweit aktualisieren.

Acht Stunden an Vorlaufzeit

Google erwarb auch Erfahrungen im Verschicken von Warnungen. Im Jahr 2018 startete das Unternehmen mit lokalen Partnern in Indien ein Pilotprojekt, als Patna, die Hauptstadt des Bundesstaates Bihar im Nordosten des Landes, völlig überschwemmt war.

Das Projekt wurde danach auf ganz Indien und auf Bangladesch ausgeweitet. Und schon im Jahr 2021 zeigte sich die Wirksamkeit: Google verschickte mit den Lokalbehörden rund 115 Millionen Mitteilungen an Menschen in Gefahr – acht Stunden bevor ein Hochwasser sie traf.

Die Warnungen wurden an etwa 23 Millionen Menschen in den betroffenen Gebieten beider Länder versandt.

30 Prozent weniger Schäden

Kürzlich weitete Google das Projekt auf 80 Länder und für 460 Millionen Menschen aus, wie Matias weiter ausführte.

Die Informationen werden auf einer speziellen Webseite veröffentlicht, dem Flood Hub. Und Dank weltweiter Partnerschaften seien die Prognosen schon 7 Tage im Voraus erhältlich.

Eine Vorwarnung von nur 24 Stunden vor einem drohenden gefährlichen Ereignis kann gemäss Uno die Schäden um 30 Prozent verringern. Das Google-System lohnt sich also enorm.

Communities im Zentrum

Und auch der Meta-Konzern machte erste Schritte, um Frühwarnungen über seine Communities zu etablieren.

Noch als Facebook verschickte der Konzern zahlreiche Warnungen an seine Mitglieder nach einem Erdbeben im Jahr 2011 in Japan, das einen Tsunami ausgelöst hatte.

Damals habe Meta das erste digitale Dashboard für Nachrichten eingerichtet, damit sich die Menschen untereinander verbinden konnten, um zu sehen, wer vermisst wurde, führte Kaushik Sethurama, Leiter des Programms Social Impact von Facebook, aus.

Marktplatz einrichten

«Bei Meta geht es immer um Community.» Eine Warnung, Safety Check genannt, richtete Facebook erstmals 2014 ein, als der Taifun Ruby über die Philippinen fegte.

Der Safety Check ermöglicht es einer Person einer Community, sich selber als «in Sicherheit» zu bezeichnen. Dann werde eine Mitteilung an ihre Familie und Freunde geschickt, dass es ihr gut gehe, so die Vorgehensweise.

Nach dem tropischen Wirbelsturm Harvey über Louisiana und Texas 2017 wurde Facebook von Rettungsorganisationen aufgefordert zu helfen.

Das Unternehmen richtete darauf einen Marktplatz für gegenseitige Hilfe ein und nutzt seither KI, um «zu verbinden, wer was braucht» und den Leuten diesbezüglich Mitteilungen zu schicken.

«Die Community ist die erste Schutz- und Resilienzlinie», sagte Sethurama fast so, wie die Assekuranz immer von sich sagt.

Inzwischen habe Meta auch Webseiten für Informationen von Rettungskräften und für Spenden eingerichtet, erklärte das grösste Soziale Netzwerk zu seinem Engagement weiter.

Gemeinsame Datennutzung

Doch selbst weniger bekannte Unternehmen, wie Amazon Web Services (AWS), also die Cloud-Sparte des Online-Versandhändlers, arbeitet mit nationalen Wetterdiensten mittlerweile zusammen.

AWS wolle die Leistungsfähigkeit der Cloud für globale Frühwarnsysteme nutzen, sagte Nelson Gonzalez, Leiter Global Impact Computing von AWS.

Das Unternehmen unterstütze das neue WMO-Informationssystem (WIS 2.0), das den Rahmen für die gemeinsame Nutzung von Daten der Erdsysteme bei Meteorologie, Hydrologie, Klima und den Weltmeeren im 21. Jahrhundert bilde.

Fischerboote zurückrufen

Auch Alibaba setzt Cloud-Innovation und KI ein, um Katastrophen zu verhindern beziehungsweise zu reduzieren, wie dessen Europa-Geschäftsführer Ye Huang, sagte. Mit deren Hilfe würden etwa Flüsse in China während der Hochwasserzeit gereinigt oder Fischerboote so rasch wie möglich zurückgerufen, wenn ein Taifun aufziehe.

Logisch begrüsste die WMO den Beitrag der Tech-Riesen zur Frühwarn-Initiative.

Er erlaube es, Kosten und Zeit zu sparen sowie technische Hürden zu beseitigen, lautete das positive Fazit, um noch mehr Menschenleben vor Naturgefahren zu retten.

26.06.2023/mat.

Microsoft, Google und Meta retten Menschenleben

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