Konzerne rennen der Uno scharenweise davon

Zeichen für einen Notausgang
Viele Firmen flüchten vor der Uno-Klima-Initaitve. (Bild: possessed / unsplash)

Die Uno hat sich zum Ziel gesetzt, den Planeten vor dem Untergang zu retten. Die Firmen standen Schlange, um dabei zu sein. Doch nun nicht mehr.

Das Konstrukt ist mit viel Tamtam angekündigt worden. Die Vereinten Nationen (Uno) lancierten im Jahr 2021 auf dem G20-Klimagipfel in Venedig die Net-Zero-Insurance-Alliance, kurz NZIA.

Nachhaltigkeit, Net-Zero, ESG, Umweltschutz, Klimaschutz waren die Schlagwörter der Stunde. Wir sind dabei, hatten gleich dutzende von Erst- und Rückversicherungskonzernen erklärt.

Doch damit ist nun Schluss.

Munich Re erklärt sich

Zahlreiche Konzerne, wie zuletzt der zweitgrösste Schweizer Rückversicherer Swiss Re, treten scharenweise aus NZIA aus.

Die Dekarbonisierung spiele dennoch weiterhin eine Rolle, so die Firmen.

Jedoch machte Marktführer Munich Re unlängst mit einem gestelzten Satz kartellrechtliche Bedenken als Gründe für den Austritt geltend.

«Die Möglichkeiten, im kollektiven Schulterschluss der Versicherungsindustrie weltweit Dekarbonisierungsziele zu verfolgen, ohne materielle Kartellrechtsrisiken einzugehen, sind nach unserer Einschätzung so begrenzt, dass es wirksamer ist, unsere Klimaambition zur Reduktion der globalen Erderwärmung selbstständig als Unternehmen weiterzuverfolgen», hiess es von Munich-Re-Konzernchef Joachim Wenning.

Klimaziele bleiben

Swiss Re gab sich an einem Mediengespräch, als das Thema auf den Tisch kam, wortkarg und verwies lediglich auf eine Medienmitteilung. Doch diese scheint niemand wirklich erhalten zu haben. Der Rückversicherer halte an seinen Klimazielen fest, hiess es lediglich.

Zurich Insurance war ebenfalls aus der Klima-Allianz der Vereinten Nationen ausgetreten. Der Versicherungskonzern halte weiter an seinen Zielen fest, hiess es auch da..

Die Uno beeilte sich mitzuteilen, dass man an dem Versprechen für die Umwelt festhalte.

Schulterschluss zum Umweltschutz

Munich Re und Zurich gehörten wie auch die Hannover Re zu den Gründungsmitgliedern der Umwelt-Allianz. Nun sind die ersten, die Reissaus nehmen.

Die Branche wollte gemeinsame Regeln für einen Beitrag zum Umweltschutz erarbeiten.

Der Schulterschluss weltweit gemeinsam Dekarbonisierungsziele zu erreichen, sei begrenzt, hiess es offiziell von der Müncher Rückversicherung.

Warum sie dann überhaupt eingetreten sind, lässt ihr Konzernchef Wenning, sonst um kein Wort verlegen, aber offen.

Nordamerika kommt auch

Weltweit gibt es immer mehr Bewegungen weg von diesem multilateralen Klima-Bündnis.

Axa, Allianz und Scor traten aus. Mapfre, ein namhafter spanischer Versicherungskonzern, und auch MS&AD Insurance aus Japan sagen «adios» beziehungsweise «sayonara».

Aus ursprünglich 30 Konzernen sind noch rund die Hälfte verblieben.

Im April 2023 war der kanadische Versicherer Beneva gerade erst der Initiative beigetreten, wie die Uno feierlich zum nordamerikanischen Klimaengagement bekanntgegeben hatte.

US-Staatsanwälte schreiben

Doch solche Gruppenabsprachen unter Konkurrenten sind heikel.

Laut der Rating-Agentur S&P trat Swiss Re etwa just aus, als 23 republikanische Senatoren in den USA mitgeteilt hatten, dass der Schweizer Rückversicherer und andere Marktteilnehmer dicke Post von US-Staatsanwälten bekommen hätten, weil sie mit ihrem gemeinsamen Handeln möglicherweise lokales und landesweites Wettbewerbsrecht verletzten.

Wenn diese Gruppe von Unternehmen zu grosse Macht am Markt habe, könnte das gemeinsame Festlegen oder eben Nicht-Festlegen von Klimazielen illegale Handlungen beinhalten, hiess es von den US-Rechtsvertretern.

Schlafende Rechtsabteilungen?

Doch Marktbeobachter kommen zu einem anderen Schluss.

Da nun die konkreten Regeln für die Dekarbonisierung festgelegt wurden, haben es sich die Unternehmen mit NZIA offenbar anders überlegt.

Kein Mensch auf dieser Welt glaubt nämlich, dass kein einziger Grosskonzern im Vorfeld von seiner Rechtsabteilung hat prüfen lassen, ob nicht irgendwelche wettbewerbsrechtlichen Bedenken bestehen, der Uno-Klimaallianz beizutreten.

Ausstieg aus Geschäft?

Versicherer haben im Prinzip drei Möglichkeiten, klimafreundlich zu agieren.

Erstens bei ihnen selbst, also dass zum Beispiel nicht so viel durch die Welt in Business- und Firstclass durch die Welt geflogen wird. Doch der Hebel dabei ist gering.

Die zwei anderen Bereiche, nämlich das Investieren ihrer Kapitalanlagen in ESG-freundliche Gebilde sowie das Zeichnen von umweltfreundlichem Geschäft, haben viel stärkeres Gewicht.

Und genau dabei scheint das Problem begraben zu liegen.

Um Kunden auf einem klimafreudlichen Weg begleiten zu können, muss man mit ihnen im Geschäft bleiben. Doch das wollen die Klimaschützer der Vereinten Nationen wohl nicht.

Vermögensverwalter im Fokus

Netto-Null-Initiativen gibt es aber nicht nur bei der Assekuranz. Auch im Asset Management hatte die Uno so eine NZAM-Allianz aus der Taufe gehoben. Dort sind mittlerweile schon hunderte Konzerne um Blackrock, Jupiter, Amundi & Co. vertreten.

Auch Schweizer Firmen, wie die UBS, Credit Suisse, Pictet, Swiss Life, Lombard Odier, Safra Sarasin oder zCapital, reihen sich beispielsweise ein.

Doch auch dort bröckelt die Gemeinschaft und der genossenschaftlich organisierte Vermögensverwalter Vanguard trat schon Ende Dezember 2022 wieder aus.

Solche Asset-Manager streichen nämlich normalerweise Fonds von ihrer Liste, die für die Klimaziele angerechnet werden, wenn sie diese nicht aktiv managen. Und dies war Vanguard offenbar ein Dorn im Auge.

Weitere Firmen werden da der Uno sicher noch den Rücken kehren.

20.06.2023/kut.

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