
Das Dorf Blatten im Lötschental wurde durch den Bergsturz von Ende Mai verschüttet. Clevere Walliser drücken zwei Hilfen beim Bundesrat durch.
Die Bilder des Felssturzes von Blatten und die daraus resultierenden Überschwemmungen im Lötschental im Kanton Wallis sind um die Welt gegangen.
Das Bergdorf wurde dabei Ende Mai verschüttet. Dies wurde zu einem der verheerendsten Naturereignisse der Schweiz in den vergangenen Jahrzehnten.
Gigantische Schäden
Zwar setzte umgehend eine Welle der Solidarität ein, und auch Privatversicherer wollen sich rasch und unbürokratisch bei der Regulierung der Schäden zeigen, wie der Schweizerische Versicherungsverband SVV dieser Tage bekanntgab.
Die Schäden an Gebäuden und Hausrat allein belaufen sich auf rund 260 Millionen Franken, hiess es von den Versicherungsexperten.
Dieses Ausmass dürfte in die Geschichte eingehen.
Verschollene Banknoten helfen
Der Bundesrat machte zudem sofort 5 Millionen Franken locken, was es bei ähnlich gelagerten Naturkatastrophen so nicht gab.
Das Geld sei zur Finanzierung für Sofortmassnahmen da, die nicht durch Versicherungen oder Subventionen gedeckt seien, hiess es vom Bundesrat zu den rund 15.000 Franken je Bewohner an Ersthilfe.
Auch Fonds Suisse unterstützt die Opfer von Naturkatastrophen, die unter Schäden nicht versicherbarer Elementarereignisse leiden.
Bei der Stiftung landeten gerade rund 180 Millionen Franken von der Schweizerischen Nationalbank SNB aus verschollenen Banknoten.
Antrag der Walliser Regierung
Doch das sind nicht die einzigen Hilfsmassnahmen. Die Walliser haben noch ein Instrument aktiviert, das wenig bekannt ist.
Die Einwohner der Gemeinde Blatten im Kanton Wallis können vorübergehend nicht betrieben werden, teilte die Landesregierung diese Woche überraschend mit.
Der Bundesrat habe einen Antrag der Walliser Regierung für einen vorübergehenden Rechtsstillstand bis Ende Oktober 2025 gutgeheissen, hiess es weiter.
Keine Betreibungen möglich
Der Walliser Staatsrat hatte entschieden, dass die Gemeinde Rechtsstillstand erhalten solle, um die Bevölkerung von Blatten bei finanziellen Schwierigkeiten weiter zu entlasten.
Damit können Schuldner aus Blatten während der festgelegten Zeit nicht mehr betrieben werden und auch Betreibungshandlungen sind grundsätzlich nicht möglich.
Banken, Vermieter, Krankenkassen & Co. haben da also das Nachsehen. Schulden machen eben doch manchmal reich, wie es so schön im Volksmund heisst.
Wer keine Ausstände hat, hat auch nichts von dieser Hilfsmassnahme.
Obwalden 2005 und Brig 1993
Ein solches Vorgehen bei den Betreibungen benötigt aber die Zustimmung des Bundesrats.
Gemäss Artikel 62 des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes (SchKG) kann der Bundesrat oder mit seiner Zustimmung die Kantonsregierung im Fall einer Epidemie oder eines Landesunglücks für ein bestimmtes Gebiet oder für bestimmte Personen einen Rechtsstillstand beschliessen.
Diese Hilftsmassnahme wurde bereits früher bei Naturkatastrophen ergriffen, so etwa nach den Überschwemmungen im Kanton Obwalden 2005 oder in Brig 1993.
Seither war es aber ruhig um diese geheimnissvolle Unterstützungsmöglichkeit geworden – bis die Walliser sie nun wieder in Erinnerung gerufen haben.
Daher dürfte der Rechtsstillstand bei Naturkatastrophen, wie Felsstürze um Brienz BE oder um Brienz GR, nunmehr häufiger in Erwägung gezogen werden.
27.06.2025/kut.