Forensiker rücken bei Temenos an

Ein Schreibtisch mit Charts, Taschenrechner und Schreibmaterialien
Bei Temenos sollen externe Fachleute die Bilanzen durchleuchten. (Bild: J. Zerdzicki / unsplash)

Die Firma Temenos versucht, sich aus der Zange von Leerverkäufern zu befreien. Doch das Management will wohl eher die eigene Haut retten.

Der Aktienkurs des Softwareherstellers brach an einem Tag um über 30 Prozent ein. Am nächsten Tag ging die Talfahrt noch weiter.

Langsame Gegenreaktion

Und das einzige, was der Verwaltungsrat des betroffenen Unternehmens entgegenzusetzen hatte, war die Ankündigung einer Aufklärung durch zwei Anwaltskanzleien und einen externen Wirtschaftsprüfer.

Die Rede ist von der Genfer Firma Temenos, die am 15. Februar einen Angriff von Shortsellern angeführt von Hindenburg Research, erlebte, wie muula.ch berichtete.

Das Management um Verwaltungsratspräsident Thibault de Tersant beauftragte nun 11 Tage später drei Fachfirmen, welche die Anschuldigungen untersuchen sollen. So wählte Temenos laut einer Medieninformation vom heutigen Montag die forensische Beratungsfirma Alvarez & Marsal mit Sitz in New York, um die Vorwürfe zu analysieren.

Gigantische Saläre

Der Angreifer Hindenburg Research will mit seinen Reports immer «Missstände» aufdecken und windige Rechnungslegungspraktiken aufzeigen. In der Vergangenheit konnten Experten die Argumente jedoch häufig entkräften.

Darauf hofft nun auch Temeons – allerdings mit einem auf Wirtschaftsprüfung spezialisierten Berater und nicht, wie angekündigt, einer «Accounting firm».

Zudem wählte Temenos die auf Wirtschaftsrecht ausgerichtete Schweizer Kanzlei Schellenberg Wittmer und die New Yorker Anwälte Sullivan & Cromwell.

Letztere sind dadurch berühmt, dass sie die profitabelsten Rechtsvertreter der Welt sind und extrem hohe Gagen haben.

Externe koordinieren

Obendrein gründete Temenos – zu den üblichen Gremien im Verwaltungsrat – ein Board, das die Analysen und Resultate unter de Tersants Leitung überwachen solle, wie es weiter im Communiqué hiess.

Doch all dies erscheint für Externe ziemlich unbeholfen. Warum braucht es drei Firmen und ein Board? Sicher ist der Koordinationsaufwand gross. Die Amerikaner haben aber auch weltweit Niederlassungen und könnten alles gut abdecken.

Und was macht Temenos, falls Vorwürfe zumindest teilweise stimmen? Die Analysen kann der Softwarehersteller wohl kaum unter den Tisch kehren.

Vorwürfe stehen im Raum

Fast zwei Wochen lang brauchte Temenos nach dem Angriff, um diese Fachleute zu beauftragen. Die Vorwürfe stehen weiterhin im Raum und die angeblich dubiosen Geschäftspraktiken, die den Börsenwert im Monatsvergleich immer noch um fast 30 Prozent reduziert haben, wurden bisher nicht entkräftet.

Die Vorgehensweise von de Tersant sieht eher danach aus, als wolle der Verwaltungsrat seine Weste weisswaschen und belegen, sich nichts zuschulden habe kommen lassen. Doch der Schaden ist angerichtet.

Und einen CEO hat der Verwaltungsrat von Temenos auch Monate später immer noch nicht ernannt.

Firmen müssen vorbereitet sein

Als Hindenburg Research unlängst die indische Adani-Gruppe mit der gleichen Vorgehensweise angriff, gab es sogar eine Untersuchung des indischen Parlaments, weil das Konglomerat um die Adani-Familie zu den wichtigsten Konzernen des Landes gehört.

Viele Vorwürfe wurden zwar viel später entkräftet – aber der Aktienkurs brach dennoch erst einmal um rund 50 Prozent ein und vernichtete Milliarden an Wert.

Die Angreifer wetten auf diesen Wertzerfall und gewinnen damit. Alle börsenkotierten Unternehmen müssen sich also gut auf solche Attacken vorbereiten. Wie muula.ch berichtete, war Temenos ein leichtes Ziel für Hindenburg Research & Co.

Für jeden Verwaltungsrat und Konzernchef sollte dies eine Lehre sein und alle Gegenargumente für ihre Bilanzierungen parat haben.

26.02.2024/kut.

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