Finanzkontrolle findet Konstruktionsfehler der Corona-Hilfen

Das Coronavirus und eine Person mit Maske
Die Kantone zogen den Bund bei den Corona-Hilfen über den Tisch. (Bild: Tumisu / pixabay)

Die Eidgenössische Finanzkontrolle EFK hat die Härtefallmassnahmen bei Covid untersucht. Es geht um 5,3 Milliarden Franken an Geldgeschenken.

«Härtefallhilfen haben sich gemäss der Evaluationen bewährt», gab der Bundesrat freudig am heutigen Freitag vor Weihnachten bekannt.

Mit den Härtefallhilfen wurden rund 35.000 Unternehmen unterstützt, die während der Corona-Pandemie bedeutende Umsatzeinbussen erlitten haben und 5,3 Milliarden Franken einfach so erhielten. Knapp die Hälfte der Hilfen ging an den Gastronomie- und Hotelleriesektor.

Ziel verspätet anvisiert

Der Anteil der Missbräuche und Verstösse sei dank der Kriterien für die Gewährung und die Bemessung, die auf überprüfbaren und daher schwer zu fälschenden Daten beruhten, sowie dank der von den Kantonen durchgeführten Kontrollen bei der Prüfung der Gesuche gering, führte der Bundesrat sehr zufrieden aus.

Dazu publizierte am heutigen Freitag die Eidgenössische Finanzkontrolle EFK überraschend einen Bericht, der allerdings zu denken gibt.

Aus Sicht der EFK liegt ein Schwachpunkt der Hilfsmassnahmen in der Fokussierung auf den Umsatz für die Bemessung der Hilfsgelder. Mit dieser Regelung wurden Unternehmen mit hohen Umsatzeinbussen bei gleichzeitig tiefen Fixkosten bevorzugt.

Das eigentliche Ziel der Hilfe, nämlich das Decken der nicht gedeckten Fixkosten, fand demnach erst verspätet zunehmend Berücksichtigung.

Online-Handel kompensierte

Kritisch sieht die EFK die Lockerungen des Zugangs für Unternehmen, die auf behördlich Anordnung geschlossen wurden. Dadurch erhielten auch Unternehmen Zugang zu den Hilfsgeldern, die kaum oder gar nicht betroffen waren.

Dies war etwa bei Unternehmen der Fall, die trotz Schliessung einen vergleichbaren Vor-Corona-Umsatz erzielen konnten, etwa durch eine starke Zunahme anderer Absatzkanäle, wie Online-Versand oder Take-away, beziehungsweise wenn die Schliessung nur einen Teil der Geschäftstätigkeit betraf. Die Hilfe war also zumindest in Teilen völlig falsch konstruiert.

Die EFK formulierte zudem verschiedene Lehren, falls es in Zukunft zu einer ähnlich gelagerten Finanzhilfe an Unternehmen kommen sollte.

Drei Lehren für die Schweiz

Erstens müssten die Zielsetzungen und Wirkungslogik der Finanzhilfe bedürfnisorientiert sowie klar formuliert und kommuniziert werden.

Zweitens ist die Zielsetzung einer Finanzhilfe bei der Wahl der Kriterien für den Zugang und insbesondere für die Bemessung präziser abzubilden. Höchstgrenzen der Hilfe müssen sich ebenfalls am Zweck orientieren.

Eine vollständige Deckung der ungedeckten Kosten ist dabei nicht nötig, da das Kosten-Nutzen-Verhältnis mit zunehmender Deckung stagniert. Und drittens müsste die Möglichkeit von Rückforderungen in den rechtlichen Grundlagen explizit vorgesehen sein für Fälle, in denen die Unterstützung der Unternehmen angesichts des angestrebten Zwecks der Finanzhilfe zu hoch ausfallen.

Milliarden vergeudet

Die Härtefallmassnahmen waren kantonale Massnahmen, an denen sich der Bund unter gewissen Bedingungen beteiligte. Die Kantone erhielten damit aber Spielraum für die Umsetzung der Massnahmen vor Ort. Während anfänglich ein Finanzierungsanteil des Bundes von 50 Prozent ausgehandelt wurde, lag er bei den À-fonds-perdu-Beiträgen am Ende bei rund 84 Prozent.

Bei einer Beibehaltung des Finanzierungsanteils von 50 Prozent hätte der Bund rund 1,75 Milliarden Franken eingespart, ermittelten die Finanzprüfer. Die Kombination aus stark föderalem Vollzug und hohem Finanzierungsanteil des Bundes ist aus Sicht der EFK ungünstig.

Es besteht aus konzeptioneller Sicht nämlich das Risiko, dass die Kantone die finanziellen Mittel nicht effizient einsetzen, wenn der überwiegende Teil der Lasten vom Bund getragen wird. Vor diesem Hintergrund sollten deswegen für die Zukunft Grundsätze der Kostenaufteilung zwischen Bund und Kantonen definiert werden.

Behörden protestieren

Das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco und die Eidgenössische Finanzverwaltung EFV kochten über den Bericht der EFK vor Wut. Zahlreiche Empfehlungen wurden abgelehnt oder mit der besonderen Situation der Covid-Krise gerechtfertigt.

Dabei ist nicht mal die Kritik um die Solidarbürgschaften gemeint, bei denen der Bund auch Millionen verlor.

Denn ein Satz stösst in den jetzigen Empfehlungen am Ende des Gesamtberichts nochmal besonders auf: Für die Finanzierung einer Nothilfe, ähnlich wie die Härtefallmassnahmen, wäre eine Beteiligung des Bundes im Umfang von maximal 50 Prozent angemessen, wie dies eigentlich zu Beginn vorgesehen war.

Danach zogen die Kantone den Bund aber offenbar über den Tisch.

22.12.2023/kut.

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