Die Schweizer bezahlen für die Fehler der Credit Suisse

Eine Schweizer Flagge auf einem Schiff
Ein Schwarzer Tag für die Schweizer Bankenwelt. (Bild: Jo L. / unsplash)

Die grösste Bank der Schweiz, die UBS, übernimmt die zweitgrösste Bank, die Credit Suisse, um sie vor dem angeblichen Untergang zu retten. Die Schweiz jubelt, doch sie müsste eigentlich weinen.

Am Ende der eilig einberufenen Medienkonferenz am Sonntag in Bern stellte Finanzministerin Karin Keller-Sutter selbst die entscheidende Frage.

Wieso muss eine Schweizer Grossbank gerettet werden, wenn doch sogar die anwesende Chefin der Eidgenössischen Finanzmarktausicht Finma, Marlene Amstad, bestätigt, dass die ganze Regulierung wirkt?

Lösung unter Privaten

Es zeigt sich eben, dass die Kapital- und Liquiditätspuffer alles Schönwetter-Massnahmen sind und nicht funktionieren. Schliesslich waren die Finma, die Schweizerische Nationalbank SNB sowie der Verwaltungsrat der Credit Suisse (CS) der Meinung, dass das kriselnde Geldhaus CS nicht überlebensfähig sei.

Bundespräsident Alain Berset führte vor den Medien zudem aus, die weltweite Finanzstabilität sei gefährdet. Als Lösung präsentierte die Schweiz eine forcierte Grossfusion zwischen der UBS und der Credit Suisse.

Konkret wird die CS-Gruppe eine Tochtergesellschaft der UBS AG, wie es von den Behörden am Sonntagabend überraschend hiess und wie beide Konzerne in Medienmitteilungen bekanntgaben.

Halber Preis?

Für den Deal legt die UBS rund drei Milliarden Dollar auf den Tisch und darf sich freuen, bloss die Hälfte der CS-Marktkapitalisierung vom vergangenen Freitag bezahlt zu haben. Die Aktionäre der CS haben kein Mitspracherecht.

Für mögliche Liquiditätsengpässe springen zudem der Bund sowie die SNB mit einem Schutzschirm von 200 Milliarden Franken ein.

Der Trick ist, dass die Schweiz die Gelder bei der Zentralbank garantiert und somit die Boni bei der UBS wegen Staatshilfen nicht begrenzt werden müssen.

Ein möglicherweise schlechtes Portfolio der CS, welches die UBS erbt, wird ausserdem mit einer staatlichen Ausfallgarantie von bis zu 9 Milliarden Franken versehen.

Weniger Konkurrenzkampf

Das im Land geltende Wettbewerbsrecht wird obendrein mittels Finma-Entschluss, den Finanzplatz retten zu müssen, ausgehebelt. Die Übernahme der CS durch die UBS führt damit zumindest in der Schweiz zu einer dominierenden Marktstellung der neuen Grossbank.

Diese kann sich deshalb freuen und die Schweiz und deren Firmen sowie Bürger quasi als Monopol bei Bankdienstleistungen ausnehmen.

Von hartem Wettbewerb war im Schweizer Bankenmarkt schon bis anhin nicht viel zu spüren, weil mit den Kantonalbanken und Postfinance viel zu viele staatliche Anbieter unterwegs sind.

Nun dürfte es noch schwieriger werden.

Entwertung von Anleihen

Vorsorgeeinrichtungen und damit das Schweizer Volk trifft es ebenfalls negativ, denn sie haben nicht nur die Differenz der Aktieninvestitionen bis zum Kaufpreis der UBS von 76 Rappen zu verdauen.

Auch Anleihen der CS im Wert von rund 17 Milliarden Franken wurden entwertet und könnten allenfalls im Portfolio herbe Verluste produzieren.

Traditionell investieren die Pensionskassen & Co. ja in die Grossbanken der Schweiz.

Wirklich beste Option?

Keller-Sutter hob an der Medienorientierung aber mehrfach hervor, eine Lösung unter Privaten gesucht und letztlich mit dem Deal auch gefunden zu haben.

Der Schweizer Staat hätte die Bank auch übernehmen und abwickeln, aufspalten oder sanieren können. Letztlich sei die Übernahme durch die UBS für den Finanzplatz aber die beste Option gewesen.

Ausläufer der US-Bankenpleiten

Die Schweiz, internationale Regulatoren sowie die Zentralbanken von den USA und Grossbritannien seien zufrieden mit der Lösung, hiess es. Klar ist die Freude international gross, schliesslich ist ein Konkurrent von der Bildfläche verschwunden.

Letztlich hätte sich die Situation mit den Bankenpleiten in den USA für die Schweiz extrem verschlechtert und das Vertrauen in Schweizer Geldhäuser hätte gesichert werden müssen, hiess es immer wieder zur Begründung für die Massnahmen.

Soziale Medien als Macht

CS-Verwaltungsratspräsident führte zu den Fehlern der Vergangenheit insbesondere Altlasten, Greensill und Archegos sowie das riskante Geschäftsmodell an.

Auch habe ein negativer Social-Media-Storm im vergangenen Herbst entscheidend am Vertrauen der Kundschaft gerüttelt.

Salamitaktik vermeiden

Interessant waren an der Medienkonferenz auch die Aussagen von Keller-Sutter, dass bereits seit Donnerstag an der präsentierten Lösung gearbeitet worden sei.

Man habe sich jedoch mit dem allseitigen Schweigen bis ins Wochenende, an dem die Finanzmärkte geschlossen sind, retten wollen.

Letztlich hätte eine frühere Kommunikation von Teilschritten als Salamitaktik interpretiert werden können und hätte nur zu mehr Unsicherheit geführt, erklärte Keller-Sutter diesbezüglich.

Einstellen der Investmentbank

Für die Arbeitslosenkassen in den Kantonen kommen wegen anstehender Entlassungen bei der CS-Belegschaft weitere Kosten hinzu.

Wie gross der Personalabbau sein wird, wollte das UBS-Management aber noch nicht sagen. Doppelspurigkeiten dürfte es vor allem in der Schweiz geben. Das Investmentbanking werde aber auch vollständig eingestellt, hiess es.

Die UBS werde kein riskantes Geschäftsmodell fahren, versicherte ihr Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher am Sonntag vor den Medien.

Von Verfassung gedeckt

All dies wird im Namen des Notrechts aus der Bundesverfassung durchgeführt.

Innerhalb von sechs Monaten muss die Schweiz die Regeln nun in ordentliches Recht überführen.

Interessant bleibt dabei, wie die Frage von Keller-Sutter beantwortet wird, nämlich wie die «neue UBS» mit ihrer fast doppelt so grossen Bilanzsumme künftig reguliert werden soll, ohne dass solche «Unfälle» wie die UBS-Rettung während der jüngsten Finanzkrise oder wie die aktuelle Vertrauenskrise bei der CS passieren.

Finma schläft

Letztlich haben die Schweizer Aufsichtsbehörden – allen voran die Finma – vollkommen versagt, wie muula.ch bereits berichtete.

Die Berner Behörde ist quasi weltweit für die Konglomerate zuständig und scheint im kleinen Bern völlig mit der Aufgabe überfordert zu sein.

Diesen Eindruck vermittelte Finma-Chefin Amstad auch am Sonntag, indem sie allen Ernstes behauptete, die Schweizer Regulierung habe funktioniert.

Die Finanzmärkte sollen jedenfalls mit den gravierenden Massnahmen ab dem morgigen Montagmorgen beruhigt werden.

19.03.2023/kut.

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