Der Versicherer Zurich Insurance will besonders schön glänzen. Für das Jahr 2022 gelingt es ihm bei den knallharten Kennzahlen aber nicht.
Bei Präsentationen zu Jahresergebnissen sind nicht selten die letzten Folien interessant.
Die werden von Konzern- oder Finanzchefs oftmals vor lauter blumigen Worten am Anfang meist nur noch im Schnelldurchgang angesprochen.
Einbruch beim Eigenkapital
Genauso ist es am heutigen Donnerstag beim Versicherungskonzern Zurich Insurance mit der Analysten- und Medienpräsentation passiert. Die letzte Folie ist eigentlich die interessanteste, weil sie zeigt, wie der namhafte Versicherer eigentlich arbeitet.
Die Folie zeigt die Entwicklung des Eigenkapitals 2022 im Vergleich mit dem Vorjahr und die Eigenmittel sind um horrende 30 Prozent auf noch 26,6 Milliarden Dollar eingebrochen.
Kapitalmärkte belasten
Ursache für diese Entwicklung ist zunächst logischerweise die Dividendenzahlung von 3,5 Milliarden Dollar. Aber dann wird es richtig spannend, denn negative Währungsentwicklungen und Aufstockungen bei Pensionsplänen liessen das Eigenkapital um 1,2 Milliarden Dollar beziehungsweise um 250 Millionen Dollar zusätzlich schrumpfen.
Doch der grösste Einbruch beim Eigenkapital kam mit 11 Milliarden Dollar aus unrealisierten Gewinnen und Verlusten bei den Kapitalanlagen. Aus einem Plus von 4,1 Milliarden Dollar im Jahr 2021 wurde ein Verlust von 6,8 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr, was als Delta die rund 11 Milliarden Dollar ergibt.
Von Extern gebeutelt
Der Zinsanstieg und die «underperformance» bei den Aktienmärkten nennt Zurich als Hauptgründe für diese Entwicklung.
Währungsverluste, Zinsanstieg und Einbrüche bei Aktienbörsen – das klingt alles sehr passiv, wofür das Konzernmanagement offenbar nichts kann. Doch Managemententscheide spiegeln sich genau darin wider.
Und das Eigenkapital geht künftig mit der Umstellung auf IFRS 17 sogar noch weiter in die Knie, wie muula.ch unlängst berichtete.
Zahlen selbst berechnen
Neben dem Einbruch der Eigenmittel bei Zurich Insurance können Interessierte auch die Gewinn- und Verlustrechnung einfach mal von hinten her betrachten.
Der Reingewinn sank im abgelaufenen Geschäftsjahr um fast zehn Prozent auf 4,5 Milliarden Dollar. Zurich hilft nicht einmal dabei, diese Angabe auszuweisen, denn die Abweichung müssen sich Betrachter schon selbst berechnen.
Und wollen sich Interessierte ein Bild von den Einnahmen bei Zurich machen, fallen sie fast in Schockstarre.
Die Gesamteinnahmen des Konzerns sanken nämlich um 40 Prozent auf noch rund 42 Milliarden Dollar, weil hauptsächlich die Erträge bei Unit-Linked-Produkten um 28 Milliarden Dollar tiefer ausgefallen sind und sich die Zurich diese Position normalerweise auch bei den Einnahmen anrechnet.
Stabile Schäden
Last, but not least, kann man bei der Zurich gut sehen, dass das abgelaufene Geschäftsjahr in der Sachversicherung trotz weltweiter Panikmache mit Katastrophen überhaupt kein exorbitant hohes Schadenaufkommen hatte.
Der kombinierte Schaden-Kosten-Satz, eine Kennzahl zur versicherungstechnischen Profitabilität einer Gesellschaft, blieb völlig gleich bei 94,3 Prozent. Bei Werten unter 100 verdienen Versicherer dann Geld, weil die Prämieneinnahmen höher sind als die Schäden und die Verwaltungskosten.
Ziel verfehlt
Investoren dürften ihre Blicke aber noch die Gewinnsteigerung pro Aktie richten, weil dieser Wert ein strategisches Ziel von Konzernchef Mario Greco und Finanzboss George Quinn bis zum Jahr 2022 war.
Die Wachstumsrate dieser Kennzahl sollte grösser 5 Prozent pro Jahr sein und konnte mit dem Gewinneinbruch 2022 logischerweise nicht erfüllt werden.
Doch selbst im Vergleich von 2019 zu 2022 kam bloss ein knapper Zuwachs von 5,1 Prozent zum Vorschein.
Die von Zurich hochgejubelten Kennzahlen um den sogenannten Business Operating Profit, wie in der Medienmitteilung, haben eigentlich keine wirkliche Bedeutung nach aussen, weil es von dem Konzern selbstkreierte Angaben sind.
Lockvogel weggeflogen
Ein Wort muss man aber noch zu den Kapitalanlagen verlieren, weil sie grossen Einfluss auf Versicherer haben. Am besten orientieren sich Interessierte da an der Bilanzsumme, die bei Zurich um rund 13,3 Prozent auf 378 Milliarden Dollar sank. Es ging also immerhin um 58 Milliarden Dollar nach unten.
Trotz des Gewinneinbruches und der Negativ-Entwicklungen erhöht der Versicherungskonzern aber die Dividende um 2 auf 24 Franken je Titel.
Das ist eine Steigerung um fast zehn Prozent. Doch genützt hat der Lockvogel wenig, denn die Investoren sind förmlich ausgerissen.
Der Aktienkurs sank um 3 Prozent beziehungsweise um 12 auf 433 Franken.
09.02.2023/kut.