Ein Vermögensverwalter aus Zug bringt die Basler Versicherungsgruppe Baloise unter Druck. Im Fokus stehen drei Personengruppen.
Die Nachricht schlug ein, wie eine Bombe. zCapital beabsichtige, an der ordentlichen Generalversammlung (GV) der Baloise Holding AG vom 26. April 2024 einen Antrag auf Aufhebung der bestehenden Stimmrechts- und Eintragungsbeschränkung von 2 Prozent zu stellen.
Dies teilte der Zuger Vermögensverwalter am heutigen Dienstag überraschend mit.
Eine Aktie – eine Stimme?
Die Vinkulierung von 2 Prozent bei der Baloise sei ein Relikt aus vergangenen Zeiten und stehe im Widerspruch zu modernen Prinzipien der guten Unternehmensführung, erklärte Hilmar Langensand, CEO von zCapital, zur Begründung für den Antrag.
«Jeder Aktionär sollte das Recht haben, seine Stimme entsprechend seinem Anteil am Unternehmen einbringen zu können», hiess es weiter.
Neuer Chef schweigt noch
Im Fokus des Investors stehen offenbar drei Personengruppen. Erstens der Verwaltungsrat, denn der ist für die Strategie zuständig und braucht mit der Vinkulierung kritische Aktionäre quasi nie zu fürchten. Das ist eigentlich ein Unding.
Die zweite Gruppe ist die Konzernleitung der Baloise, die für die Umsetzung der Strategie zuständig ist. Seit einiger Zeit amtiert Michael Müller als neuer Konzernchef der Baloise.
Jedoch hat er über ein halbes Jahr nach dem Amtsantritt der Öffentlichkeit noch nichts über seine Pläne mit dem Versicherer verraten. Das ist eigentlich auch ein Unding.
Mit dem Vorgehen von zCapital kommen diese zwei Personengruppen zumindest unter Rechtfertigungsdruck. Der Verwaltungsrat muss zudem eine Empfehlung zur Abstimmung über den heiklen Tagesordnungspunkt für die GV aussprechen.
Vielleicht wollen die Mitglieder des Aufsichtsgremiums um Verwaltungsratspräsident Thomas von Planta ihre «Privilegien» ja erhalten. Dies wäre aber eigentlich ein Eklat gegen die Eigentümer der Gesellschaft.
Baloise reagiert
Die dritte Gruppe sind andere Aktionäre, die mit dem Antrag von zCapital vielleicht auch Gefallen an der Aufhebung der Vinkulierung finden.
Solch traditionelle Basler Unternehmen, wie die Baloise, werden aber häufig mit der Stadtbasler Oberschicht, dem Basler Daig, in Verbindung gebracht, die «ihre» Firmen mit allen Mitteln vor feindlichen Übernahmen schützen wollen. Insofern könnte der Antrag im Sand verlaufen.
Auf eine Bitte von muula.ch um Stellungnahme zu den Vorgängen antwortete die Baloise-Gruppe, dass sie den in der Pressemitteilung erwähnten Antrag zur Kenntnis nehme.
In Übereinstimmung mit geltenden Bestimmungen werde die Baloise Holding das Anliegen an der kommenden GV behandeln, hiess es weiter.
Härteste Regel der Schweiz
muula.ch hakte auch bei zCapital nach, warum der Antrag gerade jetzt publik gemacht wurde.
CEO Langensand erklärte, dass der Asset-Manager, der über 0,5 Prozent des Kapitals an der Baloise hält, eine Debatte um dieses Thema anstossen wolle und dies längere Zeit vor der GV geschehen solle.
Schliesslich habe die Baloise eine der härtesten Vinkulierungen der Schweiz, so der Chef des Zuger Vermögensverwalters.
Die Aufhebung der Vinkulierung sei ein Schritt zu einer ausgewogeneren Machtverteilung, die sicherstellt, dass strategische Fehlentwicklungen schneller korrigiert werden könnten.
Es gehe darum, ein gesundes Gleichgewicht zwischen dem Baloise-Verwaltungsrat und dem Aktionariat herzustellen.
Cevian im Hintergrund?
Lange Zeit konnten bei Baloise auch nur quasi grössere Aktionäre ein Traktandum auf die Agenda der GV bringen, weil es für einen Antrag mindestens 2,18 Prozent der Aktien gebraucht hätte.
Diese «Festung» wurde erst mit der Anpassung der Satzung an das neue Aktienrecht auf 0,5 Prozent gesenkt, welches zCapital nun offenbar nutzt.
Der Basler Versicherer soll bereits im Visier des aktivistischen Investors Cevian sein, wie muula.ch unlängst berichtete. Auf Nachfrage erklärte zCapital-CEO Langensand aber, dass er beziehungsweise seine Firma bezüglich dieser Sache nicht in Kontakt mit Cevian stünden.
Eine Aufhebung der Vinkulierung würde Cevian aber in die Hände spielen.
Geringe Präsenz an GV
Letztlich wird nun spannend sein, wie sich der Verwaltungsrat der Baloise Holding zur Aufhebung der Vinkulierung positioniert. Die Mitglieder des Verwaltungsrates sind alle unabhängig.
Zudem wird interessant sein, wie viele Aktionäre sich diesem allfälligen Antrag anschliessen. Die Hürde bei der Baloise ist gemäss Satzung hoch, denn es müssen mindestens 75 Prozent zustimmen.
Aber vielleicht legt mit der Diskussion um eine gute Corporate Governance bei dem Basler Versicherer zumindest die Präsenz auf der Baloise-GV zu. Diese hatte zuletzt nämlich nicht einmal 50 Prozent betragen.
09.01.2024/kut./10.01.2024: Passus zur GV-Antragstellung klarer formuliert: Investoren mit mindestens 2,18 Prozent der Aktien konnten Anträge stellen