Wie Swisscom die Schweiz narrt

Mit geschickter Kommunikation versucht Swisscom die Situation für sich zu retten. (Bild: M. Baumeister / unsplash)

Die Kommunikation der Swisscom scheint nur darauf ausgerichtet zu sein, das Staatsunternehmen ins beste Licht zu rücken. Ein aktuelles Beispiel zeigt, wie fatal dies für die Schweiz ist.

Wenn ein Unternehmen am Abend eine Medienmitteilung publiziert, hat es meist etwas zu vermelden, dass nicht im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen soll.

Viele Journalisten sind dann schon in den Feierabend gestartet und am nächsten Morgen versinkt dieses Thema vom Vorabend oftmals in aktuelleren Medienmitteilungen.

Harmlose Ausdrücke

Die Swisscom scheint sich auch dieser «Medien-Lücke» bedient zu haben, denn am gestrigen Dienstagabend gab es plötzlich die Information mit folgendem Titel: «Das Bundesgericht stützt die vorsorglichen Massnahmen der Weko».

Bei so einem positiv klingenden Titel muss man aber wissen, dass es für die Swisscom eigentlich nicht gut gelaufen ist.

«Das Bundesgericht kommt im Urteil vom 29. November 2022 zum Schluss, dass die von der Weko verfügten Massnahmen nicht willkürlich sind», hiess es weiter im Text und klingt auch eher noch harmlos.

Mehrfach unterlegen

Hintergrund der ganzen Sache ist aber, dass Swisscom eigentlich mehrmals vor Gericht bereits gegen die Weko-Massnahmen verloren hat. Die Wettbewerbskommission Weko untersucht nämlich seit Dezember 2020, inwiefern der Ausbau des Glasfasernetzes mit der P2MP-Topologie von Swisscom den Wettbewerb behindert.

Die Wettbewerbshüter erliessen dazu vorsorgliche Massnahmen, die dazu geführt haben, dass Swisscom mit wenigen Ausnahmen keine Anschlüsse, die mit dieser Topologie gebaut wurden, in Betrieb nehmen konnte und die Vermarktung einstellen musste.

Die Weko will damit verhindern, dass Swisscom vollendete Tatsachen schafft und damit Konkurrenten es deutlich schwerer haben, im Glasfasermarkt quasi «Anschluss zu finden».

Sinneswandel im Staate

Per Ende September 2022 sind davon rund 400.000 Anschlüsse betroffen. Damit Kunden die schnellen FTTH-Anschlüsse nutzen können, hat Swisscom im Oktober 2022 allerdings plötzlich entschieden, neue Anschlüsse grösstenteils in der zulässigen Punkt-zu-Punkt-Architektur (P2P) auszuführen und bestehende P2MP-Anschlüsse teilweise in P2P umzubauen.

Die Öffentlichkeit muss sich die Hintergründe dieses Sinneswandels bei dem Staatsbetrieb aber selbst zusammenreimen. Das aktuelle Urteil des Bundesgerichts, welches Swisscom nun haushoch verlor, bestätigte nämlich einen Entscheid, den das Bundesverwaltungsgericht bereits im Jahr 2021 gefällt hatte.

Damals hiess es im Titel der Medienmitteilung «Bundesverwaltungsgericht bestätigt vorsorgliche Massnahmen der Weko». Die Rede war auch, dass Swisscom die Massnahmen der Weko als verfehlt erachte und damit der Schweiz «eine Verzögerung des Glasfasernetzausbaus bis in die Wohnungen und Geschäfte zum Nachteil von Wirtschaft und Gesellschaft» drohe.

Swisscom als Verzögerer

Mit dem Entscheid des höchsten Gerichts der Schweiz kommt heraus – Swisscom verursachte eigentlich die Verzögerungen selbst. Nun könnte man meinen, der Staatsbetrieb gibt klein bei, verschwendet nicht noch mehr Staatsgeld für die Angelegenheit und erklärt auf normale Weise, dass die Strategie fehlgeschlagen sei.

Doch weit gefehlt. Im Gegenteil, die Medienmitteilung am Abend zeugt von der Verschleierungstaktik.

Diese ist nämlich bloss Teil einer Gesamtkommunikation. Am Dienstagmorgen gab der Telekomkonzern flächendeckend bekannt: «Das beste Mobilfunknetz gibt es bei Swisscom». Diese Medienmitteilung hatte auch muula.ch erhalten.

Den Entscheid des Bundesgerichts hatte Swisscom dann wohl «vergessen», dem neuen Wirtschaftsnews-Portal zuzustellen.

Arbeit der Medien ausgenutzt

Hintergrund der ganzen Swisscom-Aktion am Morgen dürfte aber der Umstand sein, dass viele Medienhäuser kaum zwei Meldungen zu ein und demselben Unternehmen an einem Tag bringen wollen, weil es viel zu eintönig erscheint.

Dann senden Firmen nicht selten am Morgen eine positive News, die Zeitungen und Radios aufnehmen.

Am Abend kommt dann etwas Negatives und Journalisten sind zu diesem Zeitpunkt entweder schon im Feierabend oder aber, diejenigen, die es noch sehen, verzichten wegen der Einseitigkeit auf eine Publikation.

Nette Verpackung

Selbst im Oktober, als die Anwälte der Swisscom wahrscheinlich schon im Bilde darüber waren, wie das Bundesgericht entscheiden werde, publizierte die Swisscom die ganze Angelegenheit nur innerhalb der Kommunikation ihrer Quartalsergebnisse.

Genau dort versteckte Swisscom das Einknicken vor der Weko und den Strategieschwenk: «Damit Kunden die schnellen FTTH-Anschlüsse nutzen können, hat Swisscom entschieden, im Netzausbau neue Anschlüsse grösstenteils in der Punkt-zu-Punkt-Architektur (P2P) auszuführen und bereits bestehende P2MP-Anschlüsse teilweise in P2P umzubauen». Das klingt doch positiv.

Aber es gibt kein Wort vom anstehenden Bundesgerichtsurteil, welches das Umdenken der Swisscom beeinflusst haben dürfte und wenige Tage später fiel (Urteil 2C_876/2021 vom 2.11.2022).

Das eigentliche Verfahren mit der Weko ist dabei noch nicht mal entschieden, es ging nur um die vorsorglichen Massnahmen.

Bluewin filtert

Doch das ist nicht der einzige Punkt bei dem Staatsunternehmen, wie es zwar gewiss rechtlich korrekt die Öffentlichkeit über ihre eigene Situation informiert, aber weite Teile der Schweiz dann dennoch im Unklaren lassen dürfte.

Über den vermeintlichen Nachrichtenkanal «Blue News» beziehungsweise bluewin.ch, den Swisscom betreibt, suggeriert es, ein normales Medienunternehmen zu sein. In Wirklichkeit werden die Nachrichten aber fein säuberlich orchestriert.

In der Schweizer Medienlandschaft ist es nämlich ein offenes Geheimnis, dass Swisscom beispielsweise die Meldungen von tatsächlichen News-Lieferanten auf kritische Aussagen zu Swisscom prüft und notfalls Negatives die über den eigenen Staatskonzern nicht publiziert.

Da bräuchten Schweizer also eigentlich gar nicht so kritisch auf China schauen, oder? Es ist also nur Sonnenschein für den Swisscom-Konzern in der Kommunikation gewünscht.

Credit Suisse springt auf

Wenn Unternehmen oder Behörden aber am Abend irgendetwas der Öffentlichkeit mitzuteilen haben, müssen Journalisten hellhörig werden und besonders genau hinsehen.

Auch die Krisenbank Credit Suisse versuchte diese Taktik unlängst. Das neue Wirtschaftsnews-Portal der Schweiz, muula.ch, machte aber mit einer Analyse der Angelegenheit mitten in der Nacht und einem Beitrag am nächsten Morgen einen Strich durch diese Rechnung.

30.11.2022/kut.

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