Wenige Worte bringen 300-Milliarden-Markt ins Taumeln

Verwaltungsratschefin der Finma, Marlene Amstad
Die Finma-Chefin Marlene Amstad handelt sich Probleme mit Anleihegläubigern ein. (Bild: PD)

Die Finanzmarktaufsicht Finma hat Anleihen der Credit Suisse für wertlos erklärt. Dies wirbelt den Markt für solche Papiere total durcheinander.

Die Worte der Chefin der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma, Marlene Amstad, klangen eigentlich harmlos.

Die von der Finma angeordnete Wandlung von entsprechenden AT-1-Kapitalinstrumenten in Eigenkapital bringe Stabilität für die Kundinnen und Kunden der Bank, für den Finanzplatz und für die Finanzmärkte allgemein, sagte Amstad am Sonntagabend auf der Pressekonferenz des Bundes zur kriselnden Credit Suisse (CS).

Die historische Medienorientierung hatte auch muula.ch live übertragen.

Falsche Anwendung

Was so unverfänglich die Aussagen von Amstad klangen, hatten sie aber den Verlust von 17 Milliarden Dollar für Investoren zur Folge.

Wie die angelsächsische Presse um «Financial Times» und «Economist» nun schreibt, traf diese Massnahme den Anleihemarkt tief ins Mark.

Die Instrumente, die nach der jüngsten Finanzkrise geschaffen worden waren, seien nämlich für völlig andere Fälle konzipiert worden.

Automatisch Eigenkapital

Die Idee hinter den Anleihen, die mal als Coco-Bonds, mal als AT1-Anleihen bezeichnet werden, sollten eigentlich im finanziellen Krisenfall bei einem Finanzinstitut zur Anwendung kommen.

So würden sich diese Anleihen, falls die Kernkapitalquote bei dem betreffenden Kreditinstitut zu einem Quartal unter 7 Prozent fallen würde, automatisch in Eigenkapital wandeln und erhöhten damit wieder die Kennzahl.

Hohe Verzinsung

Davor zählen sie für die Geldinstitute quasi als Eigenkapital, müssen aber von den emittierenden Gesellschaften viel weniger als Eigenmittel verzinst werden. Bei der CS lagen die Renditen im vergangenen Jahr für solche Papiere bei 9,75 Prozent.

Normal sind 6 bis 7 Prozent, was in der Niedrigzinsphase eine willkommene Abwechslung für Anleger war.

Für Investoren sind sie attraktiv, weil sie quasi nur im sehr unwahrscheinlichen Fall einer Bankenpleite ausfallen und dennoch deutlich attraktiver als andere Anleihen verzinst werden.

Strich durch Rechnung

Dies war ein moderner Weg, damit Finanzinstitute für die Zukunft gewappnet sind. Schliesslich brauchen sie nur für Krisensituationen einen zusätzlichen Geldpuffer.

Doch bei der Credit Suisse betonte die Finma nun mehrfach, dass alle Kapitalanforderungen, einschliesslich jene für systemrelevante Banken, erfüllt seien. Damit wären die Bonds nicht in Eigenkapital gewandelt worden.

Wie aber offenbar aus dem Kleingedruckten bei den Papieren hervorgeht, könne die Aufsichtsbehörde Finma eine Entwertung beziehungsweise Abschreibung auf Null anordnen. Dies sorgt für Verunsicherung an dem entsprechenden Kapitalmarkt.

Verkehrte Welt?

Die Aktionäre der CS gehen allerdings nicht leer aus, sondern erhalten 76 Rappen pro Aktie, wie das Kaufangebot der UBS für die Krisenbank CS lautet.

Von der Rangfolge von Eigentümern und Gläubigern einer Firma, die in Schwierigkeiten geraten ist, will die Aufsichtsbehörde da offenbar nichts mehr wissen. Wenn schon Anleihegläubiger leer ausgehen, dürften Aktionäre im Falle eines Unternehmenszusammenbruches erst recht kein Geld für ihre Papiere erhalten. Sie rangieren hinter den Anleihegläubigern.

Anwälte bringen sich in Stellung

Nun formiert sich Widerstand gegen diese Vorgehensweise, weil mit dem Finma-Entscheid einfach der UBS ein Geschenk von 17 Milliarden Dollar beziehungsweise umgerechnet 15,8 Milliarden Franken, gemacht wurde, wie auch muula.ch berichtete.

Anwälte, wie jene der berühmten Kanzlei Quinn Emanuel Urquhart & Sullivan, suchen daher «Opfer», die sie vertreten können.

Präzedenzfall in Spanien

Der Markt dieser Anleihen ist insofern verunsichert, als es eine solche Situation noch nie gegeben hat.

Zwar hat ein Regulator bereits einmal in Spanien im Jahr 2017 bei der Krisenbank Banco Popular alle AT-1-Anleihen ausradiert. Doch dort hatte es tatsächlich einen Verlust des Eigenkapitals unter kritische Schwellenwerte gegeben.

Die Klagen dagegen waren daher auch erfolglos geblieben.

Finma-Chefin Amstad wird sich wohl gedacht haben, lieber einen Markt von 300 Milliarden in Wanken bringen, als den ganzen Kapitalmarkt.

21.03.2023/kut.

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