Versicherer Swiss Life vergrault Investoren

Hauptsitz der Swiss Life in Zürich
Ein dunkler Schatten fällt auf die Swiss Life. (Bild: muula.ch)

Die Swiss-Life-Gruppe fällt immer wieder negativ auf. Investoren nehmen bei dem Versicherer gleich Reissaus.

Wenn an einem Freitagabend eine Firma oder eine Behörde eine Medienmitteilung verschickt, so kann man davon ausgehen, dass es einen Umstand betrifft, der möglichst vor der Öffentlichkeit ferngehalten werden soll.

Die Samstagsausgaben der Zeitungen sind bis auf die Frontseite weitestgehend fertiggestellt und für die Sonntagspresse sind die Angaben auch meist zu spät.

Und am Montag darauf spielt die Meldung vom vergangenen Freitag ohnehin kaum noch eine Rolle.

Nichts Positives gefunden

Nun gab die Swiss-Life-Gruppe unlängst eben genauso eine Medienmitteilung am Freitagabend um 18:30 Uhr heraus.

Die Überschrift lautete «Swiss Life publiziert Bericht über die Finanzlage».

Der nüchterne Titel verriet, dass der Pressestelle offenbar nichts Positives eingefallen ist, als den Umstand der Publikation hervorzuheben.

Sinkende Solvenz

Tatsächlich ist die Solvenz der Swiss Life im Report gesunken.

Es ging in Zeiten, in denen andere Versicherer steigende Solvenzquoten von 300, 400 oder sogar fast 500 Prozent aufweisen, bei dem Zürcher Lebensversicherer um 8 Prozentpunkte auf 215 Prozent nach unten.

Das risikotragende Kapital reduzierte sich zudem um 6,4 Milliarden Franken beziehungsweise um fast 30 Prozent auf noch 33,6 Milliarden Franken, mussten Interessierte dann im Report selbst herausfinden.

Helvetia als Richtmarke

Der Bericht selbst ist wohlgemerkt auch nicht unter den aktuellen Publikationen 2023 zu finden, sondern wurde fein säuberlich auf der Webseite ans Ende der Veröffentlichungen für das Jahr 2022 gepackt.

Wie positiv andere Versicherer, etwa wie die Helvetia-Gruppe, mit einem solchen Report umgehen, hatte muula.ch unlängst als Vorzeigebeispiel hervorgehoben.

Das normale Eigenkapital der Swiss-Life-Gruppe war per Ende 2022 ohnehin schon um horrende 40 Prozent auf nur noch 9,5 Milliarden Franken eingebrochen, wie muula.ch auch berichtete.

Auch sonst gab es 2022 beachtlich viele Probleme.

Verlorenes Geld

Die Gruppe bezahlte zudem deutlich mehr in einer Finanzierungsrunde als der Basler Konkurrent Baloise. Dies berichtete muula.ch exklusiv.

Es schleckte keine Geiss weg, dass Swiss Life rund 6,5 Millionen Franken mehr für eine vergleichbare Anleihe ausgeben musste als Baloise. Das ist für Swiss-Life-Investoren verlorenes Geld, zeigt aber, wie die Risiken eingeschätzt werden.

Doch bei Swiss Life liegt nicht nur dies im Argen und dürfte Investoren generell verärgern.

Prozentabweichung nicht verfügbar

So publizierte der auf Lebensversicherungen fokussierte Konzern am heutigen Donnerstag ein paar Quartalszahlen.

An der Aufstellung der Werte stolpern Interessierte aber über die Angabe «Nicht verfügbar» bei einer Prozentabweichung.

Es betrifft das Prämienwachstum im Segment International, das um über 300 Prozent auf 1,1 Milliarden Franken förmlich explodierte.

Mit dieser Zahlenangabe hätte der Konzern die Leser wahrscheinlich direkt mit der Nase darauf gestossen, dass dort das Wachstum im ersten Quartal hauptsächlich herrührte.

Dies sei auf die Integration von elipsLife zurückzuführen, hiess es lediglich zur Erklärung an einer Stelle – ohne aber zu sagen, wie hoch die Effekte der Akquisition genau waren.

Anleitung zum Lesen

Damit das Thema Solvenz auch nicht wieder aufflammt, schrieb der Versicherer in der Medienmitteilung wohl den süffisanten Hinweis, dass das Sinken der Quote beim Swiss-Solvency-Test keine News ist:

«Wie bereits im Rahmen der Publikation des Berichts über die Finanzlage kommuniziert, wies die Swiss Life-Gruppe per 1. Januar 2023 eine SST-Quote von 215 Prozent aus (1. Januar 2022: 223 Prozent)», hiess es und meinte die Bekanntmachung am Freitagabend vor zwei Wochen.

Auffällig am Erreichten im ersten Quartal ist auch, dass im grössten Auslandsmarkt Frankreich die Prämieneinnahmen zum Vorjahresquartal um deutliche 6 Prozent auf 1,7 Milliarden Franken sanken. Dort sollte es eigentlich nach oben gehen.

In Deutschland betrug das Wachstum nur 3 Prozent.

Asset Manager schwächelt

Und auch im Asset Management, dem zweiten Standbein der Swiss Life neben Lebensversicherungen, gingen die Fee-Einnahmen um markante 12 Prozent auf 214 Millionen Franken nach unten.

Der massive Rückgang bei Immobilientransaktionen im europäischen Markt habe zu tieferen Einnahmen beim Asset Manager geführt, teilte die Gruppe zu den Ursachen mit. Schuld sind also die anderen.

Nur Personalbestand wächst

Wer sich die Fünf-Jahres-Übersicht der Swiss-Life-Gruppe anschaut, dem fällt auf, dass die Zahl der Mitarbeiter seit 2018 um fast 20 Prozent in die Höhe geschnellt ist.

Bei dem Versicherer gibt es nunmehr über 10.100 Vollzeitstellen.

Die Prämieneinnahmen liegen aber in der Übersicht fast ohne jegliches Wachstum bei etwas über 19 Milliarden Franken.

Eine Wachstumsstory sieht wahrscheinlich anders aus.

Dabei muss man in den fünf Jahren noch den Rückkauf von fast zehn Prozent der verfügbaren Aktien erwähnen. Es ist für den Konzern also lukrativer, die eigenen Titel zurückzukaufen, als das Geld etwa in andere Bereiche innerhalb des Versicherers zu investieren.

Aktienrückkäufe enden

Dass es bei Swiss Life nicht so rosig läuft, haben die Investoren nun offenbar auch selbst gemerkt.

Der Aktienkurs ging am heutigen Donnerstag um über drei Prozent nach unten. Vielleicht haben die Börsianer auch die Bedeutung des unscheinbaren Satzes im Communiqué verstanden:

«Das seit Anfang Dezember 2021 laufende Aktienrückkaufprogramm von 1 Milliarde Franken steht plangemäss kurz vor dem Abschluss.»

Will nun nicht mal mehr Swiss Life selbst in sich investieren?

Vielleicht kommt die Antwort auf diese Frage in einer Mitteilung an einem Freitagabend.

11.05.2023/kut.

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