Clevere Strategie bei Helvetia Versicherungen

Helvetia-Versicherungsgruppe in St. Gallen
Die Helvetia-Gruppe macht gemäss Risikoanalyse genau das Richtige. (Bild: PD)

Finanzinstitute müssen jährlich einen Bericht zur Finanzlage publizieren. Manche verstecken die Reports auf ihren Webseiten. Helvetia bereitet die Angaben dagegen spannend auf.

Ist eine Solvenzquote von mehreren 100 Prozent bei einem Schweizer Versicherer aussagekräftig? Ja, sagen die einen.

So weist die Versicherungsgruppe Helvetia am heutigen Donnerstag sogar freudig per Medienmitteilung zum Januar 2023 eine Quote beim Swiss-Solvency-Test (SST) der Finanzmarktaufsicht Finma von 331 Prozent aus.

Anforderungen übertroffen

Im Vorjahr waren es schliesslich «nur» 260 Prozent gewesen.

Der St. Galler Versicherer verzeichnete einen deutlichen Anstieg bei der Solvenzquote und übertrifft damit die regulatorischen Anforderungen von 100 Prozent deutlich.

Mit der starken Solvenz und einer ausgewogenen Risikoposition zeige sich die Helvetia-Gruppe in einer äusserst resilienten und soliden finanziellen Lage, frohlockte der Konzern.

Mobiliar sticht hervor

Doch sind 331 viel oder wenig?

Diese Frage beantwortet ein kleiner Marktüberblick, den die Berner Mobiliar-Versicherung regelmässig zu Einzelgesellschaften publiziert.

Sie kommt dabei nämlich auf einen Wert von fast 500 Prozent und lässt Helvetia bei der SST-Quote regelrecht alt aussehen.

Allianz Suisse Versicherungen liegen bei diesem flüchtigen Vergleich in etwa auf Helvetia-Niveau.

Und die Baloise Versicherungen, Generali Allgemeine und Zurich Insurance landen doch teils deutlich abgeschlagen von der Mobiliar.

Eigenmittel zählen

Viel können Kunden daher wohl mit den Kennzahlen nicht anfangen. Es lässt sich kaum ablesen, welcher Versicherer oder welche Assekuranz-Gruppe insgesamt der oder die Bessere ist.

Letztlich kommt es aber ohnehin auf das harte Eigenkapital einer Firma an und dies ist bei allen Versicherern markant zurückgegangen, wie muula.ch regelmässig berichtete.

Man müsste also in die Details gehen und da kommt die Helvetia-Gruppe wieder ins Spiel.

Effekte anschaulich erklärt

Neben der Medienmitteilung publizierte der St. Galler Versicherungskonzern nämlich auch eine Präsentation der Ergebnisse des Finanzreports und dort gewährt die Gesellschaft einen spannenden Einblick in ihr Geschäftsmodell, den man bei anderen Versicherern lange suchen müsste.

So wird auf einer Folie übersichtlich dargestellt, dass der Anstieg der SST-Quote gegenüber dem Vorjahr zu 70 Prozentpunkten auf den guten Einfluss vom Kapitalmarkt sowie zu 18 Prozentpunkten auf den Verkauf der spanischen Lebensversicherungsgesellschaft Sa Nostra Vida zurückzuführen ist.

Interessant ist zudem, dass Änderungen bei den Modellannahmen den Solvenzwert um 9 Prozentpunkte belasteten – ohne diese Anpassungen wäre das Resultat noch besser gewesen.

Höhere Risiken

Das Geschäft mit Lebensversicherungen bindet viel Risikokapital – insofern wirkte der Verkauf befreiend.

Hinzu kam ein Anstieg des Zinsniveaus, was der Assekuranz mit der Erhöhung des risikolosen Zinses hilft.

Negativ wirkte laut den Angaben bei der Helvetia auf die Kapitalanforderungen, dass höhere Risiken in der Sachversicherung, höhere Selbstbehalte sowie grössere Immoblien- und Private-Equity-Exposures auf sich genommen wurden.

Konjunktur würde belasten

Doch besonders spannend sind die Sensitivitätsanalysen beim SST, weil Interessierte dabei sehen können, wie die Versicherungsgruppe auf externe Schocks reagiert. Diese sind im Anhang dargestellt.

Eine Ausweitung der Spreads um 50 Basispunkte, also einer deutlichen Konjunkturverschlechterung oder wachsenden Risikoaversion der Kapitalmärkte, hätte 2021 zu einem Rückgang der SST-Quote um 24 Prozentpunkte geführt.

Schock bei Immoblien

Das grösste Risiko war bei der Helvetia-Gruppe aber ein ganz anderes: Der SST-Wert wäre 2021 nämlich um 26 Prozentpunkte in die Knie gegangen, wenn der Immobilienmarkt um zehn Prozent eingebrochen wäre.

Alles andere, wie ein Rückgang der Aktienmärkte um zehn Prozent, eine Verschlechterung des Euro-Franken-Wechselkurses oder eine Zinssenkung um 50 Basispunkte hätte «bloss» eine Solvenzminderung von 8, 4 beziehungsweise 1 Prozentpunkten zur Folge gehabt.

Konzentration auf Wesentliches

Im Jahr 2022 verschärft sich allerdings nun die Lage. Eine Zinssenkung um die 50 Basispunkte würde sich um 16 Prozentpunkte negativ auf die Solvenz auswirken. Bei Ausweitung der Speads ginge es mit dem Solvenzwert sogar um 21 Prozent nach unten.

Und ein Crash am Immobilienmarkt haute mit 34 Prozentpunkten negativ auf die Solvenz rein. 

Während Helvetia den Zinsentwicklungen und einer Konjunkturverschlechterung weitestgehend ausgeliefert ist, kann sich der Konzern auf einen Einbruch am Immobilienmarkt gut vorbereiten.

Das grösste Risiko platziert der Versicherer nämlich schrittweise am Kapitalmarkt, wie muula.ch unlängst über die clevere Strategie berichtete.

27.04.2023/kut.

Clevere Strategie bei Helvetia Versicherungen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert