Transparenz der Schweizer Börse lässt zu wünschen übrig

Schweizer Börse SIX
Die Schweizer Börse SIX ist intransparent. (Bild: PD)

Die Schweizer Börse SIX verlangt von Wertpapieremittenten grosse Transparenz und Korrektheit. Da sollte der Börsenbetreiber aber auch selbst ein Vorbild diesbezüglich sein.

Die Schweizer Börse SIX hat im ersten Halbjahr einen Gewinneinbruch erlitten.

Der Reingewinn ging laut einer Medieninformation um rund 13 Prozent beziehungsweise um 16,2 Millionen Franken auf 105 Millionen Franken zurück.

Das operative Ergebnis brach im ersten Semester des laufenden Jahres sogar um 17 Prozent beziehungsweise um 22,7 Millionen Franken auf 133 Millionen Franken ein.

Vorjahr wirklich zu gut?

Als Grund für die Rückgänge gab der Schweizer Börsenbetreiber an, dass der Vorjahreswert aufgrund eines positiven Einmaleffekts aus der vollständigen Übernahme des Transaktionsregisters Regis-TR im ersten Halbjahr 2022 besonders gut gewesen sei.

Die Ausrede, dass man im Vorjahr wegen Sonderfaktoren besser gewirtschaftet habe, bringen übrigens viele Firmen in solch einem Fall. Meist lohnt sich dabei, die Situation im Vorjahr näher zu beleuchten.

Grosser Zahlenfriedhof

Doch davon einmal abgesehen sagte die SIX nicht, wie gross denn dieser positive Effekt im Vorjahressemester gewesen ist.

Somit können Externe auch nicht sehen, wie stark der Gewinneinbruch tatsächlich auf dieses Einmalereignis zurückzuführen ist.

Selbst in einer Medienpräsentation werden die genauen Zahlen nicht ausgewiesen, obwohl die Slides in den Augen von muula.ch wie Zahlenfriedhöfe aussehen. 

Erklärungsbedürftige Vorgänge

Im Detail geht es bei der Vorjahresdifferenz um den 50-Prozent-Zukauf von REGIS-TR, mit dem die SIX im März 2022 die Gesamtfirma erwarb. Ein unterjähriger Wechsel in der Buchhaltung auf Vollkonsolidierung ist aber eine komplexe Angelegenheit, die eigentlich grossen Erklärungsbedarf hat.

Im jüngsten Halbjahresbericht steht, dass der Vorsteuergewinn für das erste Halbjahr 2022 von der Transaktion seit der Übernahme um rund 1 Million Franken positiv beeinflusst war.

Da fragen sich Externe wahrscheinlich, ob dieses Milliönchen den Gewinneinbruch vollständig erklären kann.

Gewinneinbruch bleibt unklar

An einer anderen Stelle heisst es aber, der Finanzertrag im ersten Halbjahr 2022 sei wegen der REGIS-TR-Transaktion um 10,3 Millionen Franken höher gewesen.

Alles klar? Wohl kaum. Selbst wenn Beobachter nun einfach mal zehn Millionen im Vorjahressemester abziehen würden, kämen sie nicht auf den Betrag des Gewinneinbruches.

Schaut man in den Semesterabschluss 2022, der die Akquisition auch schon umfasste, so heisst es im dazugehörigen Communiqué: «Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) liegt mit 161,4 Millionen Franken um 4,9 Prozent über dem Vorjahresniveau. Dies ist auf einmalige Effekte im Finanzerfolg zurückzuführen, die sich hauptsächlich durch die vollständige Übernahme des Transaktionsregisters REGIS-TR ergaben».

Die Differenz ist aber «nur» 7,6 Millionen Franken. Wie immer man es auch wendet, der Vorgang wird nicht klarer.

Zukauf von 50 Prozent

REGIS-TR ist ein europäisches Transaktionsregister für die Meldung von Geschäften und Transaktionen über mehrere Produktklassen und Rechtsordnungen hinweg, das Finanzinstituten und Nicht-Finanzinstituten offensteht.

Das Joint Venture zwischen Iberclear der Börse in Madrid (BME) und Clearstream der Deutschen Börse wurde im Jahr 2010 gegründet und habe sich zu einem führenden europäischen Transaktionsregister entwickelt, hiess es in der Original-Medienmitteilung.

Da die Schweizer Börse SIX die spanische Börse BME gekauft hat, gehörten ihr also bereits 50 Prozent der Aktivitäten. Mit dem Zukauf kam die SIX auf 100 Prozent von REGIS-TR.

Kaufpreis doch klar?

Allerdings hiess es in der Medienmitteilung vom 3. September 2021 zu dem Deal, die finanziellen Einzelheiten der Übernahme würden nicht publiziert.

Da könnte die Schweizer Börse aber durchaus gleich transparenter sein, denn irgendwann im Jahresabschluss kommen Angaben zu solchen Deals sowieso ans Tageslicht.

So berichtete die SIX im Jahresabschluss 2022 denn auch, dass SIX zum Closing der 50-Prozent-Transaktion Bargeld in Höhe von 64,5 Millionen Franken überwiesen habe.

Plötzlicher Wechsel der Sprache

Für das Gesamtjahr sei durch den Deal der Vorsteuergewinn um 5,9 Millionen Franken gestiegen, hiess es weiter.

Falls die Transaktion aber schon zum 1.1.2022 erfolgt wäre, hätte das Vorsteuerergebnis nochmals um 1,3 Millionen Franken höher gelegen, gab die SIX zudem an. Auch hierbei zeigt sich allerdings, dass die ganzen Informationen kaum zur vollständigen Klarheit beitragen.

Im deutschsprachigen Geschäftsbericht wechselt der Börsenbetreiber zwischendurch sogar einfach ins Englische, obwohl dies nicht einmal eine offizielle Landessprache der Schweiz ist.

Und ausserdem fasste die SIX die im Börsengeschäft tätigen Business Units in einer neuen Einheit mit dem Namen «SIX Exchange Group» zusammen. Ein Schelm, wer dabei denkt, dass mit den daraus resultieren Anpassungen die Klarheit steigt.

Die SIX publiziert zwar jede Menge an Zahlen, aber eben nicht die Richtigen zum Verständnis von Entwicklungen.

UBS als zwei Grossbanken?

Wenn Sergio Ermotti, der CEO der Monsterbank UBS, aber den Verwaltungsratspräsidenten der SIX, Thomas Wellauer, kontaktiere, dann wird er ihm den Gewinneinbruch wahrscheinlich genau erklären.

Nach der Notfusion der Krisenbank Credit Suisse (CS) ist die UBS nämlich mit 34,5 Prozent der grösste Ankeraktionär der Schweizer Börse.

Zwar schreibt die SIX unter Corporate Governance, dass Grossbanken zu 34,5 Prozent die Besitzer unter den 120 Geldinstituten seien. Doch dies kann mit dem Untergang der CS eigentlich gar nicht mehr stimmen.

In der Schweiz gibt es ja bloss noch eine Grossbank. Ausländische Geldinstitute sind in der Kategorie Auslandsbanken ausgewiesen.

Wer Böses will, könnte dies der SIX als Verschleierung der tatsächlichen Eigentumsverhältnisse auslegen.

Beherrschender Einfluss?

Selbst die Angabe, dass die Aktien der SIX so gestreut seien, dass keine Eigentümer- oder Bankenkategorie über eine absolute Mehrheit verfüge, könnte sich als trügerisch erweisen.

Die UBS als Gross-Grossbank habe 34,5 Prozent an der SIX und Handels- sowie Investmentbanken besitzen 17,6 Prozent, steht dort geschrieben. Die Unterscheidung zwischen der UBS und Handels- sowie Investmentbanken dürfte sich aber mittlerweile als ziemlich schwierig erweisen.

Mit so einem herrschenden Einfluss der UBS auf die SIX müsste die Grossbank laut Experten eigentlich die gesamten Aktivitäten der Schweizer Börse in ihrem Abschluss vollkonsolidieren.

Nähere Angaben liefern

Was heisst dies alles nun? Die SIX sollte, erstens, nicht mit der Angabe verwirren, dass sie keine finanziellen Details zu Transaktionen bekanntgebe, wenn sie es später doch irgendwie tut.

Gleichzeitig sollten alle Informationen, wie die Eigentümerstruktur und vor allem die Corporate Governance, logischerweise stimmen.

Zudem sollte die Börse, zweitens, die Einmaleffekte im Halbjahr auch ganz genau angeben, wenn sie damit Abweichungen zu Vorjahreswerten erklären will.

Die Angaben zu den Vorjahresdifferenzen sollte die SIX selbst dann publizieren, wenn sie dies als nicht-kotierte Aktiengesellschaft gar nicht müsste. Andernfalls ist die blosse Nennung des Umstandes für Externe nämlich nutzlos und wirkt intransparent auf dem Schweizer Finanzplatz.

Strafen an Emittenten

Und, drittens, gibt die Schweizer Börse bei alldem überhaupt kein gutes Vorbild für den Finanzplatz Schweiz ab, wenn sie etwa Emittenten, die bei ihr gelistet sind, wegen Kleinstmängeln in der Transparenz oder nicht rechtzeitigen Publikation von Änderungen rügt und sogar büsst, wie dies muula.ch regelmässig berichtet.

Sie selbst weist dann aber gehörige Mängel bei der Transparenz auf und glänzt sogar mit Falschangaben auf ihrer Webseite.

25.07.2023/kut.

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