Streit in der Beruflichen Vorsorge

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Die garantierte Verzinsung in der 2. Säule steigt. (Bild: G. Altmann / pixabay)

Der Bundesrat hat ein Machtwort bezüglich der Mindestverzinsung in der 2. Säule gesprochen. So clever war das Ganze aber nicht.

Es ist schon fast ein Ritual, das sich gegen Ende eines jeden Jahres in Bern abspielt.

Für die Milliarden an Vorsorgegeldern in der 2. Säule, also in der Beruflichen Vorsorge, muss das Land die Mindestverzinsung für den obligatorischen Teil festlegen.

Anstieg des Zinsniveaus

Dabei spielt selbstverständlich das Marktniveau bei den Zinsen eine Rolle und dieses ist im laufenden Jahr stark gestiegen. Das Tal der Tränen beim Zinsniveau war unlängst verlassen worden, weil die Inflation stark zugelegt hatte.

Am heutigen Mittwoch sprach der Bundesrat nun ein Machtwort bei der Mindestverzinsung. Er hob das Zinsniveau ab Januar 2024 um 0,25 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent an.

Der Zinssatz der Bundesobligationen sei 2022 deutlich gestiegen, hiess es zur Begründung.

Leitzins bei 1,75 Prozent

Lag die Verzinsung der 10-jährigen Bundesobligationen Ende 2021 noch bei minus 0,13 Prozent, betrug der Zinssatz per Ende September 2023 immerhin schon 1,09 Prozent.

Vor allem im kurzfristigen Bereich sei der Zinsanstieg deutlich, führte die Landesregierung weiter aus und verwies auch auf Leitzins der Schweizerischen Nationalbank SNB, der aktuell bei 1,75 Prozent liegt.

Die Eidgenössische Kommission für berufliche Vorsorge habe sich obendrein am 4. September ebenfalls für eine Anhebung des Mindestzinssatzes von 1,0 auf 1,25 Prozent ausgesprochen.

Arbeitgeber bremsen

Die Meinungen über einen «richtigen» Wert gehen dabei aber weit auseinander. Während die Gewerkschaften diesmal 2 Prozent verlangten, sprachen sich die Fédération des Entreprises Romandes und der Kaufmännische Verband für einen Mindestzins von 1,5 Prozent aus.

Der Bauernverband und der Gewerbeverband bevorzugten 1 Prozent, während der Arbeitgeberverband für 0,75 Prozent votierte.

Warum sich die Schweizer Landwirte da einmischen, obwohl sie gar nicht in die Berufliche Vorsorge einzahlen und es im Scheidungsfall nichts zum Teilen gibt, wie muula.ch berichtete, bleibt dabei ein Rätsel.

Verluste verdauen

Der Bundesrat setzte nunmehr 1,25 Prozent durch. Die Performance von Aktien und Anleihen war im vergangenen Jahr negativ, während sich in diesem Jahr die Werte wieder verbesserten.

Bei den Aktien verlor der Swiss Performance Index im Jahr 2022 immerhin 16,5 Prozent. Der Swiss Bond Domestic AAA – BBB verlor im Jahr 2022 zudem 12,9 Prozent.

Anhand dieser Zahlen lässt sich zeigen, dass die Vorsorgeeinrichtungen mit dem BVG-Mindestzins unter Zugzwang kommen, denn sie müssen diesen mindestens gutschreiben, selbst wenn sie, wie im Jahr 2022, auf den Anlagegeldern eigentlich Verluste erwirtschaftet haben.

Je höher der Mindestzins ist, desto schwieriger wird es in komplizierten Anlagejahren für Pensionskassen & Co., diese Garantie zu erbringen.

Läuft es allerdings besser, wie die laufenden Renditen in der Beruflichen Vorsorge derzeit zeigen, wie muula.ch berichtete, spielt der Mindestzins eigentlich kaum eine Rolle, weil die Arbeitnehmer ohnehin eine höhere Verzinsung auf ihre Kapitalanlagen bekommen.

Nur Hälfte erwirtschaftet

Der Schweizerische Versicherungsverband SVV empörte sich auch umgehend zu diesem Bundesratsentscheid. Die Erhöhung sei sachlich nicht gerechtfertigt, hiess es in einer Stellungnahme.

Per Ende Juli 2023 habe der entsprechende Referenzwert für den Zins lediglich 0,54 Prozent betragen, was unter der aktuellen Mindestverzinsung von 1,0 Prozent liege.

Daher sei eine Senkung des Zinssatzes oder zumindest eine Beibehaltung der 1,0 Prozent angemessener gewesen, erklärte der SVV weiter.

Hoher Umwandlungssatz belastet

Ein Aufschlag von 0,7 Prozentpunkten über dem erzielten Niveau sei sachlich gewiss nicht gerechtfertigt. Der Entscheid bringe so manche Vorsorgeeinrichtung in Bedrängnis, lautete die Kritik weiter.

Der finanzielle Spielraum sei durch den hohen Umwandlungssatz ohnehin schon stark strapaziert, hiess es zu den Problemen.

Wenn die Pensionskassen & Co. wegen der Erfüllung all dieser Verpflichtungen in eine Schieflage kämen, dürfte der Bundesrat ein neues Problem am Hals haben.

01.11.2023/kut.

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