Schweiz will Nordkorea noch ähnlicher werden

Staatsmedien verbreiten News in Nordkorea
Gibt es in der Schweiz bald Staatsmedien wie in Nordkorea? (Bild: Random Institut / unsplash)

In der Schweiz kontrolliert der Staat schon viele Bereiche. Die Politik will noch eine Bastion an sich reissen und wie Nordkorea werden.

Die Schweiz – und das wissen viele nicht – ist eigentlich einer der grössten sozialistischen Staaten auf der Erde.

Die Menschen fahren im Lande mit der Staatsbahn SBB. Den Telekommunikationsmarkt der Schweiz dominiert die staatliche Telefongesellschaft Swisscom.

Üppiger Staatsapparat

Logisch, ist die Post in Staatshand. Und auch in der Bankenlandschaft reiht sich neben der staatlichen Postbank Postfinance ein staatliches Geldhaus an dem anderen.

Über Zürich, Basel und auch Zug bis in die Romandie gibt es praktisch überall Kantonalbanken.

Vom Gesundheitswesen, den regionalen Verkehrsbetrieben, den staatlichen Lottogesellschaften, dem Energiesektor, dem Staatsfernsehen, dem kontrollierten Mietmarkt sowie dem ganzen Staatsapparat, bei dem immer grössere Teile der Bevölkerung arbeiten möchten, ganz zu schweigen.

News als Service Public

Der Staat kontrolliert weite Teile des Schweizer Lebens – wohlgemerkt in einer weniger restriktiver Manier als kommunistische Länder. Doch nun macht die Politik nochmals einen grösseren Schritt auf Nordkorea zu.

Die Rede ist von den Medien, die nunmehr um eine staatliche Institution ergänzt werden sollen, wie der Bundesrat am heutigen Freitag fast verniedlichend mitteilte.

Er reagierte auf ein Postulat, bei dem «auch Modelle aufgezeigt werden, wie eine nationale Nachrichtenagentur im Sinne des Service Public betrieben und finanziert werden könnte».

Bisher war der Mediensektor eigentlich ein Tabu für den Schweizer Staat.

Allenfalls eine Subvention für die Zeitungszustellung und die kostenlose Nutzung des Medienzentrums in Bern waren als Staatshilfen für die Presse akzeptiert.

Nur drei Ideen

Die Schweizerische Nachrichtenagentur Keystone-SDA soll nun aber noch staatlicher werden, als sie es heutzutage ohnehin schon ist.

Der Schweizer Regierung schweben dabei drei Szenarien vor.

Alle Alternativen wurden offenbar im Vorfeld schon mal aussortiert, denn die ehemalige Schweizerische Depeschenagentur müsste sich eigentlich am Markt behaupten, doch das geht wohl nicht mit dem, was sie produziert.

Kaum Bedarf in Privatwirtschaft

Die Nachfrage der Schweizer Medienhäuser nach Dienstleistungen von Keystone-SDA ist nämlich mittlerweile so gering, dass der Staat in allen drei Szenarien mit viel Geld, teilweise mit den Mitteln der SRG, einspringen und die Agentur damit vollständig unter seine Kontrolle bringen wird.

Das ist fatal – weil die Regierung damit das weitverzweigteste Medium des Landes in allen Regionen und mit drei Landessprachen praktisch kontrolliert.

Geplant seien die drei Modelle: Eine Förderung im bisherigen Rahmen beziehungsweise eine moderate Erhöhung der finanziellen Unterstützung laut dem Entscheid des Parlaments zum Massnahmenpaket zugunsten der Medien aus dem Jahr 2021.

Fast immer profitabel

Und drittens schwebt dem Bundesrat die öffentliche Ausschreibung eines Leistungsauftrags an eine nationale Nachrichtenagentur vor.

Ein Blick in die Geschäftsberichte des Medienbetriebes zeigt aber, dass das Unternehmen im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Gewinn von 1,34 Millionen Franken erwirtschaftet hat.

Bereits im Jahr 2021 war ein Konzerngewinn von 1,53 Millionen Franken angefallen. Der Bericht vom Bundesrat erwähnte sogar den Gewinn von 2,4 Millionen Franken im Jahr 2015.

Nur Covid schlug rein

Im Jahr 2016 war das Konzernergebnis laut Recherchen von muula.ch bei einem Plus von rund 2 Millionen Franken. Im Jahr 2017 gab es wegen einer Fusion sogar bei 4,5 Millionen Franken an Gewinn. Im Jahr 2018 fiel ein Überschuss von 333.000 Franken an.

Und im Jahr 2019 betrug der Gewinn rund 1,6 Millionen Franken. Lediglich im Covid-Jahr 2020 gab es einen Verlust von 1,6 Millionen Franken – doch solche Fehlbeträge hatten viele Firmen zu dieser Pandemie-Zeit.

Es zeigt sich, dass die finanzielle Situation eigentlich alles andere als dramatisch ist, wenn immer ein Gewinn anfällt.

Millionen schon vom Bund

Was nun durch den Bericht aber noch klarer wird, ist, dass Keystone-SDA schon mit rund 4 Millionen Franken direkt am Tropf des Staates hängt.

Das Bundesamt für Kommunikation Bakom verhandelte nämlich bereits zum x-ten Mal eine Leistungsvereinbarung mit der Nachrichtenagentur und schickt Geld.

Aus ursprünglich zwei Millionen Franken pro Jahr sind mittlerweile vier Millionen Franken geworden.

Die Agentur gewöhnt sich an die Mittel vom Staat.

Weiteres Staatsgeld fliesst

Zudem arbeitet das Bundesamt für Kultur (BAK) im Bereich der Sprachenpolitik mit der Keystone-SDA zusammen und unterstützt in Partnerschaft mit dem Kanton Graubünden das italienische Angebot der Agentur für den Kanton Graubünden mit 285.000 Franken.

Abschliessend sei darauf hinzuweisen, dass die Bundeskanzlei ebenfalls eine wichtige Kundin der Keystone-SDA ist, wobei es sich hierbei allerdings nicht um eine richtige Subvention handelt.

Die Agentur erbringt für die Bundeskanzlei nämlich Leistungen im Wert von rund 2,8 Millionen Franken pro Jahr.

Verbreiten von Kernbotschaften

In der Summe von den 7,1 Millionen Franken an direkten Staatshilfen dürften die Einnahmen der staatlichen SRG und weiterer kantonaler Dienste, der Staatsbahn SBB, der Swisscom, der staatlichen Energie- und Verkehrsbetriebe, der staatlichen Post, der Lottogesellschaften und der ganzen Kantonalbanken sowie weiterer Staatsinstitutionen aber noch nicht einmal enthalten sein.

Einladungen zu staatlichen Pressereisen, über die dann Berichte angefertigt werden, kommen sicher auch noch obendrauf.

Es zeigt sich also, dass die nationale Nachrichtenagentur schon jetzt am Tropf des Staates hängt und extrem viel Staatsgeld erhält. Offenbar sind die Behörden mit der Qualität der Leistungen zufrieden, sprich, sie bekommen wahrscheinlich ihre Anliegen und Kernbotschaften gut verbreitet.

Und noch eine Randbemerkung: die rund 7,1 Millionen Franken direkt vom Bund ergeben ungefähr 71 Vollzeitstellen bei der Agentur, was heisst, dass bereits auf dieser Grundlage fast die Hälfte der aktuellen Belegschaft direkt vom Staat finanziert wird.

Das Geld der ganzen Staatsbetriebe allerdings noch nicht einmal mitgerechnet.

Doppelter Aufwand

Keystone-SDA ist aber eine gewinnorientierte Aktiengesellschaft, deren Hauptaktionäre die österreichische APA (Austria Presse Agentur), Tamedia, die Neue Zürcher Zeitung, die SRG und der Verlegerverband Schweizer Medien sind.

Was geht das Ganze also den Staat an? Nichts. Die Aktionäre halten aber gerne die Hand für Staatsgeld auf, ohne sich am Markt anstrengen zu müssen.

Früher war die Agentur praktisch ohnehin nur eine Art Einkaufsgemeinschaft für die Schweizer Medien. Heutzutage brauchen sie so etwas offenbar nicht mehr.

Die Medienhäuser verzichten vielfach auf diese Dienste, weil sie etwa die Verlautbarungen der Behörden auch direkt bekommen und keine Zusatzmeldungen von der Agentur dazu benötigen.

Das doppelte Aussortieren verursacht wohl bei den Kunden viel zu viel Aufwand.

Massenproduktion angefahren

Doch noch ein anderer Aspekt dürfte beim Rückzug der Medien von Dienstleistungen der Nachrichtenagentur eine grosse Rolle spielen. Es ist die ureigentliche Qualität.

Früher, also im Jahr 2018, publizierte die nationale Nachrichtenagentur der Schweiz mit 216 Vollzeitstellen exakt 166.658 News-Meldungen. Das steht so im Geschäftsbericht 2018.

Im Jahr 2022 verbreitete die Agentur laut der jüngsten Jahresrechnung mit 162,5 Vollzeitstellen aber 177.746 News-Meldungen insgesamt.

Mit rund 25 Prozent weniger Personal produziert die Newsfabrik aber fast zehn Prozent mehr Nachrichten.

Es geht offenbar um Masse, statt um Klasse.

Aufdecken von Missständen

Diese Massenproduktion brauchen die Medienkunden dann aber nicht.

Und je weniger Kunden die Agentur hat, desto teurer wird es für den Rest, der sich dann auch noch überlegt, ob sich das Abonnement für den Dienst noch lohnt.

Die Nachrichtenagentur scheint ohnehin komplett in die Bedeutungslosigkeit verfallen zu sein.

Früher hatte sich noch Meldungen, die weltweit Wellen schlugen. Dabei sei nur an den geplatzten Erdgasvertrag der Schweiz mit der Islamischen Republik Iran gedacht, was die SDA aufgedeckt hatte und die Schweizer Behörden eigentlich verschweigen wollten.

Politiker wollen «ihre» Journalisten

Recherchen brachten auch den gewinnbringenden Handel der Ems-Chemie mit eigenen Aktien sowie unbekannte Verluste des ägyptischen Oligarchen Samih Sawiris in Andermatt zum Vorschein. Das das ist alles längst vorbei.

Doch warum sollte da nun der Staat noch mehr einspringen?

Wahrscheinlich finden es die Politiker einfach toll, wenn ihnen wenigstens die nationale Agentur zuhört und auch noch über sie schreibt. Denn nicht selten ist das Gesagte langweilig und die Traditionsmedien bringen gar keine Beiträge darüber.

Politiker müssten sich aber ohne eine Staatsagentur viel mehr anstrengen, das Interesse der Medienschaffenden auf sich zu ziehen.

Ausreichend Nutzen stiften

Die Schweizerische Nachrichtenagentur sollte jedoch generell mehr Produkte auflegen, die bei den Medienhäusern einen Nutzen stiften und reissenden Absatz gegen Geld finden. Daran hapert es aber offensichtlich.

Die Firma produziert schon heute mit viel Staatsgeld komplett am Markt vorbei.

Die Regionalbüros der Agentur liefern beispielsweise genau die Lokalnachrichten, welche die Medienhäuser in der Privatwirtschaft – trotz aller Zentralisierungen mit Mantelredaktionen – noch für ihre Regionalausgaben selber machen.

Agenturmeldungen braucht es dafür eben keine.

Eine nationale Nachrichtenagentur der Schweiz sollte sich daher an den konkreten Bedürfnissen am Medienmarkt orientieren und nicht noch mehr im Staatsauftrag die gewünschte Propaganda verbreiten.

Sonst landet die Schweiz wirklich bald vollkommen in der Kategorie Nordkorea.

02.06.2023/kut./Der Autor war bei SDA/Keystone-SDA eine Zeit lang beschäftigt.

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