Die EU sanktionierte China wegen Menschenrechtsverletzungen. Die Schweiz führt dazu einen Eiertanz auf, statt klar zu sprechen.
Es ist chinesisches Neujahr und die Schweiz fällt China direkt um den Hals. Die Prüfung, ob die Schweiz von der EU verhängte Sanktionen gegen das Reich der Mitte mitträgt, schickt der Bundesrat nämlich in eine neue Abklärungsrunde.
Endlose Prüfungen
Die Übernahme der thematischen Sanktionen gegen China, welche die EU aufgrund der Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren verfügt hat, habe die Schweizer Regierung zwar schon zwei Mal als Thema abgehandelt.
Zu einem Entscheid für oder gegen China konnte sich der Bundesrat in dieser Frage allerdings noch nicht durchringen, schrieb die «NZZ am Sonntag» in ihrer jüngsten Ausgabe.
Somit quäle sich die Schweiz seit rund zwei Jahren, Klartext zu reden, hiess es weiter.
Regierung schweigt
Bereits zweimal sei das Thema im Bundesrat diskutiert worden – laut der Zeitung am 7. September 2022 und dann nochmals am 9. Dezember 2022. Das Blatt musste sich sogar aktiv um Informationen bemühen, weil der Bundesrat von sich aus in der heiklen Frage nicht informiert habe.
Das Wirtschaftsdepartement wolle den Sachverhalt «noch vertiefter» prüfen.
Ziel des Bundesrates sei es, sich die Möglichkeit offenzuhalten, in Zukunft bei Bedarf punktuell und gezielt sehr spezifische Fälle, die von der heutigen Praxis nicht abgedeckt werden, berücksichtigen zu können, teilte der Berner Amtsschimmel verklausuliert mit.
Augen zudrücken
Bei der EU geht es um Einreisesperren gegen chinesische Beamte und um die Blockade von Vermögen. Das schmeckt der Schweiz offenbar nicht und daher ziert sie sich um die Beantwortung der Frage.
Das Land will es sich weder mit der EU noch mit China verderben und drückt die Augen bei den Menschenrechtsverletzungen zu.
Im Ukraine-Krieg wollte die Schweiz dies aber nicht so handhaben und übernahm die EU-Sanktionen gegen Russland, was ihr vielerorts, auch im Lande selbst, grosse Kritik eingebracht hatte, weil die Schweiz damit ihren Neutralitätsstatus verletze, so der Tenor.
China über alles
Die Schweiz schmiegt sich in zahlreichen Fragen an China an, wie muula.ch immer wieder feststellte. So werden immer mehr chinesische Aktien an der Schweizer Börse SIX zweitkotiert und die Coronavirus-Testpflicht für Reisende aus China trägt das Land auch nicht mit, wie muula.ch veröffentlichte.
Die Aufsicht über Wirtschaftsprüfer vertraut sich zwischen der Schweiz und China gegenseitig, wie muula.ch sogar exklusiv berichtete. Und die Berner Administration hat auch den Schweizer WTO-Sieg gemeinsam mit China gegen die USA nicht thematisieren wollen, wie muula.ch aber publik machte.
Wirtschaft gewinnt
Der chinesische Botschafter in der Schweiz, Wang Shihting, drohte in einem Interview allerdings klar, dass die Schweizerisch-chinesischen Beziehungen leiden würden, sollte die Schweiz die EU-Sanktionen übernehmen.
Mit Blick auf die fehlenden Touristen aus China auf dem Jungfraujoch oder bei den Engelberg-Titlis-Bergbahnen scheint aber klar, dass die Wirtschaftsinteressen der Schweiz den Menschenrechten überwiegen.
Einheimisches Rechtsgefühl?
Im Fall von Russland gegen die Ukraine hatte die Schweiz noch Klartext gesprochen und sich Sanktionen angeschlossen. Die Suspendierung über Amtshilfeverfahren hatte die Schweiz mit dem Ordre Public-Vorbehalt begründet, wie auch muula.ch berichtete.
Gemeint war damit, dass das einheimische Rechtsgefühl in unerträglicher Weise verletzt und fundamentale Rechtsgrundsätze missachtet worden seien.
Die Schweiz kann also schon, wenn sie nur will. Im Fall von China trifft dies aber (noch) nicht zu.
22.01.2023/kut.