Irrte sich ABB mit dem Börsengang?

Am Hauptsitz von Accelleration in Baden arbeiten fast 1000 Personen. (Bild: PD)

Mit einer Entdeckung revolutionierte der Schweizer Alfred Büchi die Antriebstechnik. Der ABB-Konzern fand dies nach 100 Jahren nicht mehr spannend und dürfte aber eines Besseren belehrt werden.

Es wirkt am heutigen Montagmorgen wie ein Hinweis von Baden nach Zürich, dass sich der ABB-Konzern geirrt hat. Per Medienmitteilung gab Accelleration bekannt, dass die Geschäfte deutlich besser laufen als bisher gedacht.

Bei dem Unternehmen handelt es sich eigentlich um den Bereich Turbolader mit Hauptsitz in Baden, den der ABB-Konzern mit dem Headquarter in Zürich gerade erst Anfang Oktober abgespalten und separat an die Schweizer Börse SIX gebracht hat.

Grösseres Wachstum

Nach rund 100 Jahren an ABB-Vergangenheit und eigentlich Kenntnis von dem Geschäft, agiert der Bereich unter der Marke Accelleration und bestimmt nunmehr seinen eigenen Weg.

Das organische Umsatzwachstum werde aber zu konstanten Wechselkursen auf 8 Prozent und nicht wie bisher gedacht auf 6 Prozent erhöht, hiess es im Communiqué.

Bessere Profitabilität

Die operative Marge auf Stufe Ebita werde zudem am oberen Rand der kommunizierten Bandbreite bei 24,5 Prozent zu erliegen kommen, hob die Firma ihre eigenen Prognosen vom August 2022 nach sehr kurzer Zeit schon an.

Obwohl die Welt von wirtschaftlichen Unsicherheiten geprägt sei, verzeichne Accelleration in den Schlüsselmärkten anhaltend positive Entwicklungen, freuten sich die «Badener» weiter.

Etwa die hohe Nachfrage beim Flüssiggas (LNG) habe zu Mehrgeschäft für Accelleration in Nordamerika geführt, wo Turbolader bei der Gasverdichtung eingesetzt würden.

Ausschüttung versprochen

CEO Daniel Bischofberger bestätigte nicht nur den Geschäftsausblick, sondern betonte auch, dass der Konzern sein Dividendenversprechen einhalten würde.

Genau an dieser Stelle dürfte der ABB-Konzern etwas überrascht schauen. Schliesslich könnte man meinen, die Firma sei zu günstig an die Börse gebracht worden.

Ursprünglich hatte ABB das Geschäft verselbständigt, welches auf den Schweizer Ingenieur Alfred Büchi zurückgeht, damit sich ABB und Accelleration auf ihre jeweils Kernbereiche konzentrieren können. ABB war überzeugt gewesen, der Fokus auf die Bereiche Elektrifizierung und Automatisierung passe nicht mehr gut zur Industrie um Grossmotoren.

Trennung vollzogen

Der Ingenieur hatte vor über 100 Jahren die geniale Idee, die Abwärme in einem Motor zum Antrieb einer Turbine zu nutzen und mit diesem Turbolader den Wirkungsgrad von Antriebstechnik zu verbessern. 

2021 hatte ABB mit der Division Turbocharging, die das Geschäft mit Turboladern für Diesel- und Gasmotoren umfasst, einen Umsatz von rund 800 Millionen Dollar und eine operative Marge von 25 Prozent erzielt.

Dabei hatte das Service-Geschäft einen Anteil von rund drei Viertel zum Umsatz und dies läuft derzeit extrem gut. Von den weltweit mehr als 2300 Mitarbeitenden sind rund 800 am Hauptsitz und globalen F&E-Zentrum in Baden tätig.

Langes Gesicht

Büchi war ab 1909 beim Sulzer-Konzern in Winterthur ZH beschäftigt gewesen und hatte bis 1925 den Wirkungsgrad von Motoren um rund 40 Prozent gesteigert. Der neue CEO von Accelleration kommt ebenfalls von Sulzer und war im März 2022 eigentlich zum ABB-Konzern zurückgekehrt.

Nun dürfte sich ABB die Augen reiben, wie viel Potenzial in diesen über 100 Jahre alten Geschäft doch immer noch steckt. Gewiss, wenn sich Alteigentümer mit Börsengängen von Geschäft trennen, sollten Investoren immer eine gesunde Skepsis an den Tag legen. Allerdings scheint der Auftakt in dem durchaus zyklischen Geschäft gelungen zu sein.

14.11.2022/kut.

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