Schon 480 Pensionskassen unter Wasser

Pensionäre wollen ihren Lebensabend ohne Geldsorgen geniessen. (Bild: Alexander Kliem / pixabay)

Die Kapriolen an den Kapitalmärkten haben Schweizer Pensionskassen gebeutelt. Hunderte weisen mittlerweile einen Deckungsgrad von unter 100 Prozent auf.

Die Inflation und damit verbundene Zinsanstiege, der Ukraine-Krieg, die Energiekrise, gestörte Lieferketten und die COVID-19-Pandemie in China sorgen seit Monaten für starke Schwankungen an den Kapitalmärkten. Dies hat nun auch negative Folgen auf die finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtungen, wie die Oberaufsichtskommission für Berufliche Vorsorge (OAK BV) am Freitag mitteilte.

Der durchschnittliche kapitalgewichtete Deckungsgrad sank laut den Hochrechnungen der OAK BV markant von 118,5 Prozent per Ende 2021 auf die Unterdeckung von 99,5 Prozent per 30. September 2022, hiess es.

Von 13 auf 480 Einrichtungen

Dazu sei allerdings anzumerken, dass die Hochrechnung die Verschlechterung der finanziellen Lage der Vorsorgeeinrichtungen überschätzt werde, da sich der deutliche Zinsanstieg in der Bewertung der Verpflichtungen nicht reflektiere, erklärten die Pensionsexperten weiter.

Per Ende 2021 befanden sich demnach lediglich 13 Vorsorgeeinrichtungen in Unterdeckung. Aktuell seien aber bereits 480 Vorsorgeeinrichtungen rechnerisch nicht in der Lage, ihre Vorsorgeverpflichtungen zu 100 Prozent zu decken.

Laut einer zusätzlichen Analyse, sind die Deckungsgrade bei 3,6 Prozent der Kassen bereits geringer als 90 Prozent.

Kapitalgewichtet entspreche dies einer Unterdeckung bei 55,6 Prozent der Schweizer Vorsorgeeinrichtungen gegenüber 0,1 Prozent per Ende 2021, hiess es diesbezüglich.

Nur Minuszeichen

Als Hauptgrund für die rasante Negativentwicklung gibt die OAK BV die Verwerfungen an den Kapitalmärkten an. Per Ende September 2022 sähen sich Vorsorgeeinrichtungen mit einer aussergewöhnlich negativen Performance von durchschnittlich –15,3 Prozent konfrontiert, erklärten die Pensionswächter.

Im Gegensatz zu früheren Einbrüchen betrifft die schlechte Performance laut dem Communiqué dieses Mal alle Anlagekategorien. Besonders betroffen seien Aktien (–21,9 Prozent) und alternative Anlagen (–16,9 Prozent).

Aber auch die Kategorien Obligationen (–12,5 Prozent), Immobilien (–11,4 Prozent) und Infrastrukturanlagen (–8,7 Prozent) entwickelten sich deutlich negativ.

Reserven angezapft

Alle Vorsorgeeinrichtungen sind gesetzlich verpflichtet, Reserven zu bilden, um die Schwankungen auf den Kapitalmärkten auszugleichen. Das sind sogenannte Wertschwankungsreserven. Die Zielgrösse dieser Reserven lag per Ende 2021 im Schnitt bei 17,9 Prozent der Vorsorgekapitalien.

Aufgrund der negativen Marktentwicklung werden Wertschwankungsreserven entsprechend ihrer Bestimmung nun aufgelöst. Gemäss den Hochrechnungen der OAK BV verfügen kapitalgewichtet per Ende September 2022 nur noch 16,1 Prozent der Vorsorgeeinrichtungen über mehr als einen Drittel des Zielwerts ihrer Wertschwankungsreserven.

Sparen in guten Zeiten

Ein Kapitaldeckungsverfahren, wie es die zweite Säule kennt, muss mit hohen Volatilitäten der Finanzmärkte umgehen können. Als langfristige Investoren nehmen Vorsorgeeinrichtungen nötigenfalls periodische Unterdeckungen in Kauf, was gesetzlich auch erlaubt ist.

Das gute Börsenjahr 2021 ermöglichte es vielen Vorsorgeeinrichtungen, ihre Wertschwankungsreserven weiter aufzubauen.

Sanierungen stehen an

Auf Basis der aktuellen Hochrechnungen ist es darum absehbar, dass sich ein Teil der Vorsorgeeinrichtungen per Ende Jahr in Unterdeckung befinden wird, was je nach Situation der Einrichtung Sanierungsmassnahmen nach sich ziehen kann.

Die jährliche Umfrage basiert auf Daten von 1324 Vorsorgeeinrichtungen mit Vorsorgekapitalien von rund 831 Milliarden Franken. Das Monitoring beschränkt sich auf Vorsorgeeinrichtungen ohne Staatsgarantie und ohne Vollversicherungslösung.

21.10.2022/kut.

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