Der zweitgrösste Rückversicherer der Welt, die Swiss Re, ist in eine drastische Situation geraten. Nicht nur hohe Hurrikan-Schäden belasten den Konzern.
Der Schweizer Rückversicherungskonzern Swiss Re hat eine erste Schätzung für seine Schadenbelastung durch den Hurrikan Ian abgegeben. Nach eigenem Rückversicherungsschutz und noch vor Steuern sei ein Schaden von 1,3 Milliarden Dollar angefallen, teilte die Firma am Dienstag völlig überraschend mit.
Damit resultiert ein Verlust für das dritte Quartal von einer halben Milliarde Dollar, hiess es weiter.
Seltenes Ereignis
An dieser Entwicklung wird deutlich, dass das Naturereignis nicht voll auf das Jahresresultat durchschlägt, sondern in einem Rückversicherungskonzern mit den Prämieneinnahmen, Rückstellungen und anderen Geschäften abgefedert werden kann.
Hurrikan Ian traf am 28. September 2022 im Westen Floridas als Hurrikan der Kategorie 4 auf Land. Mit anhaltenden Windgeschwindigkeiten von etwa 150 Meilen pro Stunde, also rund 240 Kilometer pro Stunde, war Ian einer der stärksten Hurrikane, der jemals auf das Festland der USA getroffen ist.
Enormer Marktschaden
Swiss Re schätzt den vorläufigen versicherten Gesamtschaden von Hurrikan Ian auf 50 bis 65 Milliarden Dollar. Der Schweizer Rückversicherer hat somit einen Anteil an diesem Schadenereignis von lediglich rund 2 bis 3 Prozent.
Marktführer Munich Re hat noch keine Angaben dazu gemacht, wie stark es ihn durch den Hurrikan Ian gebeutelt hat.
Eigenkapital als Problem
Eigentlich wollte die Swiss-Re-Gruppe ihre Quartalsergebnisse erst am 28. Oktober bekanntgeben. Sie teilte dennoch neben den Belastungen durch den Hurrikan weitere Details zu den Resultaten mit.
Swiss Re werde ihr Ziel für die Eigenkapitalrendite (RoE) der Gruppe von 10 Prozent für 2022 voraussichtlich nicht erreichen, erklärte der Konzern. Der Rückversicherer halte aber an den Zielen zur Profitabilität für 2024, also den anvisierten 14 Prozent beim RoE, fest.
Zumindest in Teilbereichen sei die Gruppe aber auf Kurs, die Ziele für das laufende Jahr zu erreichen. So erwarte die Firma bei Life&Health Rückversicherungen sowie im Geschäft mit Direktkunden, Corporate Solutions, einen Gewinn von rund 300 Millionen Dollar und einen ausgewiesenen Schaden-Kosten-Satz von weniger als 95 Prozent.
Firma in der Zange
Nun ist die Belastung durch den Hurrikan aber nicht das einzige grössere Problem der Gruppe. Wie muula.ch berichtete, schrumpelte im Halbjahr bereits das Eigenkapital des Rückversicherers auf bloss noch rund 15 Milliarden Dollar. Mit dem nun bekanntgegebenen Verlust im dritten Quartal ist der Wert weiter rückläufig.
Allerdings macht dem Konzern nicht der Verlust von einer halben Milliarde Dollar zu schaffen, sondern vielmehr der Zinsanstieg. Er lässt in den Büchern die Eigenmittel rasant schrumpfen.
Kapitalerhöhung notwendig?
Ein Zinsanstieg um 100 Basispunkte lässt das Eigenkapital der Swiss Re um rund 4,4 Milliarden Dollar sinken, hatte die Gruppe unlängst bekanntgegeben.
Die US-Notenbank sowie die Schweizerische Nationalbank SNB hatten im September – wie muula.ch meldete – die Leitzinsen um 75 Basispunkte bereits angehoben.
Somit dürfte sich das Management im Hause Swiss Re durchaus Gedanken zu einer Kapitalerhöhung machen, wenn das Eigenkapital bloss noch die Höhe in einem einstelligen Milliardenbereich hätte.
Ausweichende Antwort
Entsprechende Fragen von muula.ch nach der Höhe des aktuellen Eigenkapitals sowie zu allfälligen Kapitalmassnahmen wollte Swiss Re nicht beantworten.
Eine Mediensprecherin verwies aber auf die Bekanntgabe des vollständigen Zahlenkranzes am Freitag kommender Woche und die Möglichkeit, dann solche Fragen zu stellen.
18.10.2022/kut./Meldung am Ende mit Reaktion von Swiss Re ergänzt