Rückversicherer quasi ohne Verwaltungsratspräsident

Hauptsitz der Swiss Re in Zürich
Machtvakuum am Hauptsitz der Swiss Re in Zürich? (Bild: muula.ch)

Mit der Ernennung von Sergio Ermotti zum Konzernchef der UBS entsteht eine Lücke beim Rückversicherer Swiss Re. Dieser versucht, das Machtvakuum zu kaschieren.

Starbanker Sergio Ermotti wird Konzernchef der Monsterbank UBS und auf seinem angestammten Posten hat er ein interessantes Konstrukt hinterlassen.

Beim zweitgrössten Rückversicherer der Welt, bei der Swiss Re nämlich, hat er den Bettel als Verwaltungsratspräsident (VRP) umgehend hingeschmissen.

Mit Unlust im Amt

Hingeschmissen ist wahrscheinlich nicht der richtige Ausdruck.

Es ist die gleiche Art und Weise, wie Ermotti die vergangenen rund zwei Jahre sein Amt als VRP ausgeführt hat. Er war da, aber zugleich war er auch nicht da. Er machte das Amt mit Unlust, ja fast mit Unvermögen, wie auch muula.ch berichtete.

Infos vor der UBS

Nun als Starbanker wieder in seinem Element, er wurde ja diese Woche als Konzernchef der Grossbank UBS ab quasi sofort berufen, und muss die Krisenbank Credit Suisse (CS) in die UBS integrieren, wie auch auf muula.ch zu lesen war.

Doch was passiert bei Swiss Re?

Der VRP tritt ganz normal zur Wiederwahl an, als ob nichts geschehen sei, wie der Schweizer Rückversicherer am Mittwochmorgen noch vor der UBS bekanntgab.

Kaum Zeit für Mandat

Dann wird der Topmanager nach kurzer Zeit aber zurücktreten, hiess es. Externe wundern sich, mit wem sich der Starbanker dieses Konstrukt eigentlich ausgedacht hat.

Der VRP ist der stärkste Mann in einer Aktiengesellschaft – Ermotti musste eine Nachfolgelösung für sich selbst finden.

Die Zeit drängte, die CS muss gerettet werden. Es ist kaum vorzustellen, dass Ermotti noch Zeit für Swiss Re hat und etwas macht.

Marionette bestimmt?

So stieg ein bisher unscheinbarer Manager, wahrscheinlich pro forma, auf.

Es ist der Belgier Jacques de Vaucleroy, der seit 2017 im Verwaltungsrat der Swiss Re sitzt. Von 2010 bis 2016 war er bei der AXA Group. Davor war er bei der ING Group tätig gewesen.

Der Verwaltungsrat von Swiss Re nominierte de Vaucleroy nun als neuen Vizepräsidenten und Lead Independent Director in der Hoffnung, dass er am 12. April auch von der Generalversammlung gewählt wird.

Der bisherige Vizepräsident, Renato Fassbind, der eigentlich für einen solchen Fall vorgesehen wäre, will bei dem Konstrukt offenbar nicht mitspielen. Er war einmal Finanzchef bei der Credit Suisse und war in dem bunten Reigen vielleicht auch nicht geeignet.

Teure Lösung

Swiss Re muss sogar eine ausserordentliche GV einberufen und eine neue Verwaltungsratspräsidentin oder einen neuen Verwaltungsratspräsidenten wählen. Das ist ein teures Unterfangen.

Doch nicht nur bei Ermotti darf man fragen, wie viel Zeit er überhaupt noch für die Tätigkeit als amtierender VRP der Swiss Re aufbringen kann.

Auch bei dem Belgier steht da ein grosses Fragezeichen.

Zahlreiche Pöstchen

Er ist noch Präsident des Verwaltungs- beziehungsweise Aufsichtsrates zweier anderer Gesellschaften, nämlich der Supermarktkette Kazidomi SRL und der niederländischen Finanzbeteiligungsfirma Heraclius Topco BV.

Gleichzeitig sitzt er als Mitglied im Verwaltungsrat von Everex SA, der Colt Technology Services Group plc, der Fidelity International Limited, der Eight Roads Holdings Limited, der Simõn I. Patiño-Stiftung und der gemeinnützigen Organisation Tada.

Im Vorjahr hatte der Geschäftsbericht der Swiss Re noch die Mandate VRP bei der Quintes Holding und Mitglied des Verwaltungsrates bei der polnischen Supermarktkette Zabka Polska SA aufgeführt.

Viel Zeit für anderes

Der Tausendsassa ist auch im belgischen Handelsregister mit einer Beratungsfirma registriert, die seinen eigenen Namen trägt, wie Recherchen von muula.ch ergaben.

Es scheint zudem, dass einiger der Ämter im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei Fidelity stehen, weil der Finanzdienstleister dort jeweils engagiert ist.

Er springt also überall etwas ein. Die Frage bleibt, wie viel Zeit er für Swiss Re aufwenden kann.

Finma nickt

Ermotti hatte dagegen neben der VRP bei Swiss Re nur zwei weitere Ämter. Das eine ist im Board von Innosuisse und das andere im Verwaltungsrat von Bekleidungsunternehmen Ermenegildo Zegna.

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma habe aber diese ganze Vorgehensweise beim Führungswechsel abgesegnet.

Auf Basis der «höchsten Standards einer guten Governance», wie es hiess.

Da braucht man sich nicht wundern, wenn Gesellschaften, wie die Krisenbank CS, in Schieflage geraten.

Unter Ermottis höchsten Standards einer guten Governance hat der Rückversicherer rund die Hälfte seines Eigenkapitals verloren, wie muula.ch berichtete.

01.04.2023/kut.

Rückversicherer quasi ohne Verwaltungsratspräsident

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