Der Pharmakonzern Roche lässt sich die staatlichen Zwangsrabatte bei Medikamenten nicht mehr gefallen. An der Argumentation ist etwas dran.
Der Pharmahersteller Roche will die von Gesundheitsministern einfach verordneten Herstellerrabatte bei Medikamenten nicht mehr akzeptieren.
In Deutschland setzt sich das Basler Unternehmen gegen eine solche Praxis, die auch der Schweizer Gesundheitsminister Alain Berset praktiziert, sogar bis zum obersten Gericht zur Wehr.
Ungerechtfertigter Eingriff
Eine Unternehmenssprecherin bestätigte am Donnerstag mehreren Medien, dass sich Roche vor dem deutschen Bundesverfassungsgericht gegen die Praxis wehrt.
Insbesondere hatte Bersets Amtskollege, Karl Lauterbach, die Herstellerrabatte der Pharmaindustrie, die an die gesetzlichen Krankenkassen gegeben werden müssen, per Gesetz einfach erhöht.
Roche sehe in dem Gesetz einen «nicht gerechtfertigten Eingriff in die grundgesetzlich zu schützende Berufsausübungsfreiheit sowie den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz».
Erstattung für Innovationen
An der Argumentation ist sicher etwas dran. Schliesslich sind andere Mittel, wie Joghurt oder Obst und Gemüse, ebenfalls gut für die Gesundheit.
Dort greift der Minister aber nicht per Gesetz mit einem Preisdeckel ein, obwohl sich dort gerade in Deutschland extreme Preisexplosionen abspielen.
Neben Roche hatten viele Branchenvertreter, darunter etwa Boehringer Ingelheim, deutliche Kritik an dem Gesetz geübt.
Die Pharmaindustrie sieht in dem Vorgehen die Innovationskraft der Branche in Gefahr und warnten vor Konsequenzen für Patienten. Mit der Zwangserhöhung der Herstellerrabatte würde das Erstattungssystem für Innovationen komplett durcheinandergewirbelt, so die Kritik der ganzen Branche.
Schweizer Kompromiss
In der Schweiz kann Gesundheitsminister Berset solche Handlungen zwar nicht einfach per Gesetz durchdrücken und auch Pharmakonzerne um Roche, Novartis & Co. können kein Verfassungsgericht anrufen, weil es ja keins gibt.
Doch Berset will sich immer als der grosse Sparer darstellen, der von den Pharmariesen einige hundert Millionen Franken herausgepresst hat. Letztlich versuchen die Beteiligten im Schweizer Gesundheitswesen aber eigentlich immer einen Kompromiss.
Antibiotika als Warnung
Das Innovationsargument ist aber nicht vom Tisch zu winken, wie man etwa bei Antibiotika eindrücklich sieht.
Forschen Pharmaunternehmen auf diesem Gebiet und werden bei einem neuen Antibiotikum fündig, können sie es kaum flächendeckend vermarkten.
Meist halten es die Behörden nämlich wegen der vielen Resistenzen einfach zurück und der Markt für den Hersteller ist somit sehr klein.
Da muss der Preis also extrem hoch sein, damit sich die ganze Forschungsarbeit lohnt.
26.05.2023/kut.