Warnung vor sinkender Qualität von Jahresabschlüssen

Das Logo der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde RAB
Die Schweizer Revisionsaufsichtsbehörde RAB wacht über die Treuhandbranche. (Bild: muula.ch)

Die USA haben die Welt mit einer Zahl zu beanstandeten Jahresrechnungen geschockt. Sind die Missstände in der Schweiz genauso?

Die Zahl sei absolut inakzeptabel, gab die Chefin der US-Aufsichtsbehörde für Wirtschaftsprüfer PCAOB, Erica Y. Williams, unlängst bekannt.

Ihre Kontrollbehörde zur Arbeit von Treuhandfirmen wie EY, PwC, KPMG, Deloitte, BDO & Co. schätzte die Zahl der Audits mit einem oder sogar mehr Missständen für das Jahr 2022 auf rund 40 Prozent.

Dies ging auch einer PCAOB-Analyse zu 157 Revisionsunternehmen im In- und Ausland hervor und damit hatte die US-Behörde die ganze Accounting-Welt aufgeschreckt.

Starker Anstieg

Fast die Hälfte aller Jahresabschlüsse haben demnach Fehler. Im Jahr 2021 waren es noch 34 Prozent und im Jahr 2020 rund 29 Prozent gewesen.

Für Investoren, die sich auf die Richtigkeit von Geschäftsberichten verlassen müssten, sei dies eine Horrornachricht, so der Tenor.

Doch wie ist die Lage in der Schweiz?

Das Wirtschaftsnews-Portal muula.ch hat die zuständige Schweizer Behörde, also die Eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde RAB, zu der Hiobsbotschaft aus den USA und zur Lage in der Schweiz befragt.

Fluktuationen und Telearbeit

«Wir haben von der Kommunikation des PCAOB Kenntnis genommen, wonach erwartet wird, dass 40 Prozent aller im Jahr 2022 inspizierten Revisionsmandate mindestens einen Prüfmängel aufweisen», hiess es von der RAB.

Zwar mache das PCAOB zu den Gründen für die Erhöhungen im Vergleich mit den Jahren 2020 und 2021, soweit erkennbar, keine Angaben.

Die Aufsichtsbehörde zitiere aber «certain audit firms», wonach die Verschlechterungen zum Teil mit höheren Fluktuationsraten beim Personal, mit dem Einsatz von weniger erfahrenem Personal, mit den Spätfolgen von Covid-19 sowie Telearbeit zusammenhängen könnte. 

Positiver Trend

Global gesehen liege der Anteil der Revisionsmandate mit mindestens einem Prüfmängel bei 26 Prozent, erklärte RAB-Direktor Reto Sanwald gegenüber muula.ch unter Verwendung einer Auswertung von IFIAR, der internationalen Organisation der nationalen Revisionsaufsichtsbehörden.

Dieser Prozentsatz sei seit seiner erstmaligen Erhebung im Jahr 2014 deutlich rückläufig, führte er weiter aus.

Globaler Rückgang der Audits mit Misständen
Quelle: IFIAR
Rückgang der Feststellungen bei der RAB
Quelle: RAB

In der Schweiz habe der Anteil im Jahr 2022 bei 27 Prozent und damit im globalen Mittel gelegen, hiess es weiter.

Für das Land zeige sich der positive Trend besonders gut, wenn man auf die durchschnittliche Zahl von Prüfmängeln pro inspiziertes Revisionsmandat schaut, erklärte der Leiter der Schweizer Aufsichtsbehörde zudem.

Kleine Stichproben und Treffer ins Schwarze

Klar sei aber dennoch, dass weitere Anstrengungen von allen Beteiligten notwendig seien, um diese Zahlen zu reduzieren, mahnte die RAB. Der diesbezügliche Dialog mit den Revisionsunternehmen laufe sowohl auf globaler Stufe über die IFIAR als auch auf der nationalen Ebene über die RAB, führte die Behörde weiter aus.

Wichtig sind der RAB aber noch zwei Hinweise zur Einordnung der vorstehenden Prozentzahlen.

Die Inspektionen der Revisionsaufsichtsbehörden führen zu keiner repräsentativen Aussage zur Prüfqualität, weil zum einen das Gesetz der kleinen Zahl zu Verzerrungen führen könne, weil nur ein kleiner Teil aller Mandate überprüft werde.

Zum anderen basierten die Inspektionen auf einer risiko-orientierten Methodik, also dass die ausgewählten Mandate oft mit einem höheren Prüfrisiko verbunden seien, was zu einem sogenannten «Selection Bias» führe.

Prüfmangel dürfen ohnehin nicht mit wesentlichen Fehldarstellungen in den geprüften Jahres- und Konzernrechnungen gleichgesetzt werden, mahnte RAB-Direktor Sanwald.

Fiktive Bankgarantie

Doch wer sich einen Eindruck machen will, was auch in der Schweiz für Qualitätsprobleme bei Wirtschaftsprüfern herrschen, braucht nur in die Jahresberichte der RAB zu schauen. Bei manchen Sachen kann man eigentlich nur den Kopf schütteln.

So wurde beispielsweise doch tatsächlich von einer Fachperson eine Kapitalerhöhung in Millionenhöhe bei der Firma Swiss Space Systems mit einer fiktiven Bankgarantie durchgewunken, obwohl das Unterfangen klar als Fake ersichtlich gewesen sei.

Den Fall hat die Wissenschaft bereits kommentiert.

Sacheinlage mit Gemälden

Unglaublich, aber wahr sind auch die Gründungen von Firmen mit Gemälden als Sacheinlage, wobei die Prüfungen jeweils unsorgfältig abliefen.

«So fehlen etwa Überlegungen bezüglich der Provenienz, der Echtheit oder dem physischen Zustand der Gemälde und damit zusammenhängende betriebswirtschaftliche Bewertungsfragen», hiess es in einem zwischenzeitlichen Urteil zu dem Fall.

Aber manchmal fragt man sich eben schon, auf was für Ideen die Treuhandbranche so alles kommt.

In Australien macht zum Beispiel seit Monaten – wie von muula.ch berichtet – der Fall der Wirtschaftsprüfung PwC die Runde, die geheime Papiere der australischen Regierung an Kunden weitergegeben hat, damit diese weniger Steuern an den Fiskus abdrücken müssen.

Das ist eben einfach inakzeptabel, genauso, wie es die Chefin der US-Aufsichtsbehörde über Treuhänder PCAOB gesagt hat.

06.09.2023/ena./kut.

Warnung vor sinkender Qualität von Jahresabschlüssen

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