Der Hilti-Konzern hat Patente angemeldet, die ein Unternehmer teils erfolgreich für sich reklamiert. Bei dem Streit geht es aber längst um viel mehr als nur um Nägel.
Manchmal können Richter einem richtig leidtun, wenn man sieht, um was für Sachen sie sich so alles kümmern müssen.
So landete unlängst ein Streit um die Möbelfirma USM vor Gericht, bei dem letztlich alte Architekturzeitschriften aus dem Stadtarchiv Bern den Juristen wichtige Hinweise für den Rechtsfall gaben, wie auch muula.ch berichtete.
Hohe Kosteneinsparungen
Nun gibt es einen Werkzeugkampf mit David gegen Goliath vor Gericht. Der liechtensteinische Familienkonzern Hilti kämpft gegen die kleine Berliner Firma Rhefor, die sich auf Erfindungen bei Elektroantrieben spezialisiert hat.
Dabei machte der Chef des Erfinderbüros Arno Mecklenburg eine Entdeckung, mit der er Nägel nach Belieben in allen Materialien versenken kann, ohne dass die Nutzer teure Gas- oder Pulverkartuschen brauchen, um die hohen Explosivkräfte zu erzeugen.
Die kleine Firma bietet Hilti diese Entwicklungen an, wie die «Welt am Sonntag» in ihrer jüngsten Ausgabe berichtete. Doch die Liechtensteiner signalisierten nach einer Weile, dass sie an der Nutzung der Technologie nicht interessiert seien.
Start-up mit kleinen Mitteln
Später stellte sich aber heraus, dass Hilti ohne das Wissen von Rhefor gleich mehrere Patente zu dem Verfahren angemeldet hatte und vor einem Münchner Gericht bekam der Erfinder sogar Lizenzgebühren zugesprochen, weil ihm gleich bei mehreren von Hilti angemeldeten Patenten eine sogenannte Mitberechtigung zustehe.
Beide Parteien fanden das noch nicht in Ordnung und legten laut der Zeitung umgehend Berufung ein.
Das Verfahren werde allerdings erst im Oktober 2024 verhandelt, hiess es.
Für Konzerne reichen solche erstinstanzlichen Verfahren meist schon aus, dass die kleinere Gegenseite die Luft, beziehungsweise das Geld, ausgeht. Doch Rhefor gab nicht Klein bei, sondern zog einen Prozessfinanzierer sowie einen neuen Teilhaber hinzu.
Ganzes System auf dem Prüfstand
Doch nun bringt das Verfahren nicht nur Hilti unter Druck. Die deutsche Justiz will nämlich nicht wegen weiterer Delikte ermitteln, die im Zusammenhang mit dem Fall stehen und sich um Verstösse gegen das Geschäftsgeheimnis drehen sollen.
Die Münchner Staatsanwaltschaft bringe Schwarzfahrer vor Gericht, aber wenn eine ausländische Firma sich einfach an deutscher Technologie bediene und damit einen potenziell zweistelligen Millionenschaden verursache, bestünde einfach kein öffentliches Interesse, ärgerte sich Erfinder Mecklenburg.
Hilti-Kader unter Verdacht
Der Milliardenkonzern Hilti gibt sich gegenüber der Zeitung zurückhaltend und erklärte, dass man nicht behaupte, die Entwicklung erfolglos gewesen sei und die Firma das Potenzial der neuen Technologie noch nicht abschätzen könne.
«Eine Idee macht noch lange kein Produkt», so der Tenor. Doch sei man in Schaan mittlerweile über die Eskalation irritiert, denn es gibt sogar Strafanzeigen gegen Hilti-Kader, weil Verdacht des versuchten Prozessbetruges besteht.
Hilti soll durch seine Anwälte bewusst falsche Behauptungen vor Gericht vorgetragen haben lassen, geht es ans Eingemachte.
Problem auf Baustellen
Und so sieht man, womit sich Juristen so alles beschäftigen müssen.
Erst ging es nur um eine spannende Erfindung, die ein Problem auf Baustellen lösen sollte.
Mittlerweile geht es um Sargnägel für Start-ups, das deutsche Justizsystem und sogar die Ehre einer grossen Traditionsfirma aus Liechtenstein hängt da dran.
20.08.2023/kut.